Kommunalfinanzierung mal anders

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 27. Oktober 2014

 

Die Finanzierung von Kommunen befindet sich in einer Umbruchphase. Die zunehmende Regulierungsdichte wird Auswirkungen auf die Praxis der Kreditvergabe an Kommunen durch die Banken haben.

 

I. Auswirkungen von Basel II und III auf die Kommunalfinanzierung

 
Basel II und III legen einen risikobasierten Ansatz vor. Je höher das Risiko des Kredits ist, desto mehr Eigenkapital muss für diesen vorgehalten werden.
 
Ziel von Basel II und III ist es, einerseits durch Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen das Risiko der einzelnen Bank zu reduzieren und damit das Finanzsystem zu stabilisieren. Andererseits sollen die neuen Anforderungen an die Liquidität dafür sorgen, dass Banken in Zukunft immer über ausreichend Liquidität verfügen, um über einen bestimmten Zeitraum hinaus ohne externe Refinanzierung zahlungsfähig zu sein. Die Maßnahmenpakete verlangen mithin neben einem höheren Kernkapital eine Fristenkongruenz sowie einen höheren Liquiditätspuffer.
 
Kommunalkredite, auch Kassenkredite, sind Kredite im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 4 KWG (Forderungen an Kunden). Kommunalkredite sind bankrechtlich, im Rahmen der Risikobetrachtung, mit einer sogenannten „Nullgewichtung” privilegiert und müssen deshalb nicht mit Eigenkapital unterlegt werden.
 
Durch die Staatsschuldenkrise entsteht jedoch ein neuer kritischer Blick auf öffentliche Kreditnehmer (Staaten und nachgeordnete Gebietskörperschaften) und deren Verschuldung. Die Forderung nach der Schaffung einer Insolvenz für Staaten macht die Runde! So führen bereits heute einige Banken sogenannte „Limitsysteme” ein, bei denen das Kreditvolumen in Abhängigkeit bestimmter Kriterien (z. B. Einwohnerzahlen) begrenzt wird.
 
Unabhängig davon, führt die mit der Kennziffer der „Leverage ratio” (Bilanzsumme wird limitiert auf das 33,3-fache des Kernkapitals der Bank; keine Differenzierung nach Risikogehalt ausgereichter Kreditmittel) verbundene Verschuldungsgrenze zu einer nicht risikodifferenzierten Betrachtung des Kommunalkredites und wird diesen voraussichtlich für Banken unattraktiver machen und dadurch verknappen und verteuern, da sie die Eigenkapital-Nullgewichtung aushebelt. Denn wenn ein risikoloser Kommunalkredit das gleiche Gewicht bekommt wie eine riskantere Unternehmensfinanzierung, besteht für die Banken ein Anreiz, zuerst weniger riskantes und damit margenärmeres Geschäft abzubauen oder die Konditionen anzuheben. Die Folge wäre, dass sich Kredite an die öffentlichen Haushalte verteuern könnten.
 
Die Auswirkungen von Basel II und III auf die Kommunalfinanzierung haben sich in Deutschland dahingehend entwickelt, dass sich Änderungen in der Geschäftspolitik der Banken aufgrund der wichtigen Rolle der Banken für die Finanzierung von Kommunen auf diese unmittelbar auswirken. Denn die Regelungen durch Basel II und III bezüglich der höheren Eigenkapital- und Refinanzierungskosten führen für die Banken, in der Gesamtbetrachtung ihrer Kreditportfolien, zu einer Neubewertung von Kredit- und Liquiditätsrisiken. Um Risiken zu reduzieren bzw. margenstarkes Geschäft tätigen zu können, limitieren die Banken im Kommunalbereich die Kreditvergabe und beschränken die Kreditlaufzeiten. Ferner wird der prozentuale Anteil eines Kreditinstituts an der Gesamtfinanzierung einer Kommune gesenkt und die Banken erwarten von der Kommune mehr Transparenz. Diese Veränderungen bedingen für die Kommunen mithin Konditionsverschlechterungen.

 

II. Alternative Finanzierungen im kommunalen Konzern

Kommunen stehen vor einer großen Herausforderung, denn die Kreditvergabepraxis steht vor gesteigerten Anforderungen. Sie soll künftig stärker durch alternative Finanzierungsarten ergänzt werden, um somit das kommunale Finanzierungsmanagement auf breiterer Basis aufstellen zu können.
 
Die Kommunalfinanzierung erfolgt noch fast ausschließlich über Kassenkredite und Kommunaldarlehen. Eine Ergänzung zu diesen Hauptformen ist notwendig, um die Änderungen der Vergabepraxis auffangen zu können. Neben der Anleihe ist das Schuldscheindarlehen als neuere Form eine alternative Finanzierungsmöglichkeit. Dass diese alternativen Formen nun Anklang finden, hängt damit zusammen, dass diese Optionen bislang als zu teuer erschienen, mittlerweile aber aufgrund des Anstiegs der Kreditkosten an Attraktivität gewinnen.
 
Nachfolgend sollen deshalb das Schuldscheindarlehen und im Allgemeinen die Möglichkeiten und Änderungen bezüglich der Kommunalfinanzierung näher beleuchtet werden.

 

III. Schuldscheindarlehen

Schuldscheindarlehen sind verbriefte Darlehen und neben Bankkrediten und Anleihen eine weitere Form der langfristigen Fremdfinanzierung. Die Kredite werden gegen Schuldscheine von Banken, Versicherungen und anderen Kapitalsammelstellen an Industrieunternehmen und die öffentliche Hand gegeben.
 
Der Schuldschein beinhaltet die Verpflichtung zur Rückzahlung und zur Entrichtung der anfallenden Zinsen. Die Verzinsung bestimmt sich nach dem Kapitalmarktsatz für erstklassige Anlagen. Der Schuldschein dient als Beweis für die Vergabe des Kredites.
 
Schuldscheindarlehen umfassen ein Volumen zwischen 10 und 100 Millionen Euro und haben typischerweise eine Laufzeit von zwei bis zehn Jahren, wobei Laufzeit und Tilgung individuell gestaltet werden können.
 
Mit dem Schuldscheindarlehen sind kaum Publizitätspflichten verknüpft. Von Kommunen wird Transparenz und eine Offenlegung des Emittentenprofils, der Jahresabschlüsse sowie ein jährlicher Bericht erwartet, wobei die Berichterstattungspflicht des Emittenten eines Schuldscheindarlehens Verhandlungssache und unter anderem abhängig von dessen Bonität ist.
 
Das Schuldscheindarlehen ist von dem Kredit und der Anleihe abzugrenzen. Im Gegensatz zur Anleihe wird das Schuldscheindarlehen nicht als Wertpapier, sondern als Darlehen ausgestaltet und unterliegt nur begrenzten formalen Anforderungen. Daher ist im Unterschied zu Wertpapieren bei der Aufnahme eines Schuldscheindarlehens kein Prospekt nach dem Wertpapierprospektgesetz notwendig, selbst dann nicht, wenn das Darlehen öffentlich angeboten wird. Zudem ist die Dokumentation des Schuldscheindarlehens weniger verhandlungsintensiv. Da Schuldscheindarlehen weder an der Börse gehandelt noch im Finanznachrichtendienst veröffentlicht werden, ist eine diskrete Aufnahme von Schuldscheindarlehen möglich.
 
Tabelle Schuldscheindarlehen/ Anleihe

IV. Vorteile eines Schuldscheindarlehens

Schuldscheindarlehen bieten zahlreiche Vorteile im Vergleich zu anderen Finanzierungsformen.
  • Der Darlehensnehmer profitiert von den geringen Transaktionskosten und der relativ schnellen und einfachen Bereitstellung. Vorteilhaft sind auch die Flexibilität der Kreditbedingungen und der in der Regel, verglichen mit Bankkrediten, niedrigere Zinssatz.
  • Spezielle Kreditbedingungen sind Verhandlungssache, wie z. B. Bereitstellungs- oder Tilgungsmodalitäten.
  • Schuldscheindarlehen können auch von nicht emissionsfähigen Unternehmen als Mittel der Fremdfinanzierung genutzt werden.
  • Das Mindestemissionsvolumen liegt unter dem von Anleihen. Schuldscheindarlehen erlauben es Darlehensnehmern, einen breiteren Investorenkreis anzusprechen als dies bei Konsortialkrediten üblich ist.
  • Nach Aufnahme des Schuldscheindarlehens sind lediglich Berichtspflichten gegenüber den Investoren zu erfüllen. Börsenzulassungsfolgepflichten sind mangels Zulassung nicht zu erfüllen.
  • Wegen des geringen Dokumentationsaufwands sind die Nebenkosten wesentlich geringer als bei Anleihen oder Konsortialkrediten. Insbesondere ist kein Wertpapierprospekt notwendig. Auch die einmaligen Kosten für Vermittlungsprovision und Besicherung sind im Vergleich z.B. zur Anleihe gering (ca. 1 – 2 Prozent des Darlehensbetrags).
  • Der Zeitrahmen für die Platzierung eines Schuldscheindarlehens ergibt im Schnitt ca. zwei bis vier Monate, dahingegen beträgt dieser Abschnitt für eine Anleihe ca. drei bis sechs Monate.
  • Konsortialkredite sind – nicht zuletzt aufgrund der durch die Maßnahmenpakete von Basel II und III geänderten aufsichtsrechtlichen Bestimmungen – nur für kürzere Laufzeiten platzierbar. Bei Schuldscheindarlehen sind längere Laufzeiten bis zu zehn Jahren üblich.

Kontakt

Contact Person Picture

Martin Wambach

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, IT-Auditor IDW

Geschäftsführender Partner, Chief Digital Officer

+49 221 9499 091 00

Anfrage senden

Contact Person Picture

Dirk Adams

Rechtsanwalt

Partner

+49 221 9499 091 70

Anfrage senden

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu