Kommunen und Stadtwerke auf dem gemeinsamen Weg zum Glasfasernetz

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veröffentlicht am 26. Juli 2015​

 

Das Thema Glasfaserausbau setzt gerade weniger günstig strukturierte Kommunen immer stärker unter Druck, denn schnelles Internet gilt inzwischen als wesentlicher Standortfaktor für Bürger und Unternehmen. Die Einbindung eines kommunalen Energie- und Wasserversorgers öffnet oft die Türen zur Umsetzung des Breitbandausbaus und bietet nicht nur wirtschaftliche Vorteile. Vor diesem Hintergrund skizzieren wir eine mögliche Form der Zusammenarbeit und möchten so einen Denkanstoß zu gemeinsamen Lösungswegen geben.

 

​Das Problem der Breitbandunterversorgung

Die Relevanz einer schnellen Internetverbindung für die Attraktivität einer Gemeinde oder Stadt als Wirtschaftsstandort und Anziehungspunkt für neue Bürgerinnen und Bürger ist in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen. Die Prognose, dass der Bandbreitenbedarf eines Nutzers jedes Jahr im Mittel um 50% ansteigt (Nielsens Gesetz) kann aus heutiger Sicht nicht nur bestätigt werden, viel mehr zeichnet sich ein noch stärkerer Anstieg der Nachfrage in den nächsten Jahren bereits ab. Dies begründet sich vor allem im aktuellen Trend zur stärkeren Nutzung von Diensten wie HD-TV und Videotelefonie, der steigenden Anzahl von Zweit- und Drittgeräten pro Anschlussnehmer und der bereits von vielen Unternehmens  angebotenen Option, als Arbeitnehmer ohne permanente Präsenz im Firmengebäude auf Basis eines elektronischen „virtuellen” Arbeitsplatzes im sogenannten Home-Office zu arbeiten. Die Ausbauziele der Bundesregierung liegen derzeit bei einer flächendeckenden Versorgung mit mindestens 50 Mbit/s bis 2018. Ob diese vergleichsweise willkürliche Vorgabe den tatsächlichen Bedarf in Zukunft bedienen kann darf bezweifelt werden.


Verschiedene Technologievarianten können die angestrebten Breitbandverbindungen sicherstellen. Dabei können auch nicht-leitungsgebundene Telekommunikationsnetze zumindest übergangsweise einen Beitrag zur Steigerung der Versorgungsqualität leisten. Nachhaltig wird ein stationäres Glasfasernetz aufgrund der extrem hohen Bandbreiten- und Zuverlässigkeitsanforderungen zukünftig jedoch vermutlich die wesentliche Technologievariante sein.


Gerade in weniger dicht besiedelten Regionen ist der Glasfaserausbau für den bisher zuständigen Netzbetreiber aufgrund der hohen Leitungslängen in Kombination mit einer geringen Abnehmerzahl unter wirtschaftlichen Aspekten oft nicht lohnenswert. Folglich entsteht eine Wirtschaftlichkeitslücke und notwendige Investitionen in die Infrastruktur bleiben aus. Insbesondere für ländliche Kommunen spielt eine gut ausgebaute Infrastruktur aber eine maßgebliche Rolle, um in Bezug auf die Attraktivität für Einwohner und Unternehmen mit größeren Städten konkurrieren zu können.


Infolge dessen werden gerade kleinere Kommunen immer öfter selbst beim Breitbandausbau aktiv, wenn etablierte Kommunikationsunternehmen diesen hinauszögern oder ablehnen. Das ist insofern schlüssig, als dass neben der reinen Renditeorientierung aus kommunaler Sicht auch die Förderung eines Standortfaktors in die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines Ausbauprojektes einfließt.

 

Vorteile der Einbindung des lokalen Versorgers

Grundsätzlich ausbauwillige Kommunen stehen nun vor der Frage, inwieweit es aus finanzieller und politischer Sicht vertretbar sein könnte, mit einem eigenen Versorgungsangebot in den Markt einzutreten. Die kommunale Verwaltung sähe sich einer neuen und höchst komplexen Thematik gegenüber, die Sie noch zusätzlich zu ihrem Alltagsgeschäft zu bearbeiten hätte. Neben oft hohen Investitionssummen stellt sich auch die Frage, wie das so verlegte Glasfasernetz bewirtschaftet und vermarktet werden sollte. Der Aufbau von Personal und Kompetenz zum Betrieb eines Glasfasernetzes wäre nahezu unausweichlich, wobei zumindest in den ersten Jahren fraglich ist, ob eine Wirtschaftlichkeit oder zumindest die Vermeidung von Verlusten überhaupt zu erzielen ist.
 
An dieser Stelle kann das lokale Stadt- oder Gemeindewerk als Spezialist für Infrastruktur- und Versorgungsaufgaben unschätzbare Dienste leisten.
 
Für ein bereits durch den Betrieb von Strom-, Gas-, Wasser- oder Wärmenetzen im Tiefbau und in der Leitungsverlegung tätiges und erfahrenes Unternehmen kann häufig eine Senkung der Ausbaukosten durch Mitverlegung realisieren. Auch die Bewirtschaftung und Vermarktung eines Versorgungsnetzes gehört grundsätzlich zum Kerngeschäft eines Versorgers. Gleichzeitig können kurz- oder mittelfristige Verluste des Glasfasernetzes unter Umständen durch die Erträge der wirtschaftlich soliden Sparten eines kommunalen Versorgers aufgefangen werden. Hier zeigt sich der Vorteil einer kommunalen Gesellschafterstruktur: Im Gegensatz zu einer in privater Hand befindlichen Gesellschaft, gar einem börsennotierten Konzern, können die Renditevorgaben des Gesamtunternehmens von der Kommune gesteuert werden. Bei einem sukzessiven Ausbau des Gemeindegebietes könnten damit die Investitionen aus dem Kapitalfluss des Versorgers getätigt werden und würden den kommunalen Haushalt nicht oder ggf. geringer belasten.
 
Doch auch wenn die Ausschüttungen des Versorgers nicht zur Finanzierung ausreichen, ergeben sich aus dessen Einbindung in den Glasfaserausbau diverse Vorteile. So kann die Kommune als Gesellschafter des Versorgers jederzeit Einfluss auf den Fortschritt des Glasfaserrollouts und die Gestaltung der Breitbandversorgung (bspw. Preissetzung, Produktegestaltung, etc.) nehmen.
 
Und auch für den kommunalen Versorger erschließt sich ein neuer Geschäftsbereich, der strategische und mittel- bis langfristig auch direkte wirtschaftliche Potenziale offenlegt. Mit Hilfe der kommunalen Zuschüsse und ggf. unter Rückgriff auf entsprechende Förderprogramme besteht außerdem die Chance, die neue Sparte auch wirtschaftlich auf ein tragfähiges Fundament zu stellen und Risiken weitestgehend zu minimieren.
 

Ein Weg der Zusammenarbeit

Eine Kooperation zwischen Kommune und Stadtwerk könnte konkret zum Beispiel nach folgendem Muster gestaltet werden:
Im Rahmen von Verlegemaßnahmen der Medien Strom, Gas oder Wasser werden durch das Stadt- oder Gemeindewerk im Rahmen einer Ausbaustrategie Leerrohre mitverlegt. Insbesondere bei der Erschließung von Neubaugebieten macht es Sinn, die Glasfasererschließung direkt mit einzubeziehen. Unter Berücksichtigung beihilferechtlicher Rahmenbedingungen können die Mehrkosten der Mitverlegung für die einzelnen Bauabschnitte auch durch die Stadt getragen werden (direkte Bezuschussung oder beispielsweise Verzicht auf Ausschüttungen).
 
Nach Durchführung der Tiefbauarbeiten wird das Netz ggf. unter Zuhilfenahme externer Dienstleister von den Stadtwerken betrieben. Aufgrund bestehender Betriebsführungsaufgaben aus anderen Sparten sollten technisches Personal, Know-How und Gerätschaften zumindest teilweise vorhanden und nutzbar sein. Auch in der kaufmännischen Verwaltung kann auf bewährte Strukturen und Mitarbeiter zurückgegriffen werden.
 
Weitere Synergien ergeben sich insbesondere im Endkundenvertrieb. Unter Rückgriff auf bestehende Absatzstrukturen können innovative Maßnahmen wie beispielsweise Strom-Gas-Internet-Kombiprodukte umgesetzt und beworben werden. Bei Bedarf kann der Versorger auch auf die Unterstützung externer Telekommunikationsdienstleister zurückgreifen.
 
Der kommunale Gesellschafter kann seinen Bürgern auf dieser Basis ein attraktives Glasfasernetz zur Verfügung stellen, während die Kosten bestmöglich minimiert werden können. Erstens ist durch die Nutzung von Synergien ein deutlicher Vorteil gegenüber einem strukturellen Neuaufbau der Breitbandversorgung zu verzeichnen und zweitens werden die kommunalen Zuschüsse nicht zur Erfüllung der (kapitalmarktgetriebenen) Renditeforderungen eines privatwirtschaftlichen Unternehmens verwendet.
 
Der hier dargestellte Ansatz kann aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssituationen keine allgemeingültige Lösung für alle Kommunen darstellen. Vielmehr ist auf Basis einer individuellen Ist-Analyse eine maßgeschneiderte Lösung für das betrachtete Gebiet zu erarbeiten. Hierbei sind die Zielvorstellungen der jeweiligen Kommune zu berücksichtigen. Als Handlungsalternativen sind durchaus auch Kooperationen mit privatwirtschaftlichen Dritten oder interkommunale Lösungen umsetzbar.
 
Rödl & Partner bietet strategische, wirtschaftliche und rechtliche Begleitung bei Breitbandprojekten an und berät bei Fragen der Finanzierung, der organisatorischen Ausgestaltung und bei Fragestellungen im laufenden Betrieb eines Telekommunikationsnetzes.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Gestaltung Ihrer Breitbandversorgung!

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Anton Berger

Diplom-Ökonom, Diplom-Betriebswirt (FH)

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