Bundesgesetzgeber erleichtert interkommunale Zusammenarbeit

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​veröffentlicht am 3. April 2017

 

Durch die landesrechtlichen Kommunalgesetze ist kommunalen Gebietskörperschaften seit Langem die Möglichkeit eingeräumt, einander Personal zur Verfügung zu stellen. Allerdings wurden solche Gestaltungen durch das bundesrechtliche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) bislang mindestens erschwert. Mit der jüngsten Änderung des AÜG zum 1. April 2017 hat der Bundestag diese Hindernisse nun beseitigt.

 

Landesrechtlich zugelassene interkommunale Personaleinsätze

Bei allen Unterschieden im Detail kennen die Landesgesetze der Flächenbundesländer zur interkommunalen Zusammenarbeit (im Folgenden: Kommunale Zusammenarbeitsgesetze – KomZG) jeweils mindestens zwei Gestaltungsformen – die „verkörperte” Zusammenarbeit durch die Errichtung eines Zweckverbands als neuer juristischer Person zur Wahrnehmung gemeinschaftlicher Aufgaben und die „nur” vertragliche Zusammenarbeit auf Grundlage von als „Zweckvereinbarung” oder „öffentlich-rechtliche Vereinbarung” (im Folgenden: örV) bezeichneten öffentlich-rechtlichen Verträgen. Abhängig von den Regelungen des jeweiligen Landes-KomZG können als weitere Zusammenarbeitsformen kommunale Arbeitsgemeinschaften (als loseste Form der Zusammenarbeit) und/oder (am anderen Ende der Zusammenarbeitsintensität) gemeinsame kommunale Anstalten öffentlichen Rechts hinzutreten.

 

Die für interkommunale Personaleinsätze relevante Zusammenarbeitsform sind die örV. Zwar enthalten nur die Landes-KomZG Baden-Württembergs, Bayerns und Sachsens ausdrückliche Bestimmungen zur „zeitanteiligen Personalleihe” als Untergestaltungsform der örV. Die Nicht-Regelung in den anderen Flächenbundesländern bedeutet jedoch nicht, dass dort nicht auch interkommunale Personaleinsätze möglich wären. Denn die dortigen Landes-KomZG kennen jedenfalls auch örV, mit denen einem Beteiligten durch den oder die anderen Beteiligten Aufgaben vollständig („delegierend”) oder nur zur Durchführung („mandatierend”) übertragen werden. Und auf Grundlage solcher delegierenden oder mandatierenden Aufgabenübertragungen ist dann tarifrechtlich die Möglichkeit eröffnet, dass die Kommunen untereinander Personal „gestellen”, § 4 Abs. 3 TVöD. Unabhängig davon, ob die interkommunalen Personaleinsätze auf örV zur „zeitanteiligen Personalleihe” oder auf örV zur (delegierenden oder mandatierenden) Aufgabenübertragung mit TVöD-arbeitsrechtlicher Personalgestellung beruhen, ist jeweils Kennzeichen, dass die betreffenden Mitarbeiter ihr Arbeitsverhältnis zur „abgebenden” Kommune behalten und einem fachlichen Weisungsrecht der „aufnehmenden” Kommune unterstellt werden können.

 

Welcher konkrete Anlass auch immer hinter einem interkommunalen Personaleinsatz steht – hier die bessere Personalauslastung, dort der Einsatz sonst nicht vorhandenen Personals –, der Zweck dürfte, da die örV immer auch auf Kostenerstattung gerichtet sind, doch stets der gleiche sein: den erforderlichen Einsatz von (ggf. spezialisiertem Fach-)Personal sicherstellen, bei reduzierten, weil geteilten Kosten.

 

Hindernis AÜG

So einfach und „logisch” interkommunale Personaleinsätze damit nach den Landes-KomZG sind, so schwierig wurden sie vor dem Hintergrund des bundesrechtlichen AÜG. Denn das AÜG stellt für seinen Anwendungsbereich in der seit dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung nur noch darauf ab, dass ein Arbeitgeber als Verleiher Dritten Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen will. Dass die Überlassung auch „gewerbsmäßig” – also mit Gewinnerzielungsinteresse des Verleihers – sein muss, wurde mit der zum 1. Dezember 2011 wirksamen Änderung des AÜG gestrichen. „Wer” „warum” „an wen” Personal verleihen will, war damit für den Anwendungsbereich des AÜG nicht mehr von Belange. Eine hinzutretende uneinheitliche Rechtsprechung hat die Situation für die Kommunen nicht erleichtert. Denn während das OVG NRW in einem Beschluss vom 19. September 2014 die Anwendung des AÜG auf Personalgestellungen nach § 4 Abs. 3 TVöD ausschloss, hatte demgegenüber das LAG Baden-Württemberg noch kurz vorher die Anwendung des AÜG auf solche Personalgestellungen bejaht. Mit der veränderten Gesetzeslage und angesichts der unsicheren Rechtsprechung musste damit spätestens seit Ende 2011 im Zweifel davon ausgegangen werden, dass auch örV-basierte interkommunale Personaleinsätze in den Anwendungsbereich des AÜG fallen und folglich einer Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit bedürfen.

 

Dabei stellte die Erlaubnispflicht – der Verstoß begründet mit erheblichen Bußgeldern bewehrte Ordnungswidrigkeiten (§ 16 AÜG) – noch nicht wirklich ein Hindernis für interkommunale Personaleinsätze dar. Denn Kommunen wird es nicht schwer fallen, die erforderliche Zuverlässigkeit als Erlaubnisvoraussetzung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG) darzulegen. Das tatsächliche Hindernis erwuchs vielmehr daraus, dass mit der Änderung zum 1. Dezember 2011 zugleich in das AÜG eingefügt wurde, dass die Überlassung „vorübergehend” erfolgt. Zwar hat der Gesetzgeber seinerzeit nicht auch geregelt, wie lange eine Überlassung sein darf, um noch als vorübergehend zu gelten. Klar war aber auch, dass langfristige oder unbefristete Gestaltungen nicht mehr in Betracht kommen. Für Kommunen werden jedoch nicht nur, aber insbesondere langfristige oder sogar unbefristete Gestaltungen relevant sein, wenn es um das „gemeinschaftliche Stemmen” von Personalbedarfen geht. Zugleich ist die Langfristigkeit mit dem seit 1. Januar 2017 geltenden

§ 2 b UStG noch nicht Gewährleistung, aber doch Voraussetzung, dass das örV-basierte interkommunale Leistungsverhältnis „Personalleihe gegen Kostenerstattung” nicht der Umsatzbesteuerung unterworfen wird, vgl. § 2 b Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a) UStG.

 

Zum 1. April 2017 wirksame Änderung des AÜG räumt Hindernisse beiseite 

Die Gesetzgeber der verschiedenen Ebenen haben die Kommunen damit vor ein „hübsches” Dilemma gestellt: Interkommunale Personaleinsätze sind bei vielgestaltigen Anlässen sinnvoll, werden landes- und tarifrechtlich ausdrücklich erlaubt, aber bundesrechtlich mindestens erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht und im noch möglichen Rahmen (= nicht langfristig) wohl einer Umsatzbesteuerung unterworfen, was wirtschaftliche Vorteile jedenfalls anteilig wieder „auffrisst” und damit die Kommunen vor den eigentlich sinnvollen Gestaltungen wieder „zurückzucken” lässt.

 

Aus dem gesetzgeberisch veranlassten Dilemma konnte nur der Gesetzgeber helfen, und nun hat er das erfreulicherweise auch getan. Denn mit dem jüngsten AÜG-Änderungsgesetz wurden mit Wirkung zum 1. April 2017 zwei neue Unterabsätze an § 1 Abs. 3 AÜG angefügt, die genau die örV-basierten interkommunalen Personaleinsätze – TvöD-Personalgestellungen im Gefolge von Aufgabenverlagerungen (Abs. 3 Nr. 2 b) und Arbeitnehmerüberlassungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn diese Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden (Abs. 3 Nr. 2 c) – vom Anwendungsbereich des AÜG freistellen. Damit ist der Weg für interkommunale Personaleinsätze wieder freigeräumt, sie unterfallen nicht mehr der Erlaubnispflicht und können im Gestaltungs- wie Steuerinteresse auch wieder mehr als vorübergehend vereinbart werden. Den Kommunen steht damit eine weitere Variante interessanten interkommunalen Zusammenwirkens wieder wirklich und nicht nur landesrechts-theoretisch zur Verfügung.

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Peter Lindt

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