Renaissance der Photovoltaik?!

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veröffentlicht am 3. April 2017

 

Das jüngst in Kraft getretene EEG 2017 stellt das Fördersystem für Strom aus Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen), Windenergie-anlagen an Land und auf See und Biomasseanlagen auf Ausschreibungen um. Bei Strom aus PV-Anlagen gilt dies erst ab einer installierten Leistung von mehr als 750 kWp. Die Höhe des Anspruchs für Strom aus PV-Anlagen, die diese Grenze nicht erreichen, wird weiterhin nach den im EEG normierten Vergütungs-sätzen ermittelt. Dies stellt im Vergleich zur bisherigen Rechtslage eine Vereinfachung für die Projektumsetzung dar, da ab 2015 die Förderung für Strom für PV-Anlagen, die eine installierte Leistung von 100 kWp überschritten haben, im Rahmen einer wettbewerblichen Ausschreibung ermittelt wurde. Dies führte zu Mehrkosten und war mit Unsicherheiten im Rahmen der Projektentwicklung und Investition verbunden.

 

​Aus vergütungsrechtlicher Sicht müssen die PV-Anlagen insbesondere auf versiegelten Flächen, Konversionsflächen, baulichen Anlagen (bspw. Deponien) oder etwa Flächen (110 m Abstand) entlang von Autobahnen oder Schienenwegen errichtet werden.

 

Zudem können die einzelnen Bundesländer PV-Anlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in sogenannten benachteiligten Gebieten unbegrenzt zur Förderung zulassen. Konkret umgesetzt wurde dies bisher noch von keinem Bundesland, allerdings plant z.B. Bayern bis zu 30 Photovoltaikanlagen auf diesen Flächen zuzulassen. Vom Wettbewerb um potenzielle Flächen können hierbei auch Kommunen profitieren, indem sie geeignete Flächen für die Realisierung von PV-Anlagen verpachten.

 

Die Vergütung für Freiflächen-PV-Anlagen beträgt unabhängig von der Größe 8,91 Cent/kWh (Stand 02/2017; siehe § 48 Abs. 1 EEG 2017). Bei den sogenannten PV-Dachanlagen ist die Vergütung dagegen abhängig von der Größe der Anlage gestaffelt (siehe § 48 Abs. 2 EEG 2017):

 

  • bis einschließlich einer installierten Leistung von 10 Kilowatt(peak) 12,70 Cent pro Kilowattstunde
  • bis einschließlich einer installierten Leistung von 40 Kilowatt(peak) 12,36 Cent pro Kilowattstunde
  • bis einschließlich einer installierten Leistung von 750 Kilowatt(peak) 11,09 Cent pro Kilowattstund

 

Die Vergütungssätze unterliegen dabei einer Degression, die von der Ausbaumenge der PV-Anlagen in Deutschland abhängt und quartalsweise angepasst wird.

 

Wirtschaftlichkeit

Von der Befreiung der PV-Anlagen bis 750 kWp profitieren insbesondere die Freiflächenanlagen, die seit 2015 ab einer Größe von 100 kWp verpflichtend an der Ausschreibung für Freiflächenphotovoltaik entsprechend der Freiflächenausschreibungsverordnung (FFAV) teilnehmen mussten. Dachanlagen hat dies bisher nicht betroffen.

 

Die Vorteile von der Befreiung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

 

  • Keine Erlösunsicherheit aufgrund eines Bieterverfahrens bzgl. des anzulegenden Werts (= Vergütung) – der Wert resultiert aus dem EEG 2017 unter Einbezug des atmenden Deckels
  • Höhere Vergütung im Vergleich zu den Ausschreibungsergebnissen (der durchschnittliche, mengengewichtete Zuschlagswert der ersten Ausschreibungsrunde in 2017 beträgt nur 6,58 ct/kWh)
  • Geringere Projektentwicklungskosten und -zeit durch Wegfall des Ausschreibungsverfahrens
  • Keine Pflicht zur Einspeisung des gesamten erzeugten Stroms in das öffentliche Netz für Anlagen bis 750 kWp (aber natürlich die Möglichkeit)

 

Insbesondere der letzte Punkt, die Pflicht zur vollständigen Einspeisung im Rahmen des Ausschreibungsmodells, hat wirtschaftlich attraktive Versorgungskonzepte bei Freiflächenanlagen verhindert – die sogenannten „Eigenverbrauchsmodelle”. Es kann nun ein Teil des erzeugten Stroms für den Eigenverbrauch genutzt werden und der überschüssige Strom wird gegen eine feste Vergütung in das öffentliche Netz eingespeist. Die Strommenge, die direkt vor Ort verbraucht wird, substituiert den Strombezug aus dem Netz und senkt so die Stromkosten. Zusätzlich fällt auf den eigenerzeugten und eigenverbrauchten Strom in 2017 nur die verringerte EEG-Umlage in Höhe von 40 Prozent an (§ 61b EEG 2017).

 

Durch den Eigenverbrauch des Stroms kann die Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen im Allgemeinen erheblich erhöht werden. Insbesondere bei Dachanlagen ist der Eigenverbrauch substanziell für die Wirtschaftlichkeit der Anlage, bei Freiflächenanlagen ist natürlich ein passender Stromverbraucher (Kläranlage, Schwimmbad, Gewerbe) notwendig. Mögliche Konstellationen für Projekte mit Freiflächen- und Dachanlagen sind in der folgenden Abbildung dargestellt:

 

 

Mögliche Konstellationen

 

Abbildung 1: Mögliche Konstellationen für Projekte mit Freiflächen- und Dachanlagen

 

Soll eine PV-Anlage auch für den Eigenverbrauch von Strom genutzt werden, ist dies unbedingt bereits bei der Auslegung der Anlage zu beachten. Damit die Anlage wirtschaftlich optimal ausgelegt werden kann, sollten bei einer Eigenverbrauchsanlage idealerweise die Daten einer Lastgangmessung des Verbrauchers berücksichtigt werden. Sind diese nicht vorhanden, kann auch über Standardlastprofile das Verbrauchsverhalten abgeschätzt werden. Durch die Analyse des Lastganges und den Abgleich mit dem Erzeugungsprofil der PV-Anlage (z.B. Süd oder Ost-West–Ausrichtung) kann die Anlagengröße für den Eigenverbrauch optimiert werden. Dies ist erstrebenswert, da die Wirtschaftlichkeit mit der Höhe des Eigenverbrauchs steigt. Aus diesem Grund könnte auch eine Ost-West-Ausrichtung der Anlage zu empfehlen sein, um die typische Erzeugungsspitze einer Anlage mit Südausrichtung zur Mittagszeit zu begrenzen und eine gleichmäßigere Erzeugung, angepasst an das Verbrauchslastprofil, über den Tag hinweg zu ermöglichen. Der Grundsatz „PV-Anlagen lohnen sich nur bei Südausrichtung” gilt dementsprechend nicht für Eigenverbrauchs-anlagen. Die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Realisierung einer Eigenverbrauchsanlage ist in der folgenden Grafik dargestellt:

 

 

Vorgehensweise

 

 

Abbildung 2: Vorgehensweise bei der Realisierung einer Eigenverbrauchsanlage

 

Auch sollte die Einbindung der E-Mobilität anhand von Ladesäulen, die Strom über die PV-Anlagen beziehen und die Integration von Batteriespeichern in solche Eigenverbrauchskonzepte diskutiert werden. Die Konzeption von Bürgerenergieanlagen ist eine Möglichkeit für Kommunen, Einkommen und Gewerbesteuer zu generieren, Bürger miteinzubeziehen und so die Akzeptanz der Energiewende vor Ort zu erhöhen.

 

Exkurs: Vorsteuerabzug bei Neubau oder Sanierung eines ansonsten nichtunternehmerisch verwendeten Gebäudes

Angesichts des derzeit niedrigen Zinsniveaus wird in Deutschland viel gebaut. Auch Städte und Gemeinden nutzen diese Situation zum Neubau oder zur Generalsanierung von öffentlichen Gebäuden. Die hierfür anfallenden Kosten berechtigen im nichtunternehmerischen Bereich (Hoheitsbereich) zu keinem Vorsteuerabzug. Die in den Bau- oder Sanierungskosten enthaltenen Umsatzsteuerbeträge führen somit zu einer Definitivbelastung der ausführenden Kommunen.

 

Der Bundesfinanzhof hat sich in mehreren Urteilen zum anteiligen Vorsteuerabzug geäußert. Weiterhin hat das Bundesministerium der Finanzen in einem entsprechenden Schreiben dazu Stellung genommen. Ein anteiliger Vorsteuerabzug ist demnach bei nichtunternehmerisch genutzten Gebäuden meist dann möglich, soweit eine PV-Anlage auf dem Dach installiert wird. Hierbei ist es irrelevant, ob es sich um eine sog. Aufdachanlage oder eine dachintegrierte Anlage handelt. Die Abgrenzung des unternehmerischen (gewerblichen) von dem nichtunternehmerischen (hoheitlichen) Anteil kann nach den allgemeinen Grundsätzen der Vorsteueraufteilung erfolgen. Hierbei wird auf § 15 Abs. 4 UStG verwiesen. Typischerweise wird in diesen Fällen auf das Verhältnis der fiktiven Vermietungsumsätze des Gebäudes zur anteiligen Miete für die Dachfläche abgestellt.

 

Mit Schreiben vom 19. September 2014 hat die Finanzverwaltung darauf hingewiesen, dass diese Aufteilung jedoch dahingehend anzupassen ist, dass eine PV-Anlage nur insoweit zum unternehmerischen Bereich zählt, wie hierfür umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze erzielt werden.

 

Zur Erreichung eines größtmöglichen Vorsteuerabzugs ist daher die installierte Leistung der PV-Anlage ein entscheidendes Kriterium. Durch die beispielsweise Installation einer größeren PV-Anlage kann die fiktive Dachflächenpacht erhöht werden. Dies kann wiederum den anteiligen Vorsteuerabzug betragsmäßig so erhöhen, dass hierdurch im günstigsten Fall nicht nur die Mehrkosten für die größere PV-Anlage eingespart werden können. Die Installation einer dezidiert auf die tatsächlichen Gegebenheiten abgestimmten Leistung ist somit wirtschaftlich am sinnvollsten.

 

Durch die Installation einer PV-Anlage auf öffentlichen Gebäuden der Kommunen kann sich, neben der positiven Signalwirkung der Partizipation an der Energiewende, somit ein erheblicher finanzieller Vorteil durch eine damit verbundene Vorsteuerersparnis ergeben.

 

Kommunen sollten die Chance wahrnehmen und…

  • geeignete Flächen verpachten
  • Bürgerenergieanlagen konzipieren
  • Eigenverbrauchskonzepte (als Dachanlage oder Freiflächenanlage) umsetzen
  • Möglichkeiten des Vorsteuerabzugs nutzen

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