Zukunftsfähige Breitbandstrategien

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veröffentlicht am 3. Juni 2013

 

Derzeit werden immer mehr Kommunen mit der Frage konfrontiert, ob und in welcher Ausprägung der Aufbau und Betrieb von Breitbandnetzen vor Ort erfolgt. Dabei ist der Wunsch nach einer zukunftsfähigen Breitbandstruktur oftmals auch politisch motiviert. Inwiefern ein Engagement Sinn macht, hängt maßgeblich von den Gründen dafür ab.
 
Ein Breitbandnetz ist entsprechend der Breitbandstrategie der Bundesregierung als solches zu sehen, wenn das Kommunikationsnetz eine Internetversorgung von mindestens 1 MBit/s Downloadrate sicherstellen kann. Mittlerweile nutzen zwar mehr als 26 Millionen Haushalte (also mehr als zwei Drittel) Breitbandanschlüsse. In ländlichen Gebieten sind allerdings auch Versorgungssituationen vorhanden, die diese Internet-Geschwindigkeiten nicht oder nur temporär erreichen. Man spricht in diesem Zusammenhang von unterversorgten Gebieten.
 
Die Bundesregierung hat in ihrer Breitbandstrategie aus dem Jahr 2009 das Ziel formuliert, dass bis zum Jahr 2014 für 75 Prozent der Haushalte Internetanschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde flächendeckend zur Verfügung stehen sollen. Dieses ambitionierte Ziel soll durch den Einsatz unterschiedlicher Technologien verwirklicht werden. Kupfer-Kabelnetze (TV-Kabel oder Telefon-DSL Technik), Glasfasernetze (z.B. FTTC oder FTTH) und Funktechnologien (z.B. WLL oder LTE) sollen die Basis für hochleistungsfähige Internetanschlüsse (ab 50MBit/s) bilden.
 
Zur Realisierung einer flächendeckenden Verfügbarkeit wird in den Regionen, in denen ein Betrieb von breitbandigen Netzen durch nicht gegebene Wirtschaftlichkeit nicht möglich ist, mit hilfe von staatlichen Förderprogrammen in den Markt eingegriffen. Allen öffentlichen Förderprogrammen zur Verbesserung der Breitbandversorgung liegt dabei das Prinzip zugrunde, nur dort zu fördern, wo ausreichende Marktlösungen nicht zustande kommen. Dies ist nur dann der Fall, wenn für den jeweiligen Bedarf bei den gegebenen wirtschaftlichen, infrastrukturellen und topografischen Gegebenheiten auch unter Einbeziehung aller technologischen und wettbewerblichen Alternativen keine Lösung durch den Markt möglich ist.
 
Aktuell werden vor allem in ländlichen Bereichen bei Ausbauprojekten zur Verbesserung der Übertragungsraten neben dem Ausbau von Funktechnologien oftmals die Kommunikationskabel zwischen der Vermittlungsstelle der Telekom und den grauen Kästen am Straßenrand (Kabelverzweigern) auf Kupferbasis durch Glasfasernetze ersetzt (FTTC). In der FTTC-Architektur endet das Glasfaserkabel dann im Kabelverzweiger. Von diesem Anschlussverteiler aus werden die vorhandenen Kupferkabel bis zum Kunden (zur Telefondose in der Wohnung) weiter verwendet. Der Endkunde kann so Übertragungsraten von 50 MBit/s mit seinem DSL-Anschluss erreichen.
 
Eine wirtschaftliche Betätigung auf dem Geschäftsfeld Breitbandnetz ist in unterschiedlichen Ausprägungen möglich und verändert je nach Betriebsvariante das wirtschaftliche Ergebnis. Folgende Wertschöpfungsstufen und Kernkompetenzen des Betreibers lassen sich unterscheiden:
  • Der Betreiber eines Leerrohr- und unbeleuchteten Glasfasersystems zielt auf Transportnetzbetreiber, Netzbetreiber und Kabelnetzbetreiber ab, die eine unbeleuchtete Faser
    „anmieten”.
  • Der Betreiber eines Transportnetzes (beleuchtetes Glasfasersystem) stellt Übertragungswege bereit und betreibt diese. Seine Zielgruppe sind Netzbetreiber und Dienstanbieter, die einen Bitstream Access auf Ebene 2 „anmieten”.
  • Der Betreiber von Diensten, Internet, Sprache, Daten und TV hat neben den Netzbetreibern Endkunden und Wiederverkäufer als Zielgruppe.
  • Möglich sind auch der Betrieb und die Bereitstellung von Applikationen, die für alle Zielgruppen interessant sein kann.
 

Investitionen in Breitbandnetze müssen langfristig betrachtetwerden

Zur Abschätzung der zu erwartenden Renditen empfiehlt sich die Analyse der favorisierten Betriebsvarianten mithilfe einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung/Businessplanung. Dabei werden in einem ersten Schritt die aktuelle Versorgungssituation mit breitbandigem Internet, potenzielle Kunden sowie, die sich ergebenden Kundenbedarfe im Versorgungsgebiet analysiert und die zu erwartenden Umsätze prognostiziert. Über eine Grobnetzplanung werden die zu erwartenden Investitions- und Reinvestitionskosten für die passive und aktive Technik ermittelt. Je nach Betriebsvariante werden Kosten für den Netzbetrieb (Personal-, Materialkosten etc.) oder für die Bereitstellung von Diensten prognostiziert und in einer Erfolgsplanung mit Planbilanz über die ersten 25 Betriebsjahre dargestellt. Dabei werden individuelle Gegebenheiten zur Minimierung der Kosten (z.B. vorhandene Leerrohrnetze, nutzbare Räumlichkeiten für notwendige Technik, etc.) berücksichtigt. Weiterhin werden Synergien mit der vorhandenen Infrastruktur und insbesondere dem Aufbau intelligenter Netze sowie dem Einsatz von Smart Metern überprüft. Zudem muss die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Förderprogrammen neben einer gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Optimierung des Vorhabens geprüft werden.
 
Als derzeit größtes Investitionsrisiko ist das geplante Vectoring der Deutschen Telekom zu sehen. Durch diese Maßnahme wird das Übersprechen zwischen VDSL-Verbindungen minimiert und die durchschnittliche Leistung kann somit verdoppelt werden. Dies beeinflusst selbstverständlich die Breitbandausbaustrategie der Versorger.
 

Breitband steigert die Attraktivität der Standorte

Investitionen in Breitbandnetze sind langfristige Investitionen, die in den ersten Jahren keine positiven Erträge erwarten lassen, sondern deren Rentabilität über einen langfristigen Zeitraum betrachtet werden muss. Neben dem wirtschaftlichen Vorteil dieser Unternehmung sprechen für kommunal geprägte Energieversorger weitere Punkte für den Aufbau eines Breitbandnetzes. So zählt die Bereitstellung von Informationsund Kommunikationstechnologienetzen heute schon fast zur Daseinsvorsorge und trägt wesentlich zur Attraktivität der Standorte bei. Ein weiteres Argument ist das immer stärkere Zusammenwachsen der Energiewirtschaft und der Telekommunikation. Gerade in Zeiten der Energiewende und der politisch gewünschten Zunahme der dezentralen Energieversorgung ist ein ausgebautes Datennetz unerlässlich.
 
In Zahlen bedeutet dies Folgendes: Bis zum Jahr 2030 sollen laut einer Studie des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) sieben Milliarden Euro in den Aufbau intelligenter Netze investiert werden. Eine flächendeckende Breitbandversorgung auf dem relevanten Gebiet ist unerlässlich für den Aufbau intelligenter Netze, da nur so die erforderliche Geschwindigkeit bei der Übertragung von Daten sichergestellt werden kann.
 
Derzeit zeichnet sich ein Trend ab, der weg von der vollständig integrierten Wertschöpfungskette geht. Nach Erfahrungen von Rödl & Partner stellt sich für viele Marktteilnehmer eine Kooperation mit anderen Unternehmen entlang den einzelnen Wertschöpfungsstufen als vorteilhaft dar. Gerade die auf diesem Geschäftsfeld zumeist unerfahrenen Kommunen und kommunalen Unternehmen können von einer Kooperation mit einem privaten Dritten meist profitieren, da dieser die Risiken des neuen Geschäftsfeldes reduzieren kann. Auf diese Weise vermeiden die Neulinge auf diesem Geschäftsfeld die unmittelbare Durchführung von Telekommunikationsdiensten mit eigenem Personal. Inwiefern sich Kommunen, die bislang nicht über eigene Stadtwerke verfügen, auf dem Geschäftsfeld Breitband engagieren sollten, hängt stark von deren Motivation ab. Die kurzfristige Rentabilität des Projektes sollte nicht erwartet werden. Vielmehr dürfte es den Kommunen ohnehin zumeist um eine möglichst bürgerfreundliche, flächendeckende Versorgung mit Breitband gehen.

 
Existiert auf dem relevanten Gebiet bereits ein Unternehmen, das die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser umsetzen möchte, kann der Fokus der Kommunen auch auf einem unmittelbaren Zugriffsrecht auf einzelne Fasern liegen, um in ihrer Funktion als Strom- und Gasnetzbetreiber die Umrüstung auf ein intelligentes Netz gewährleisten zu können. Auch hier kann die juristische Ausgestaltung variieren. Die Kommunen sollten jedenfalls darauf achten, dass ihnen bzw. dem kommunalen Unternehmen möglichst eine exklusive Nutzung zugestanden wird. Diese kann in einer dinglichen Rechtsposition (z.B. (Bruchteils-) Eigentum an dem Glasfasernetz oder einzelnen Fasern) wie auch einer rein schuldrechtlichen Rechtsposition bestehen. Bei der Eingehung derartiger Kooperationsvereinbarungen ist stets das mögliche Insolvenzrisiko des Kooperationspartners zu beachten. Hier sind juristische Vorkehrungen zu treffen, um die Verantwortlichkeiten klar zu verteilen und etwaige Risiken des Wegfalls des Nutzungsrechtes möglichst zu reduzieren.

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Andreas Lange

Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Rechtsanwalt

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