Übertragung einer Rücklage im Sinne des § 6b EStG in einen anderen Betrieb

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Von Uta Mühe, Rödl & Partner Hamburg
 
Das Einkommensteuergesetz (EStG) sieht eine Regelung vor, stille Reserven, die aufgrund einer entgeltlichen Veräußerung begünstigter Wirtschaftsgüter aufgedeckt werden, auf bestimmte Reinvestitionsgüter steuerneutral zu übertragen. Diese Vorschrift des § 6b EStG soll Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben, Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ohne sofortige Steuerbelastung zu verkaufen, wodurch der Veräußerungserlös zur Finanzierung von Reinvestitionen verwendet werden kann. Wird das begünstigte Reinvestitionsgut (oder die Reinvestitions­güter) nicht im Wirtschaftsjahr der Veräußerung angeschafft oder hergestellt, sondern erst in späteren Wirtschaftsjahren, darf zur Vermeidung der Besteuerung der realisierten stillen Reserven eine den Gewinn mindernde Rücklage (im Sinne von § 6b Abs. 3 EStG) für längstens vier Jahre gebildet werden. Erfolgt innerhalb dieses Vier-Jahreszeitraums keine Übertragung des Veräußerungsgewinns auf ein begünstigtes Reinvestitionsgut, ist die steuerfreie Rücklage spätestens am Ende des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend auf­zulösen. Der aufgrund der Rücklagenbildung entstandene Zinsvorteil wird durch eine „Strafverzinsung“ gemäß § 6b Abs. 7 EStG ausgeglichen.
 
Grundsätzlich sind für die Übertragungsmöglichkeiten gemäß § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG nur folgende Veräußerungsobjekte begünstigt:
 
  • Grund und Boden
  • Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn der Aufwuchs zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört
  • Gebäude
  • Binnenschiffe
  • Anteile an Kapitalgesellschaften
 
Übertragungsfähig bzw. -begünstigt sind jeweils 100 Prozent des Veräußerungsgewinns.
 
Begünstigte Reinvestitionsgüter sind nach § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG Wirtschaftsgüter, auf die der begünstigte Veräußerungsgewinn steuerneutral übertragen werden kann. Danach kommen Übertragungsmöglichkeiten in Betracht, wie z.B. Übertragung von Grund und Boden auf die gleiche Art des Wirtschaftsguts oder auf Gebäude. Der Anschaffung oder Herstellung von Gebäuden steht die Erweiterung, ihr Ausbau oder ihr Umbau gleich. Der begünstigte Gewinn kann in diesem Fall nur von dem Aufwand für die Erweiterung, den Ausbau oder den Umbau abgezogen werden.
 
Eine weitere Voraussetzung, um von den Übertragungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, ist die Zugehörigkeit zum begünstigen Personenkreis im Sinne des § 6b Abs. 1 bis Abs. 9 EStG, das sind:
 
  • Natürliche Personen (als Einzelunternehmer oder Gesellschafter einer Personengesellschaft)
  • Juristische Personen (Kapitalgesellschaften)
 
Veräußernder und reinvestierender Steuerpflichtiger müssen identisch sein. Das bestätigt das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Dezember 2012 (BFH, Az. IV R 41/09), welches am 13. Februar 2013 veröffentlicht wurde. Im vorliegenden Fall verfügte die V & S GbR über Grundstücke im Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen. In den Wirtschaftsjahren 1993/94 und 1994/95 wurden Grundstücke beider Gesellschafter veräußert und eine steuerfreie Rücklage gebildet. Daneben führte V den Betrieb O, für den er ab 1994/95 Grundstücke kaufte. Auch S erwarb Grundbesitz in den Jahren 1995 und 1996, der zunächst als Verpachtungsbetrieb bewirtschaftet wurde. In den Bilanzen beider vorgenannten Betriebe wurden Rücklagen ab 30. Juni 1996 auf die Anschaffungskosten des erworbenen Grundbesitzes übertragen. Die Sonderbilanzen der GbR ab 30. Juni 1996 wiesen die Rücklagen weiterhin unverändert aus. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Rücklagen seien daher nicht wirksam auf die Reinvestitionsgüter übertragen und daher gewinnerhöhend aufzulösen. Der BFH entschied mit seinem Urteil, dass das Bilanzierungswahlrecht für die Bildung und Auflösung einer § 6b Rücklage zwingend durch entsprechenden Bilanzansatz im „veräußernden“ Betrieb auszuüben ist. Entscheidend für die Ausübung des Wahlrechts zur Übertragung der Rücklage ist der Ausweis in der Bilanz des Betriebs, der den Gewinn erzielt hat, den die Rücklage verkörpert.
 
Das Urteil unterstreicht, dass § 6b EStG keine betriebs-, sondern eine personenbezogene Vergünstigung enthält. Der Steuerpflichtige, der den Gewinn erzielt hat, kann die Ersatzinvestition deshalb auch in einem anderen Betrieb vornehmen.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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