Auswirkungen des neuen § 1 Abs. 3a GrEStG auf bestehende und zukünftige Transaktionsstrukturen

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Von Dr. Andreas Demleitner, Rödl & Partner Nürnberg
 
Nach umfangreichem Tauziehen im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 fand Anfang Juni durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz ein neuer Tatbestand Einzug in das Grunderwerbsteuergesetz, der auf die Bekämpfung bestimmter steuervermeidender Share Deal-Struktu­ren abzielt. Vor allem auf Drängen der Bundesländer wurde in § 1 GrEStG folgender Absatz 3a neu eingefügt:
 
„Soweit eine Besteuerung nach Absatz 2a und Absatz 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 95 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.”
 
Der neue Tatbestand ist auf alle Erwerbsvorgänge, die nach dem Beschluss des Bundestags am 6. Juni 2013 verwirklicht werden, anzuwenden und erfasst die bisher gängigen Erwerbsstrukturen. So war es bislang möglich, über eine Personengesellschaft gehaltene Immobilien durch Ausnutzen der 5-Jahresfrist des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG steuerfrei zu übertragen, indem erst 94,9 Prozent der Beteiligung an der Gesellschaft und nach dem Ablauf von mehr als fünf Jahren der verbleibende Anteil der Zielgesellschaft übertragen wurde. Die letztgenannte Übertragung konnte z.B. bereits durch Abschluss eines Darlehensvertrags mit dem Verkäufer der Zielgesellschaft als Darlehensnehmer und Berechtigung zur Tilgung des Darlehens nach fünf Jahren durch Übertragung des verbleibenden Anteils an Erfüllung statt vorbereitet werden. Die neue Gesetzeslage kennt keine solche Behaltefrist und bestraft jeden, der (erstmalig) mittelbar oder unmittelbar zu mindestens 95 Prozent am Vermögen einer Personengesellschaft beteiligt ist. Besonders ärgerlich ist, dass die Norm eigentlich auf sogenannte RETT-Blocker (Real Estate Transfer Tax) abzielt und die beschriebene Gestaltungsvariante als Kollateralschaden miterfasst. Bei RETT-Blockern war es bisher möglich, durch Zwischenschalten einer Personengesellschaft in den Erwerbsvorgang, an der der Investor wiederum nur zu weniger als 95 Prozent beteiligt war, eine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu verhindern und so eine grundstückshaltende Kapitalgesellschaft wirtschaftlich fast vollständig zu erwerben. Da die neue Norm neben Absatz 2a und 3 Anwendung findet und nunmehr durch Einführung des Begriffs einer wirtschaftlichen Beteiligung bei mittelbaren Engagements die Beteiligungsverhältnisse anteilig berücksichtigt, wird dem Investor in diesem Fall mindestens eine Beteiligung in Höhe von 95 Prozent an der immobilienhaltenden Gesellschaft zugerechnet und Grunderwerbsteuer ausgelöst.
 
Erwirbt die Fondsgesellschaft nach mehr als fünf Jahren – durch Kauf oder Darlehenstilgung – den verbleibenden Anteil an der immobilienhaltenden Personengesellschaft und unterliegt sie damit der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG (§ 1 Abs. 2a GrEStG scheidet aufgrund Einhalten der Frist aus), wird die Steuer nach § 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG jedoch nicht erhoben, soweit den hinter der Fonds-KG stehenden Personen die Zielgesellschaft bereits vorher zuzurechnen war. Da diese (ohne die Berücksichtigung von Übertragungen am Zweitmarkt) bereits zu 94,9 Prozent am Vermögen der Gesellschaft beteiligt waren, wird in gleicher Höhe die Grunderwerbsteuer nicht erhoben. Die Bemessungsgrundlage ist hierbei nicht der Kaufpreis, sondern gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG das 12,5-fache der vereinbarten bzw. üblichen Jahresmiete, sodass im Ergebnis lediglich 5,1 Prozent des 12,5-fachen der Jahresmiete dem jeweiligen Grunderwerbsteuersatz unterliegen. Letzterer beträgt in Abhängigkeit vom Belegenheitsort der Immobilie zwischen 3,5 und derzeit 5,5 Prozent. Sollen Immobilienankäufe zukünftig trotzdem steuerfrei erfolgen, kann neben dem Erwerb von 94,9 Prozent des Vermögens gleichzeitig etwa ein Genussrecht auf die verbleibende Beteiligung vereinbart werden, wobei es im Einzelnen gilt, den Missbrauch einer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit im Sinne des § 42 AO zu vermeiden.
 
Die dargestellten Folgen betreffen auch bereits bestehende Modelle, wenn eine relevante Anteils­übertragung erst nach dem 6. Juni 2013 stattfindet. Dies mag im Einzelfall unbillig sein, zumal die gewählte Transaktionsstruktur regelmäßig bereits in der Vergangenheit festgelegt wurde; wir gehen dennoch davon aus, dass die Finanzverwaltung vor diesem Datum erfolgte Übertragungen in vollem Umfang berücksichtigt, da sich die Rechtsfolge nach einhelliger Meinung erst an den letzten die 95 Prozent-Grenze erreichenden Übertragungsvorgang knüpft und dieser sich folglich erst nach dem 6. Juni 2013 vollzieht. Wir raten auch dringend von einer Argumentation gegenüber dem Finanzamt dahingehend ab, dass die Übertragung des 5,1 Prozent-Anteils bereits „von langer Hand geplant war”, da dies die Finanzverwaltung erst Recht animieren könnte, im Rahmen eines Gesamtplans bereits von der Steuerfolge des § 1 Abs. 2a GrEStG auszugehen.
 
Die Gesetzesänderung erfasst damit nicht nur die fiskalisch unerwünschten RETT-Blocker-Strukturen, sondern verhindert auch die gängigen Modelle zur Übertragung von Personengesellschaften. Sowohl zukünftige Erwerbsvorgänge als auch abgeschlossene Transaktionen (soweit beabsichtigt ist, auch den verbleibenden 5,1 Prozent-Anteil zu erwerben) bedürfen daher einer rechtzeitigen Anpassung.

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