Neue gesetzliche Regelungen zum Widerrufsrecht

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Am 13. Juni 2014 wird das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung in Kraft treten. Durch die europäische Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) wurden die Richtlinien 85/577/EWG (Haustürgeschäfterichtlinie) und 97/7/EG (Fernabsatzrichtlinie) zusammengeführt und überarbeitet. Die neuen gesetzlichen Regelungen enthalten wichtige Änderungen von Widerrufs- und Informationsrechten, die auch Anlegern beim Beitritt zu einem geschlossenen alternativen Investmentfonds (AIF) im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) bzw. einer Vermögensanlage im Sinne des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) zustehen können. Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die für die Fondsbranche relevanten Neuerungen.
 

Bestehende Rechtslage

Beim Vertrieb von geschlossenen KG-Beteiligungen an Verbraucher kann ein gesetzliches Widerrufsrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) bestehen, sofern ein Haustürgeschäft oder ein Fernabsatzvertrag vorliegt. Das gilt auch für geschlossene AIF. Denn bei deren Erwerb findet nach § 305 Absatz 7 KAGB nicht das spezielle investmentrechtliche, sondern das im BGB geregelte Widerrufsrecht Anwendung.
 
Der Verbraucher (Anleger) muss über sein Widerrufsrecht belehrt werden. Weil nach geltendem Recht das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften einerseits und Fernabsatzverträgen andererseits unterschiedlich ausgestaltet ist, gelten auch unterschiedliche Anforderungen an die Belehrung. Zudem müssen dem Verbraucher bislang nur bei Fernabsatzverträgen spezifische Informationen zur Verfügung gestellt werden. Diese Informationen sind beim Fernabsatz Voraussetzung für den Lauf der 14-tägigen Widerrufsfrist.
 
Auf die ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ist größte Sorgfalt zu legen, weil auch bei falscher Belehrung die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt. In diesem Fall könnte ein Anleger also auch noch nach Jahren seinen KG-Beitritt wirksam widerrufen und bereits vor Ablauf der festen Laufzeit seiner Anlage ein Auseinandersetzungsguthaben in Höhe des aktuellen Wertes der Beteiligung verlangen. In der Praxis verwenden die Emissionshäuser regelmäßig die im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) geregelten Muster-Widerrufsbelehrungen, die für Haustürgeschäfte und Fernabsatzverträge unterschiedliche Textbausteine vorsehen. Obwohl die Musterbelehrungen im Hinblick auf die Darstellung des Widerrufsrechts und der Widerrufsfolgen unzulänglich sind, ist deren Verwendung aus Gründen der Rechtssicherheit dringend zu empfehlen. Denn es gilt eine Fiktion der korrekten Belehrung bei Verwendung der gesetzlichen Muster.
 

Neue Rechtslage ab dem 13. Juni 2014

Durch das neue Gesetz treten anstelle der Bestimmungen für die bislang geregelten „Haustürgeschäfte” Vorschriften für „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge”. Dabei wird künftig für die beim Fondsvertrieb relevanten Fälle nicht mehr darauf abgestellt, dass der Verbraucher (Anleger) in seiner Privatwohnung oder an seinem Arbeitsplatz zum Vertragsabschluss bestimmt worden ist. Vielmehr knüpfen die neuen Bestimmungen im Allgemeinen daran an, dass der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers (Emissionshaus oder Vertriebsgesellschaft) verhandelt oder abgeschlossen wurde. Der Gesetzesbegründung zufolge wird der Anwendungsbereich dadurch erweitert und die bisherigen Haustürgeschäfte sollen in den Neuregelungen aufgehen.
 
Kennzeichnend für die neue Rechtslage ist, dass die Verbraucherrechte bei Fernabsatzverträgen und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen weitgehend angeglichen werden. So finden die besonderen Regelungen für Finanzdienstleistungen, die bislang nur bei Fernabsatzverträgen gelten, auch bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen Anwendung. Darüber hinaus sind bei beiden Vertragstypen künftig dieselben Informationspflichten zu erfüllen, die im EGBGB im Einzelnen festgelegt sind. Inhaltlich bestehen keine wesentlichen Unterschiede gegenüber den bereits heute vorgeschriebenen Verbraucherinformationen für den Fernabsatz. Neu ist allerdings, dass die mitgeteilten Informationen Vertragsbestandteil werden, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird.
 
Auch das Widerrufsrecht wird einheitlich für Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen für geschlossene Verträge geregelt. Damit verbunden ist, dass künftig für beide Vertragsarten dieselbe Widerrufsbelehrung verwendet werden kann. Dementsprechend hält das EGBGB ab dem 13. Juni 2014 eine einheitliche Muster-Widerrufsbelehrung bereit.
 

Ausblick

Derzeit bestehen sehr große Rechtsunsicherheiten in Bezug auf die gesetzlichen Widerrufsrechte von Verbrauchern. Deshalb ist es zu begrüßen, dass der Gesetzgeber die Widerrufs- und Informationsrechte neu strukturiert hat und damit für mehr Rechtsklarheit sorgt. Insbesondere stellt die Vereinheitlichung der Verbraucherrechte bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen für den Vertrieb von geschlossenen AIF und Vermögensanlagen eine erhebliche Erleichterung dar. Dies wird künftig helfen, Fehler bei der korrekten Widerrufsbelehrung des Anlegers zu vermeiden.
 
Angesichts der gewaltigen Veränderungen, welche die Fondsbranche mit der Einführung des KAGB derzeit erlebt, ist diese gesetzliche Neuerung weitgehend unbemerkt geblieben. Emissionshäuser, die derzeit neue Fonds konzipieren oder bereits aufgelegte Produkte über den 12. Juni 2014 hinaus vertreiben wollen, müssen sich rechtzeitig darauf einstellen und ihre Vertriebe entsprechend schulen.

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Meike Farhan

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