Totalgewinnprognose bei geplanter Verschenkung eines Personengesellschaftsanteils

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In seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (IV B 63/13) nimmt der BFH zu der Frage Stellung, ob eine Totalgewinnprognose bei einer Anteilsschenkung an einer Personengesellschaft vorliegen muss und welche Aspekte bei der Ermittlung dieser zu berücksichtigen sind.
 
Der Antragsteller war im Streitjahr 2004 über eine Treuhandkommanditistin an der D-KG, einem gewerblich geprägten Medienfonds, mit einer Pflichteinlage von 200.000 Euro beteiligt. Die Pflichteinlage wurde in Höhe von 70.000 Euro über einen Darlehensvertrag fremdfinanziert. Aufgrund der Fondskonzeption wurde den Gesellschaftern in den ersten beiden Beteiligungsjahren Verluste zugewiesen, die aus den Verwertungserlösen der Filmrechte im Rahmen der geplanten Fondslaufzeit wieder ausgeglichen werden sollten. Über die gesamte Fondslaufzeit wurde ein Totalüberschuss erwartet. Von Seiten der X-Bank gab es eine Garantie, dass den Anlegern zumindest die erbrachte Kommanditeinlage zurückgezahlt wird. Neben seiner Beteiligung an der D-KG war der Antragsteller bereits noch an drei weiteren (geschlossenen) Medienfonds (A-KG, B-KG, C-KG) beteiligt. Der Antragsteller war seit 1997 als leitender Angestellter bei der X-Bank bzw. bei Tochtergesellschaften der X-Bank tätig. In der Zeit vom 31. Juli 2003 bis 30. Juli 2009 war er Geschäftsführer der F-GmbH, die die Initiatorin sowie Komplementärin aller vier Medienfonds war. Mit Wirkung zum 31. Dezember 2008 schenkte er seinen minderjährigen Kindern, die gleichzeitig die zur Finanzierung der Beteiligungen bestehenden Darlehensverträge übernahmen, die Anteile an der C-KG und an der D-KG. Zum 31. Dezember 2002 hatte er bereits seinen Kindern die Anteile an der A-KG und B-KG geschenkt. Aus allen Beteiligungen hatte er zuvor Verlustanteile zugewiesen bekommen, aus der Beteiligung an der D-KG insgesamt 212.040 Euro. Für das Streitjahr stellte das Finanzamt (nachfolgend „FA“) als Antragsgegner zunächst im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) für den Antragsteller aus seiner Beteiligung an der D-KG erklärungsgemäß einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 198.088 Euro fest. Das FA änderte im Rahmen einer bei der D-KG durchgeführten Außen- und Steuerfahndungsprüfung unter Reduzierung des Gesamtverlusts den Gewinnfeststellungsbescheid 2004 und erließ am 25. März 2011 gegenüber dem Antragsteller einen negativen Feststellungsbescheid 2004 mit der Begründung, dass aufgrund der bereits von Anfang an geplanten Schenkung der Beteiligung dem Antragsteller die Absicht zur Erzielung positiver Einkünfte aus der Beteiligung fehle. Er hätte die in den ersten Jahren der Kommanditbeteiligung anfallenden Verluste zur Verrechnung mit anderen Einkunftsarten genutzt und die in den Folgejahren anfallenden Erträge durch die Kinder, die ansonsten über keine weiteren Einkünfte verfügen, versteuern lassen. Der Antragsteller legte gegen den negativen Feststellungsbescheid fristgerecht Einspruch ein und beantragte am 9. Mai 2011 die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Über den Einspruch ist noch nicht entschieden. Das FA lehnte den Antrag auf AdV mit Bescheid vom 18. Mai 2011 ab. Über den gegen die Ablehnung der AdV am 31. Mai 2011 eingelegten Einspruch ist bisher ebenfalls noch nicht entschieden worden. Der Antragsteller beantragte daraufhin am 19. Februar 2013 die AdV des negativen Feststellungsbescheids beim Finanzgericht (FG). Mit Beschluss vom 2. Mai 2013 lehnte das FA den Antrag ab und ließ die Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) zu. Im Rahmen seiner Beschwerde begehrte der Antragsteller AdV des negativen Feststellungsbescheides und argumentierte, dass das FG zu Unrecht angenommen habe, dass er sich ohne Gewinnerzielungsabsicht an der D-KG beteiligt habe. Den Entschluss, seine Anteile schenkweise auf seine Kinder zu übertragen, habe er erst zu einem späteren Zeitpunkt gefasst und dementsprechend erst vier Jahre nach Erwerb übertragen. Mit der Schenkung der Beteiligung an die Kinder habe ein Beitrag für deren Ausbildung geleistet werden sollen. Außerdem sei er im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs von einem zukünftigen Erfolg der Beteiligung überzeugt gewesen. Aus rechtlichen Gesichtspunkten könne die Gewinnerzielungsabsicht des Übertragenden aufgrund der Übertragung der Beteiligungen auf Dritte (zum Beispiel Kinder) nicht widerlegt werden. Es müsse vielmehr bei unentgeltlicher Übertragung von einer Gewinnerzielungsabsicht ausgegangen werden, wenn in einem zusammengefassten Prognosezeitraum (Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger) von einem Totalgewinn auszugehen sei.
 
Im Rahmen seiner Urteilsbegründung führt der erkennende Senat aus, dass er bei der gebotenen summarischen Betrachtung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht hat und setzt die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes aus. Nach Auffassung des Senats ist es in rechtlicher Hinsicht zweifelhaft, ob einem Gesellschafter einer Personengesellschaft die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht fehlt, wenn er plant, die Beteiligung nach Erzielung eines erwarteten Anteils am Verlust und vor der Erzielung erwarteter Gewinnanteile an Angehörige zu verschenken, und ob bei Bejahung dieser Frage die Übernahme von zum Erwerb der Beteiligung aufgenommenen Darlehen durch den Beschenkten zu einem Gewinn des Übertragenden führt, der im Rahmen der für ihn anzustellenden Totalgewinnprognose zu berücksichtigen wäre. Nach ständiger Rechtsprechung muss sowohl auf der Ebene der Personengesellschaft als auch auf der Ebene des Gesellschafters Gewinnerzielungsabsicht bestehen, damit ein Gesellschafter an den aus der Personengesellschaft bezogenen Einkünften beteiligt und deshalb in die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der Personengesellschaft einzubeziehen ist. Gewinnerzielungsabsicht liegt vor, wenn der Gesellschafter für die Dauer seiner Beteiligung und unter Einschluss eines Gewinns im Zusammenhang mit der Beendigung der Beteiligung einen Totalgewinn erstrebt. Die Gewinnerzielungsabsicht kann nur die Erzielung eines Totalgewinns in eigener Person betreffen. Im Fall eines sogenannten Generationenbetriebs hat der Senat es jedoch für möglich gehalten, die Totalgewinnprognose auch auf einen Rechtsnachfolger des Steuerpflichtigen zu erstrecken – allerdings lag der zugrundeliegenden Norm eine streng objekt- und einkunftsquellenbezogene Konzeption zugrunde. Im vorliegenden Fall ist die Frage, ob der maßgebliche Zeitraum für die Totalgewinnprognose nicht auf die Zeit bis zur unentgeltlichen Übertragung zu beschränken ist, nicht abschließend geklärt worden.
 
Des Weiteren führt der Senat in seiner Urteilsbegründung aus, dass im vorliegenden Streitfall der Antragsteller möglicherweise bis zur Übertragung der Beteiligung gar keinen Totalverlust aus der Beteiligung erzielt hat. Denn bisher ist unberücksichtigt geblieben, dass die Kinder nicht nur die Beteiligung sondern auch die Darlehensschulden im Sonderbetriebsvermögen übernommen haben. Somit hätten die Kinder insgesamt wohl ein negatives Betriebsvermögen übernommen, das aus dem beinahe durch die Verlustzuweisungen aufgezehrten Kapitalkonto in der Gesamthandsbilanz als auch aus dem Darlehen im Sonderbetriebsvermögen bestand. Dies könnte mit der Übertragung eines Gesellschaftsanteils mit negativem Kapitalkonto vergleichbar sein, wodurch ein Gewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos entstehen kann. Auch könnte die Schuldübernahme als Gegenleistung für die Übertragung der Gesellschaftsanteile beurteilt werden und könnte insoweit zur Gewinnerzielung aus der Anteilsübertragung führen. 
 
Nach Auffassung des Senats ist außerdem aus tatsächlicher Hinsicht zweifelhaft, ob der Antragsteller seinen Anteil an der D-KG entsprechend ursprünglicher Planung vollständig auf seine Kinder übertragen hat und deshalb davon auszugehen ist, dass im Rahmen der Totalgewinnprognose keine späteren Gewinnanteile mehr zu berücksichtigen sind. Soweit nur von einer teilweisen Übertragung auszugehen ist, würde dies einerseits bedeuten, dass künftige Gewinnanteile in die Berechnung des Totalgewinns einzubeziehen sind. Andererseits bestünde auch eine Abhängigkeit des im Zusammenhang mit der Übertragung entstehenden Gewinns vom Umfang der übertragenen Anteile. 
 
Aufgrund seiner dargestellten Ausführungen hat der Senat antragsgemäß die Vollziehung des angefochtenen negativen Feststellungsbescheids bis einen Monat nach Ergehen einer Entscheidung über den anhängigen Einspruch ausgesetzt.

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Christina König

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