Zur Rechtsmissbräuchlichkeit eines Herausgabeanspruchs von Anlegerdaten

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Das OLG Bamberg hat in einem Urteil vom 20. Januar 2014 (Az. 4 U 200/12) Indizien für die Annahme einer konkreten Missbrauchsgefahr von Anlegerdaten dargelegt, bei deren Vorliegen ein Anspruch auf Herausgabe unter dem Aspekt der Rechtsmissbräuchlichkeit abzulehnen ist.
 
Das Thema „Herausgabe von Anlegerdaten” beschäftigt die Gerichte bereits seit einiger Zeit. Zuletzt hat der BGH mit zwei Urteilen vom 5. Februar 2013 (Az. II ZR 134/11 und II ZR 136/11; siehe dazu unseren Fonds-Brief vom April 2013) entschieden, dass sowohl unmittelbar beteiligte Anleger als auch über einen Treuhänder beteiligte Anleger einen Anspruch darauf haben, dass ihnen Namen und Anschriften der jeweils anderen Anleger (Mitgesellschafter) mitgeteilt werden, wenn die Treugeber im Innenverhältnis den unmittelbar beteiligten Gesellschaftern gleichgestellt sind. Dabei rechtfertigt nach Ansicht des BGH eine allein abstrakt vorliegende Gefahr des Missbrauchs der Daten nicht, die Namen und Anschriften der Mitgesellschafter zu verheimlichen. Das OLG Bamberg greift die Rechtsprechung des BGH auf und bietet erste Anhaltspunkte für die Annahme einer konkreten Gefahr des Datenmissbrauchs, die zur Ablehnung des Herausgabeanspruchs berechtigt.
 
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte sich über einen Treuhänder mittelbar, gemäß Gesellschaftsvertrag den direkt beteiligten Gesellschaftern im Wesentlichen gleichgestellt, an einer Publikumsfondsgesellschaft beteiligt. Mit seinem Klagebegehren verfolgte er die sofortige Rückabwicklung seiner Beteiligung. Darüber hinaus begehrte er die Mitteilung der Namen und Anschriften von mehreren tausend Mitgesellschaftern direkt an seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt. Der dafür von ihm zu tragende Kostenaufwand überstieg dabei die Höhe seiner eigenen Beteiligung.
 
Das OLG Bamberg hat einen Herausgabeanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung und des Schikaneverbots abgelehnt. Das Gericht nimmt eine konkrete Gefahr des Missbrauchs der verlangten Anlegerdaten zum Zwecke der Mandatsakquisition an. Dies ergebe sich bereits aus dem Umfang der angefragten Daten der Mitgesellschafter sowie dem offensichtlichen Missverhältnis zwischen der relativ geringen Höhe der Beteiligung des Klägers und dem zu erstattenden Kostenaufwand für die begehrte Auskunftserteilung. Das Begehren des Klägers nach einer schnellen Rückabwicklung seiner Beteiligung sei mit der kostenintensiven Übersendung von Daten mehrerer tausend Anleger nicht in Einklang zu bringen. Nach Überzeugung des Gerichts habe der Kläger kein eigenes Interesse an einer Kommunikation mit seinen Mitgesellschaftern. Die direkte Datenübermittlung an den bevollmächtigten Rechtsanwalt lege vielmehr ein kollusives Zusammenwirken auf Klägerseite nahe, mit der Zielsetzung, die erlangten Daten ausschließlich oder jedenfalls vorrangig für eine anwaltliche Mandatsakquisition zu verwerten.
 
Die Revision wurde nicht zugelassen. Mithin kann eine höchstrichterliche Entscheidung hinsichtlich der Rechtsmissbräuchlichkeit des Auskunftsbegehrens nicht herbeigeführt werden. Das Urteil des OLG Bamberg macht deutlich, dass der vom BGH zugestandene Anspruch auf Herausgabe von Anlegerdaten kein pauschales Auskunftsrecht gewährt. Im Einzelfall sollte daher genau geprüft werden, ob Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr des Missbrauchs von Anlegerdaten vorliegen. Vorbehaltlich weiterer obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung liegen dazu nun erste Hinweise vor.

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Dr. Christian Conreder

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