Neues BFH-Urteil und BMF-Schreiben zur umsatzsteuerlichen Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen

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Mit dem heute veröffentlichten Urteil vom 11. Dezember 2013 (Az. XI R 21/11) befasste sich der Bundesfinanzhof (BFH) abermals mit der umsatzsteuerlichen Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen. Strittig war, ob der Kläger nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für sogenannte Bauleistungen schuldet.
 
Im Streitjahr 2007 war der Kläger überwiegend als „Bauträger” tätig. In diesem Jahr bezog er von einem „Bauleister” Rohbauarbeiten für ein Wohn- und Geschäftshaus. Für die geleisteten Arbeiten erteilte der Bauleister zunächst Abschlagsrechnungen, in denen er auf die angeforderten Abschlagszahlungen § 13b UStG anwandte und den Kläger auf eine Steuerschuldnerschaft als Leistungsempfänger hinwies. Der Kläger meldete die Umsatzsteuer aus den Umsätzen des Bauleisters in seinen Umsatzsteuer-Voranmeldungen an und führte diese ab.
 
In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 4. Quartal 2007 (Zeitpunkt der Schlussrechnung) erklärte der Kläger die erhaltenen Bauleistungen, für die er als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schulde, mit einer negativen Bemessungsgrundlage, denn der Bauleister habe ihn von Anfang an zu Unrecht gemäß § 13b UStG als Steuerschuldner angesehen, weil im Vorjahr weniger als 10 Prozent seiner Umsätze Bauleistungen gewesen waren, was nach Abschnitt 13b.3 Abs. 1 und 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) Voraussetzung für die nachhaltige Erbringung von Bauleistungen sei. Erst bei der Erteilung der Schlussrechnung habe er den Fehler bemerkt.
 
Das beklagte Finanzamt war jedoch nach Durchführung einer Außenprüfung der Ansicht, dass der Kläger als Bauträger gemäß § 13b UStG als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für die an ihn erbrachten Bauleistungen schulde und wies den Einspruch des Klägers durch Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück. Auch das Finanzgericht wies die Klage ab.
 
Die Revision vor dem BFH ist jedoch begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Finanzgericht. Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass das Finanzgericht bei seiner Entscheidung noch nicht die neuere Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 22. August 2013, Az. V R 37/10; siehe auch Fonds-Brief direkt vom 27. November 2013) berücksichtigen konnte. Danach ist § 13b UStG dahingehend einschränkend auszulegen, dass es für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Dazu sind nun vom Finanzgericht weitere Feststellungen zu treffen.
 
Nach § 13b Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 4 UStG ist der Leistungsempfänger von Bauleistungen nur dann Steuerschuldner, wenn er selbst Bauleistungen erbringt. Durch die neue Rechtsprechung wird der Anwendungsbereich des § 13b UStG erheblich eingeschränkt. Zudem wendete sich der BFH gegen die Meinung der Finanzverwaltung, in dem er wesentliche Punkte des Abschnitts 13b.3 UStAE verwarf. Im Ergebnis ist der Leistungsempfänger nur dann Schuldner der Umsatzsteuer der von ihm in Auftrag gegebenen Bauleistungen, wenn er die an ihn erbrachten Leistungen seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Damit hat der BFH nun klargestellt, dass ein Bauträger keine Bauleistungen erbringt und damit nicht mehr Steuerschuldner im Sinne des § 13b UStG ist.
 
Auf das oben genannte Urteil hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit Schreiben vom 5. Februar 2014 (IV D 3 - S 7279/11/10002) Stellung bezogen. Bei der Beurteilung, ob der Leistungsempfänger Bauleister ist, kommt es nicht mehr auf den Anteil der ausgeführten bauwerksbezogenen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Sinne des § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG an den insgesamt von ihm erbrachten steuerbaren Umsätzen an. Es kommt somit zur Aufgabe der sogenannten 10 Prozentgrenze. Der Abschnitt 13b.3 Abs. 2 des UStAE ist mit Veröffentlichung des Schreibens im Bundessteuerblatt seit dem 14. Februar 2014 in seiner vorhergehenden Fassung nicht mehr anzuwenden. Der Absatz 2 wurde wie folgt neu gefasst: „Dem leistenden Unternehmer steht es frei, den Nachweis mit allen geeigneten Belegen und Beweismitteln zu führen, aus denen sich ergibt, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die an ihn erbrachte Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Legt der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer eine im Zeitpunkt der Ausführung einer Bauleistung gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke für diesen Umsatz vor, gilt diese als Indiz dafür, dass der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Leistung seinerseits für eine Bauleistung verwendet.”
 
Die neue Verwaltungsanweisung ist für alle nach dem Tag der Veröffentlichung des BMF-Schreibens im Bundessteuerblatt ausgeführten Bauleistungen anzuwenden. Der Bauleister hat demnach eine Rechnung an Bauträger, die selbst keine Bauleistungen erbringen, mit Umsatzsteuer auszustellen und diese abzuführen. Beruft sich der Leistungsempfänger (Bauträger) zu einem späteren Zeitpunkt auf das oben genannte BFH-Urteil und fordert die bereits abgeführte Umsatzsteuer zurück, genießt der leistende Unternehmer (Bauleister) insoweit laut BMF-Schreiben keinen Vertrauensschutz aus § 176 Abs. 2 AO und hat die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Es bleibt abzuwarten, ob Klagen bezüglich des Vertrauensschutzes folgen und wie diesbezüglich entschieden wird.

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Hannes Zerbin, LL.M. (London)

Diplom-Wirtschaftsjurist (Univ.)

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