BFH zur Besteuerung von Sondervergütungen vor Inbetriebnahme des Handelsschiffes

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem heute veröffentlichten Urteil (Az. IV R 19/10) entschieden, dass Sondervergütungen an Gesellschafter für Tätigkeiten im Dienst der Gesellschaft, die im Jahr vor Antragstellung auf Gewinnermittlung nach der Tonnage (§ 5a Abs. 1 EStG) geleistet wurden, dem pauschalen Gewinn hinzuzurechnen und nicht nach § 5a Abs. 3 Satz 2 EStG steuerbefreit sind. Das Urteil ist für alle geschlossenen Fonds relevant, die Handelsschiffe im internationalen Verkehr betreiben.
 
Im entschiedenen Fall ging es um eine Ein-Schiffs-Gesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG. Ihr Geschäftsgegenstand war der Betrieb des Schiffs MS „A” und alle damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte. Mit Indienststellung des Schiffes im November 2008 optierte die Gesellschaft zur sogenannten Tonnagebesteue­rung. Die Komplementärin und drei ihrer Kommanditisten erhielten im Streitjahr 2007 von der Gesellschaft ferner Vergütungen für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft (sogenannte Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Fraglich war die Einordnung dieser Sondervergütungen vor dem Hintergrund des besonderen Besteuerungsregimes der Tonnagesteuer.
 
Grundsätzlich sind Sonderbetriebseinnahmen dem Gewinn des jeweiligen Gesellschafters einer Personengesellschaft hinzuzurechnen und bei ihm steuerpflichtig. Gemäß § 5a Abs. 3 Satz 2 EStG jedoch sind Gewinne, die im Fall der Option zur Tonnagebesteuerung vor Indienststellung des Handelsschiffes erwirtschaftet werden, nicht zu besteuern. Dies sollte gemäß dem vorinstanzlichen Urteil des Finanzgerichts Hamburg (Urteil vom 26. März 2010, Az. 6 K 242/09) auch für Sondervergütungen gelten.
 
Dieses erstinstanzliche Urteil hätte im Streitfall für die Ein-Schiffs-Gesellschaft die wirtschaftlich vorteilhafte Folge gehabt, dass die vor Indienststellung des Schiffes im Dienste der Gesellschaft erzielten Vergütungen steuerfrei geblieben wären und die gesondert geregelte Steuerpflicht für Sondervergütungen in § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG erst ab dem Wirtschaftsjahr gegolten hätte, in dem der Gewinn gemäß § 5a Abs. 1 EStG nach der Tonnage besteuert worden wäre.
 
Das beklagte Finanzamt legte jedoch Revision ein und bekam mit dem heute veröffentlichten Urteil Recht. Das Finanzgerichtsurteil war danach aufzuheben, da Sondervergütungen nach Ansicht des BFH nicht von § 5a Abs. 3 Satz 2 EStG erfasst werden. Demnach sind die im Vorjahr der Antragstellung auf Gewinnermittlung nach der Tonnage geleisteten Vergütungen dem pauschal ermittelten Gewinn hinzuzurechnen. Sie erhöhen somit den in 2007 erzielten Gewinn.
 
Der BFH begründete seine Entscheidung unter anderem mit der Gesetzesbegründung zu § 5a Abs. 3 EStG, wonach der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift erreichen wollte, dass im Fall einer wirksamen Option zur Gewinnermittlung nach § 5a EStG auch die vor dem Wirtschaftsjahr der Indienststellung erzielten „Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr” im Ergebnis so besteuert werden, als wenn auch für sie schon eine Gewinnermittlung nach § 5a EStG durchzuführen wäre.
 
Wenn es dem Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 5a Abs. 3 Satz 2 EStG also darum ging, die Einkünfte aus dem Betrieb des Handelsschiffs vor Indienststellung rückwirkend ebenfalls mit der Tonnagesteuer abzugelten, sind davon aber nur die Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen zu erfassen, die bei Anwendung des § 5a EStG zu ermitteln wären. Hierzu gehören gerade nicht die Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Dafür spricht auch die Auslegung des § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG nach dessen Sinn und Zweck, wonach Vergütungen, die die Gesellschafter einer Personengesellschaft von dieser für Tätigkeiten im Dienst der Gesellschaft auf schuldrechtlicher Basis erhalten, nicht im pauschal ermittelten Gewinn nach § 5a Abs. 1 EStG enthalten sind, sondern auch während der Zeit, in der der Gewinn der Gesellschaft nach § 5a Abs. 1 EStG ermittelt wird, weiterhin nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften der §§ 4 Abs. 1, 5 EStG zu ermitteln sind und dem nach § 5a Abs. 1 EStG ermittelten Gewinn hinzugerechnet werden.
 
Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die steuerentlastende Wirkung des § 5a Abs. 1 EStG nun nicht mehr für Sondervergütungen gilt, die vor der Gewinnermittlung nach der Tonnage durch die Gesellschafter erzielt werden.

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Hannes Zerbin, LL.M. (London)

Diplom-Wirtschaftsjurist (Univ.)

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