Aufklärung oder Haftung – ein Wegweiser durch die neueste Rechtsprechung des BGH

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In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (Az: V ZR 275/12) die Haftung für Sanierungskosten auf die vorhersehbaren Renovierungskosten beschränkt, soweit diese nicht unverhältnismäßig sind. 
 
Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung stellt sich die Frage, wie der Bundesgerichtshof (BGH) überhaupt zu diesem Urteil gelangt ist. Grundlage der Entscheidung war ein Grundstückskaufvertrag, bei dem die Vorinstanzen des Bundesgerichtshofs unter anderem feststellten, dass die Verkäuferin den Käufer arglistig getäuscht hätte. Mit dem Begriff „arglistige Täuschung” wird gemeinhin eine verwerfliche Gesinnung verbunden. Nicht so die Rechtsprechung: Die „arglistige Täuschung” im Sinne der Rechtsprechung liegt nämlich schon vor, wenn zum Beispiel ein Verkäufer nicht ungefragt über solche Tatsachen aufklärt, die für die Willensbildung eines redlichen Käufers von ausschlaggebender Bedeutung sind. Hieraus wird deutlich, dass die arglistige Täuschung im rechtlichen Sinne weit früher beginnt als gemeinhin angenommen werden darf. Bereits bedingter Vorsatz reicht hierfür aus. 
 
Im Hinblick auf diese Rechtsprechung kann man sich also nicht sicher sein, dass der standardformulierte Haftungsausschluss im Lichte einer arglistigen Täuschung hält. Dabei ist über eine AGB-konforme Ausgestaltung des Haftungsausschlusses noch gar nichts gesagt. Auch hier können Fallstricke lauern. 
 
Neben dieser Durchbrechung der Haftungsbegrenzungsklauseln ist zudem zu beachten, dass in zahlreichen Grundstückskaufverträgen Garantien oder zumindest Wissenserklärungen des Verkäufers enthalten sind, zum Beispiel „Dem Verkäufer ist von Altlasten nichts bekannt.”. Wissensklauseln sind nach der Rechtsprechung des BGH ungleich gefährlichere Tretminen. Denn hier ist bereits bei einfacher Fahrlässigkeit eine Haftung eröffnet. Dogmatisch leitet der BGH die Haftung direkt aus § 280 Abs. 1 BGB ab, der aufgrund Beweislastumkehr das Verschulden des Erklärenden zunächst vermutet. Im Klartext gesprochen heißt dies: Ist eine Wissenserklärung falsch und hätte der Erklärende dies vermeiden können, haftet er. Hieran sieht man, dass bei der Aufnahme von Wissenserklärungen größte Vorsicht geboten ist. Je nach Umfang und Tiefe der Erklärungen ist die Haftung für einen nichtberatenen Verkäufer nahezu nicht handhabbar.
 
In Anbetracht dieser nahezu nicht zu bewältigenden Ausgangslage stellt sich die Frage: Wie kann ich mich hier doch schützen? Die Antwort liegt auf der Hand und erfolgt durch Rechtsgestaltung. Natürlich ist es möglich, in einem Grundstückskaufvertrag den Haftungsmaßstab, den Fahrlässigkeitsmaßstab, eine für die Haftung ausschlaggebende Kenntnis von Käufer und Verkäufer umfassend zu definieren. So ist es zum Beispiel ratsam, bei dem Verkauf einer Bestandsimmobilie neben dem Haftungsausschluss klarzustellen, dass der Verkäufer keinerlei Prüfungen vor der Veräußerung vorgenommen hat und dazu auch nicht verpflichtet war. Auf diese Weise wird ein Sorgfaltsmaßstab zwischen den Parteien vereinbart, der eine Haftung bei einfacher Fahrlässigkeit ausschließt und lediglich im Bereich der groben Fahrlässigkeit und des Vorsatzes eine Haftung begründet. Wenn man zudem festhält, dass eine entsprechende Pflicht zu einer Prüfung nicht bestand, sieht die Lage doch schon ganz anders aus. Ferner kann sich der Verkäufer natürlich dadurch schützen, dass er vor Veräußerung seinen Verwalter oder seine Unterlagen so konsultiert, dass er die entsprechenden Erklärungen rechtssicher abgeben kann. Hier wird meist auch ein Rechtsrat angezeigt sein, denn die Umstände, die laut Rechtsprechung offenzulegen sind, wird dem Verkäufer im Zweifel nur ein Rechtsanwalt sagen können.

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Harald Reitze, LL.M.

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