Der Grundsatz der Risikomischung bei geschlossenen Publikums-AIF

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Bei der Auflegung eines geschlossenen Publikums-AIF müssen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) aus Gründen des Anlegerschutzes eine Reihe zusätzlicher Anforderungen erfüllt werden. Dazu gehört auch der Grundsatz der Risikomischung gemäß § 262 KAGB, der das mit der einzelnen Investition verbundene Verlustrisiko für die Anleger reduzieren soll. Zwar hat der Gesetzgeber von einer Legaldefinition abgesehen. Der Grundsatz der Risikomischung soll jedoch erfüllt sein, wenn der geschlossene Publikums-AIF in mindestens drei im Wesentlichen gleichwertige Sachwerte investiert oder wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Streuung des Ausfallrisikos gewährleistet ist. Dabei muss nach der bislang gängigen Aufsichtspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der objektive Geschäftszweck auf die Risikomischung ausgelegt sein, eine bloß zufällige oder tatsächliche Risikomischung reicht nicht aus.
 
Als Ausnahmetatbestand darf vom Grundsatz der Risikomischung, abgesehen von Private-Equity-Beteiligungen, abgewichen werden, wenn Anteile am geschlossenen Publikums-AIF von Anlegern gehalten werden, die mindestens 20.000 Euro investieren und über den Sachverstand und die Erfahrungen eines semi-professionellen Anlegers nach dem KAGB verfügen.
 
Soweit der Ausnahmetatbestand keine Anwendung findet, muss der geschlossene Publikums-AIF die oben beschriebenen Tatbestandsalternativen einer im Wesentlichen gleichmäßigen Investition in mehrere Sachwerte oder die Streuung des Ausfallrisikos bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise erfüllen. Deren Einzelheiten sind bislang nicht abschließend geklärt und im Folgenden Gegenstand dieses Beitrags:
 
Bereits der Begriff des Sachwerts wirft Fragen auf. Dies deshalb, weil das KAGB nicht ausdrücklich konkretisiert, ob bei mehreren gleichen Investments in einem räumlichen Bereich (etwa mehrere Windkraftanlagen in einem zusammenhängenden Gebiet) jeder einzelne Investitionsgegenstand als Sachwert zu begreifen ist oder insgesamt nur ein Sachwert (dem Beispiel folgend der Sachwert Windpark) vorliegt.
 
Durch eine im Wesentlichen gleichmäßige Investition in mindestens drei Sachwerte soll gemäß der Gesetzesbegründung zum KAGB verhindert werden, dass der Grundsatz der Risikomischung umgangen wird. Eine Umgehung wäre anzunehmen, wenn ein Sachwert nahezu den gesamten Wert des geschlossenen Publikums-AIF ausmacht und die übrigen Sachwerte nicht mehr ins Gewicht fallen. Die Einschränkung „im Wesentlichen” deutet darauf hin, dass jeder Sachwert nicht zwangsläufig ein Drittel des Werts des geschlossenen Publikums-AIF ausmachen muss, sondern ein gewisser Spielraum bei der Ausgestaltung der Risikomischung gewährt wird. Zwar ermöglicht die unbestimmte Regelung der Finanzaufsicht eine Einzelfallüberprüfung, führt aber aufgrund des offenen Bedeutungsgehalts zu Rechtsunsicherheit. Dies gilt auch, wenn abweichend vom Regelbeispiel in mehr als drei Sachwerte investiert werden soll. Nach dem Wortlaut des Gesetzes müsste auch bei einer Investition in eine Vielzahl von Sachwerten deren gleichmäßige Verteilung am Wert des geschlossenen Publikums-AIF erreicht werden, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Wird dies nicht erreicht, dann könnte eine Risikomischung nur unter der Tatbestandsalternative der wirtschaftlichen Betrachtungsweise erzielt werden, obwohl eine Streuung des Ausfallrisikos bei einer Mehrzahl von Sachwerten zweifellos gegeben ist, sofern nicht einzelne Sachwerte einen überproportionalen Anteil am Gesamtwert des geschlossenen Publikums-AIF einnehmen. Besser wäre daher eine Regelung gewesen, wonach der Grundsatz der Risikomischung als erfüllt gilt, wenn in mindestens drei Sachwerte investiert wird und keiner der Sachwerte einen Anteil von etwa 35 Prozent am Gesamtwert des geschlossenen Publikums-AIF aufweist. Damit wäre der Grundsatz der Risikomischung auch bei mehreren kleinen Investments nicht in Frage gestellt und das alternative Kriterium der wirtschaftlichen Betrachtungsweise könnte dahinstehen.
 
Den vorstehenden Ausführungen kommt eine besondere Bedeutung zu, weil auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise als unbestimmter Rechtsbegriff bislang keinen klar definierten Anwendungsbereich bietet. Gemäß der Gesetzesbegründung zum KAGB müssen unterschiedliche Anlagerisiken bei einer Investition vorliegen. Dies sei etwa bei einem monofunktionalen Objekt abzulehnen, wenn es wegen seiner speziellen Nutzungsart einer Drittverwendung nicht zugänglich ist. Dazu zählen Immobilien, die aufgrund ihrer speziellen Beschaffenheit nicht ohne weiteres neu vermietet werden können. Dagegen wird im Einzelfall eine Risikomischung auch bei einem Ein-Objekt-Fonds in Betracht gezogen werden können, etwa wenn eine Gewerbeimmobilie unterschiedlichen Zwecken dient und auf diese Weise eine breite Streuung an Mietverhältnissen vorliegt. Das Ausfallrisiko wäre in diesem Fall qualitativ vergleichbar wie bei einer Investition in drei Immobilien mit jeweils nur einem Mieter.
 
Aufgrund der bislang noch bestehenden Rechtsunsicherheit sind Konkretisierungen durch die Finanzaufsicht wünschenswert, um den betroffenen Emissionshäusern in absehbarer Zeit Planungssicherheit zu ermöglichen. Dies könnte durch Festlegung der oben angesprochenen Wertobergrenze für die einzelnen Sachwerte eines geschlossenen Publikums-AIF erreicht werden. Darüber hinaus käme eine Klarstellung in Betracht, dass die im Wesentlichen gleichmäßige Verteilung von mindestens drei Sachwerten am Wert des geschlossenen Publikums-AIF lediglich die dominierende Stellung eines Sachwerts ausschließen soll, dagegen ein exakt gleiches Verhältnis der Sachwerte nicht gefordert ist.

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Dr. Christian Conreder

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