Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht

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Im Rahmen seines Urteils vom 26. Februar 2014 (II R 54/12) nimmt der Bundesfinanzhof (BFH) zur Frage Stellung, wann ein einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht vorliegt. Dem Urteil liegt nachfolgender Sachverhalt zugrunde:
 
Die Kläger erwarben am 23. September 2011 von V ein unbebautes Grundstück und schlossen noch am selben Tag mit I einen Vertrag über die Bebauung des Grundstücks ab. Das Finanzamt setzte zunächst auf Grundlage des Kaufpreises für das unbebaute Grundstück die Grunderwerbsteuer fest. Als es später von dem Bebauungsvertrag Kenntnis erlangt hatte, änderte es den Grunderwerbsteuerbescheid und legte für die Bemessung der Grunderwerbsteuer das bebaute Grundstück zugrunde und erhöhte entsprechend die Grunderwerbsteuer. Im Rahmen der Vorabentscheidung ging das Finanzgericht davon aus, dass das Finanzamt zu Unrecht ein einheitliches Vertragswerk angenommen habe und begründete sein Urteil damit, dass V und der für ihn auftretende Makler (M) nicht mit der I aufgrund von Abreden durch abgestimmtes Verhalten zusammengearbeitet hätten, um auf die Bebauung des von den Klägern erworbene Grundstück hinzuwirken. V habe I vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages nicht gekannt und lediglich das Grundstück veräußern wollen. Auch führt das Finanzgericht weiter aus, dass M lediglich der I die Bewerbung des Grundstücks mit deren Bebauungskonzept erlaubt habe und den Klägern auch keine Vorgaben hinsichtlich der Bebauung gemacht habe, so dass kein einheitlicher Erwerbsgegenstand vorliege.
 
Nach Auffassung des Finanzamtes liegt jedoch ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vor, da ein Komplettangebot für ein bebautes Grundstück zu einem bestimmten Preis vorliegt, das die Kläger angenommen haben und beantragt, die Entscheidung des Finanzgerichts aufzuheben.
 
Nach Auffassung des BFH ist die Revision begründet, weil entgegen der Auffassung des Finanzgerichts das Grundstück in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs war. Zunächst wird durch das zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gemäß § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nach der anzusetzenden Gegenleistung richtet, bestimmt. Liegen jedoch weitere Vereinbarungen vor, die in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichem Zusammenhang mit dem Erwerb und der Bebauung des Grundstücks stehen, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand unter der Voraussetzung, dass die Veräußererseite zur Bebauung verpflichtet ist. Es ist im Rahmen des Einzelfalls zu ermitteln, ob ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen besteht. Nach Auffassung des BFH ist ein solcher objektiv sachlicher Zusammenhang gegeben, wenn ein Erwerber beim Abschluss des Grundstückskaufvertrages gegenüber der Veräußererseite seine Entscheidung über das „Ob” und „Wie” der Baumaßnahmen nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten werde. Ein weiteres Indiz hierfür ist, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrages über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude zu einem Festpreis anbietet und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit geringen Abweichungen annimmt. Ein einheitlicher Gesamtpreis und ein Angebot in einem Schriftstück sind hierfür nicht erforderlich. Auch steht dem einheitlichen Erwerbsgegenstand „bebautes Grundstück” der maßgebende Einfluss der Erwerberseite auf die Vorplanung bis annähernd zur Baureife nicht entgegen.
 
Nach Auffassung des BFH können auf Veräußererseite auch mehrere Personen als Vertragspartner auftreten, so dass sich die Ansprüche des Erwerbers auf Übereignung des Grundstücks und auf Errichtung des Gebäudes zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten können. Entscheidend ist, dass der Grundstückskaufvertrag in ein Vertragsgeflecht miteinbezogen ist, das unter Berücksichtigung aller Umstände darauf gerichtet ist, dass dem Erwerber als einheitlicher Erwerbsgegenstand das Grundstück in bebautem Zustand verschafft wird. Der BFH geht davon aus, dass das regelmäßig der Fall ist, wenn auf der Veräußererseite auftretende Personen entweder personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind oder aufgrund von Abreden bei der Veräußerung zusammenarbeiten oder durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrages als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken und insbesondere Angebote über Grundstücke und Bebauung abgeben. Zwischen den auf der Veräußererseite verbundenen bzw. auftretenden Personen muss kein schriftlich abgeschlossener Vertrag vorliegen. Auch muss das abgestimmte Verhalten auf der Veräußererseite für den Erwerber nicht erkennbar sein. Eine Feststellung des abgestimmten Verhaltens auf Veräußererseite anhand objektiver Merkmale ist ausreichend. Insofern liegt im vorliegenden Fall ein einheitlicher Erwerbsgegenstand „bebautes Grundstück” vor.

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Christina König

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