BGH zur Rückforderung gewinnunabhängiger Auszahlungen bei Schiffsfonds

PrintMailRate-it
Mit Urteil vom 1. Juli 2014 (Az.: II ZR 73 / 12) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Beteiligungsgesellschaft nicht gewinngedeckte Auszahlungen vom Anleger nur dann zurückfordern kann, wenn dies im Gesellschaftsvertrag eindeutig so geregelt ist.
 
Eine Anlegerin beteiligte sich an einer Kommanditgesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Erwerb und der Betrieb eines Containerschiffes war. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass – unter Vorbehalt vorhandener Liquidität – die Beteiligungsgesellschaft unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn oder Verlust jährlich einen Betrag in Höhe von 5 % des Kommanditkapitals an die Gesellschafter auszahlen sollte. Dieser Betrag war auf ein „Darlehenskonto“ zu buchen. Im Übrigen fehlte es an Vorschriften, welche Konten zu führen und welche Buchungen für die jeweiligen Konten vorgesehen waren. Des Weiteren war geregelt, dass, sofern ein Gesellschafter auf diese Entnahmen verzichtete, für ihn insoweit „die Bildung der Darlehensverbindlichkeit“ entfallen sollte. Als sich im Zuge der Finanzkrise 2008 die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb des Containerschiffes verschlechterten, kündigte die Geschäftsführung der Beteiligungsgesellschaft die als „Darlehen zu behandelnden gewinnunabhängigen Ausschüttungen“ und forderte die Kommanditisten zur Rückzahlung auf. Die Anlegerin leistete der Zahlungsaufforderung keine Folge.
 
Anders als die Vorinstanzen hat der BGH im Sinne der Anlegerin entschieden. In seiner Urteilsbegründung erläutert das Gericht zunächst, dass der Kommanditist gemäß § 169 Absatz 1 Satz 2 Handelsgesetzbuch (HGB) zwar grundsätzlich nur einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns der Gesellschaft hat, aber hiervon abweichend der Gesellschaftsvertrag gewinnunabhängige Auszahlungen in Form einer festen Kapitalverzinsung regeln kann. Im Allgemeinen bestehen dem BGH zufolge bei solchen Auszahlungen keine Rückzahlungspflichten, auch wenn dies für den Kommanditisten dazu führt, dass der geleistete Kapitalanteil unter die bedungene Einlage herabgemindert wird. Denn es gibt bei der Kommanditgesellschaft keinen im Innenverhältnis wirkenden Kapitalerhaltungsgrundsatz. Die Gesellschafter können vielmehr frei gestalten, ob und wie erbrachte Einlagen zurückgewährt werden können.
 
Damit kommt es nach dem BGH entscheidend darauf an, wie der Gesellschaftsvertrag im Hinblick auf gewährte, nicht durch Gewinne gedeckte Auszahlungen auszulegen ist. Im Rahmen dieser Auslegung ist zu berücksichtigen, dass Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften generell nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt auszulegen sind und einer ähnlichen Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen. Hieraus folgert das Gericht, dass sich für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter die mit dem Beitritt verbundenen Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben müssen. Im entschiedenen Fall war dem BGH zufolge dem Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft jedoch nicht eindeutig zu entnehmen, dass gewinnunabhängige Auszahlungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung standen. Allein aus den im Zusammenhang mit solchen Zahlungen verwendeten Begriffen „Darlehenskonto“ und „Darlehensverbindlichkeit“ lässt sich keine Forderung der Beteiligungsgesellschaft gegen den Gesellschafter auf Rückgewähr schließen. Im Einzelnen führt der BGH aus, dass sich diese Regelungen auch umgekehrt so verstehen lassen, dass das „Darlehenskonto“ eine Forderung des Gesellschafters gegen die Beteiligungsgesellschaft ausweisen und eine „Darlehensverbindlichkeit“ zugunsten des Gesellschafters begründet werden sollte, sofern der Gesellschafter auf die Entnahme verzichtet und den Auszahlungsbetrag auf dem „Darlehenskonto“ stehenlässt. Schließlich betont der BGH, dass es naheliegend gewesen wäre, im Gesellschaftsvertrag die Voraussetzungen zu regeln, unter denen der Gesellschafter zur Rückgewähr der Auszahlungen verpflichtet sein sollte, wenn diese unter dem Vorbehalt einer Rückforderung hätten stehen sollen. Zudem wäre es widersprüchlich, über einen längeren Zeitraum regelmäßige Zahlungen aus Liquiditätsüberschüssen zu leisten, wenn diese jederzeit wieder entzogen werden könnten.
 
Dieses BGH-Urteil dürfte für eine Reihe von Schiffsfonds von Bedeutung sein, die unter Berufung auf ähnliche gesellschaftsvertragliche Regelungen im Rahmen von Sanierungskonzepten früher gewährte Auszahlungen von ihren Anlegern zurückfordern.

Kontakt

Contact Person Picture

Meike Farhan

Rechtsanwältin

Associate Partner

+49 40 22 92 97 – 5 33

Anfrage senden

Profil

Weitere Informationen

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu