Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen verfassungskonform?

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In der gestern veröffentlichten Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. Juni 2014 (Az. I R 70/12) stritten die Beteiligten über die Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e) Gewerbesteuergesetz in der im Streitjahr (2008) gültigen Fassung. Die Klägerin (eine inländische GmbH) gehörte zu einer Unternehmensgruppe, die unter anderem einen Großhandel mit Einzelhandelsunternehmen betreibt. Ein Großteil dieser Einzelhandelsunternehmen hat die geschäftlichen Räumlichkeiten zu einem umsatzabhängigen Miet- / Pachtzins von der Klägerin gepachtet. Diese hat ihrerseits die Ladenlokale überwiegend selbst zu einem festen Mietzins angemietet. Lediglich in einem geringen Umfang werden eigene Immobilien der Klägerin vermietet. Entsprechend den Regelungen im Gewerbesteuergesetz hat das Finanzamt eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen vorgenommen. Dagegen wandte sich die Klägerin erfolglos mit Einspruch und anschließender Klage. Im Rahmen der Revision macht die Klägerin geltend, dass in Fällen einer gewerblichen Zwischenverpachtung die Zurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG normspezifisch eng auszulegen und nicht einschlägig sei. Zudem würde die Hinzurechnung verfassungswidrig sein, da sie den Leistungsfähigkeitsgrundsatz und das objektive Nettoprinzip nicht im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes berücksichtigt. Unternehmen mit einem hohen Bedarf an Immobilien würden gegenüber anderen Gewerbetreibenden mit einem geringeren Immobilienbedarf ohne rechtfertigenden Grund höher besteuert.
 
Der erkennende Senat hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen und darüber hinaus auch eine Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnungsregelung verneint. Der BFH ist zunächst der Ansicht, dass der Gewinn der Klägerin zutreffend um ein Viertel der Summe aus 13/20 der Miet- und Pachtzinsen (also um insgesamt 16,25%) für die Benutzung der Liegenschaften, die im Eigentum eines anderen standen, erhöht wurden. Maßgeblich für eine solche Hinzurechnung nach diesem Buchstaben ist die steuerliche Zuordnung dieser Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters unter der Annahme, dass er (fiktiv) Eigentümer wäre. Im Streitfall dienten die Immobilien auf Dauer der betrieblichen Tätigkeit der Klägerin, wobei die in der Klageschrift vorgebrachte gewerbliche Zwischenverpachtung der Immobilien der Hinzurechnung nicht entgegensteht. Aus dem Gesetz lassen sich nach Ansicht des BFH keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass solche Zwischenvermietungen nicht bei einer Hinzurechnung zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist lediglich die Anmietung und Nutzung der Immobilie beim (Erst-) Mieter (hier: Klägerin) Die Tatsache, dass die angemieteten Ladengeschäfte lediglich „durchgeleitet” werden, ist hingegen nicht entscheidungsrelevant.
 
Darüber hinaus sieht der BFH keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung eines Teils der gezahlten Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG. Dabei stützt sich der Senat auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, die die Gewerbesteuer als solche verfassungsrechtlich nicht beanstandet hat. Der Einwand, dass insbesondere Unternehmen, die vergleichbar wie die Klägerin mit hohem Fremdkapitaleinsatz arbeiten und deshalb nur geringe Gewinne oder gar Verluste erzielen, so dass sie aufgrund der Hinzurechnungen dennoch der Gewerbesteuer unterliegen (Substanzbesteuerung), wird durch den BFH nicht geteilt. Vielmehr liegt ein solches Ergebnis in der Natur einer „ertragsorientierten Objektsteuer”. Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen auf Grundstücksmieten und -pachten sind ebenso wenig wie eine gesetzgeberisch gebotene Typisierung und Pauschalierung der Höhe des Hinzurechnungsbetrags verfassungsrechtlich angreifbar.
 
Damit sollte die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Hinzurechnungen von Miet- und Pachtzinsen ausreichend geklärt sein. Zwar werden nach der Rechtslage nur 12,5 % (statt 16,25 % wie im Streitfall) hinzugerechnet, aber dennoch kann dies zu einer gewerbesteuerlichen Belastung von Unternehmen führen, die vorrangig eine Weitervermietung von Immobilien betreiben.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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