Gewinne aus Aktienverkäufen sind mit der pauschalen Gewinnermittlung nach der Tonnage abgegolten

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Das Finanzgericht Hamburg hat mit Urteil vom 4. Juni 2014 (Az. 2 K 175/13, veröffentlicht am 30. September 2014) entschieden, dass von der pauschalen Gewinnermittlung nach der Tonnage (§ 5a EStG) auch Gewinne aus Aktienverkäufen abgegolten sein können, wenn die Aktien als Surrogat für die Charterforderung erworben wurden und von Anfang an die Absicht bestand, sie zeitnah zu veräußern.
 
Geklagt hatte eine Schiffsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG), die ein Containerschiff betreibt. Das Schiff wurde von der KG mit einem Zeitchartervertrag an eine Reederei verchartert. Mit der Reederei war eine feste tägliche Charterrate für das Schiff vereinbart worden. Im Laufe der Finanz- und Wirtschaftskrise geriet die Reederei jedoch zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Als sie die Charterraten nicht mehr vollständig bedienen konnte, kürzte sie die Raten einseitig. Kurz danach wurde ein Sanierungskonzept für die Reederei entwickelt, das zu der sogenannten Restrukturierungsvereinbarung führte. Das Konzept sah im Kernpunkt eine Kapitalerhöhung bei der Reederei vor. Neben den Kapitalerhöhungen der Gesellschafter und weiterer Investoren wurde vereinbart, dass auch die beteiligten Schiffsgesellschaften – darunter auch die KG – Aktien an der Reederei übernehmen sollten. Diese Aktienübernahme war verbunden mit einer abweichenden Vereinbarung über die Bezahlung der Charterraten. Die Schiffsgesellschaften sollten ihre Charterraten nun zu einem Teil aus Geld und zu einem anderen Teil aus Aktien der Reederei erhalten.
 
Die KG hatte bereits bei der Ausgabe der Aktien die Entscheidung getroffen, diese zeitnah zu veräußern. Deshalb wurden die Aktien auch als Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens erfasst. Mit der anschließenden Veräußerung der Aktien hat die KG einen Gewinn erzielt, der sich aus Wechselkursdifferenzen ergab. Der in der Restrukturierungsvereinbarung festgelegte Übernahmewert der Aktien konnte nicht erzielt werden. Der Aktienerlös wurde aber nicht an die Gesellschafter ausgezahlt, sondern wurde als Chartereinnahme behandelt. Er diente dabei unter anderem zur Bezahlung von Vergütungen für die Geschäftsbesorgungen Dritter. 
 
Die KG ermittelt ihren Gewinn gemäß § 5a EStG nach der Tonnage ihres Schiffes. Sie erklärte für das Streitjahr 2011 auf dieser Grundlage Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit ihrer Steuererklärung machte sie geltend, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Aktien von der Gewinnermittlung nach § 5a EStG mit abgegolten sei. Denn mit der Annahme der Aktien habe sie ein Grundgeschäft zum Schiffsbetrieb verwirklicht, durch das die Aktien zum Schiffsbetriebsvermögen angeschafft worden seien. Die wenig später vorgenommene Veräußerung stelle ein Nebengeschäft zum Schiffsbetrieb dar, so dass der Veräußerungsgewinn mit dem pauschal ermittelten Gewinn nach § 5a Abs. 1 EStG abgegolten sei.
 
Das beklagte Finanzamt folgte dem nicht. Ihrer Ansicht nach fehlt es gerade an einem Zusammenhang mit dem Betrieb des Handelsschiffes. Die Erlöse aus dem Verkauf der Aktien entfielen weder direkt auf den Betrieb des Handelsschiffes noch stelle der Aktienverkauf ein Hilfs- oder Nebengeschäft dar, das unmittelbar mit dem Einsatz des Handelsschiffes zusammenhänge. Der gegen den Steuerbescheid eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
 
Das Finanzgericht folgte hier jedoch der Ansicht der Schiffsgesellschaft. Von der pauschalen Gewinnermittlung ist der streitgegenständliche Gewinn aus der Veräußerung der Aktien der Reederei mit erfasst und somit abgegolten. Durch die Übernahme der Aktien wurde nach dem Sinn und Zweck der Restrukturierungsvereinbarung ein Teil der eigentlich zu zahlenden Charterforderungen der KG erfüllt. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise stellte die Aktienübereignung eine Leistung an Erfüllung statt im Sinne von § 364 Abs. 1 BGB dar, die zu einem Erlöschen der ursprünglichen Charterforderungen geführt hat. Die Aktien gingen damit als Surrogat für einen Teil der Charterforderungen in das Betriebsvermögen der KG ein. Sie stellten eine Einnahme dar, die sich - wie die ursprüngliche Charterforderung - aus dem Betrieb des Schiffes ergab.
 
Das Finanzgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde, also die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts zuzulassen, wurde von der Beklagten nicht erhoben. Das Urteil ist somit rechtskräftig und sorgt nun insbesondere bei Schiffsfondsgesellschaften für mehr Rechtssicherheit.

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Hannes Zerbin, LL.M. (London)

Diplom-Wirtschaftsjurist (Univ.)

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