Ermittlung der Gewerbesteuer – Entlastung nach § 35 EStG

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Die Klägerin erzielte im Streitjahr aus der Beteiligung an verschiedenen Kommanditgesellschaften gewerbliche Einkünfte, für die ihr eine Steuerermäßigung nach § 35 Einkommensteuergesetz (EStG) zusteht. Sie stritt mit dem zuständigen Finanzamt über die Frage, ob der Steuerermäßigungsbetrag im Rahmen der sogenannten „unternehmerbezogenen” oder der „betriebsbezogenen” Betrachtungsweise zu berechnen ist. Während die Klägerin diese Entlastung aufgrund der unternehmerbezogenen Betrachtung vorgenommen hat, nahm das zuständige Finanzamt hingegen die Vergleichsrechnung für jede von der Klägerin gehaltene Beteiligung gesondert vor (betriebsbezogene Auslegung). Diese Vorgehensweise führte zu einem für die Klägerin ungünstigeren Ergebnis, weil die jeweiligen Beteiligungen in verschiedenen Gemeinden mit unterschiedlich hohen Gewerbesteuer-Hebesätzen lagen.
 
Gegen diese Auslegung durch das Finanzamt hat die Klägerin Klage erhoben, die jedoch das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 24. Oktober 2014 (Az. 4 K 4048/12E) abwies.
 
Der Senat stellte fest, dass diese Streitfrage aufgrund des Wortlauts der Regelung in § 35 EStG nicht eindeutig geregelt ist und daher durch die Rechtsprechung auszulegen sei. Durch die Vorschrift in § 35 EStG soll dem Steuerpflichtigen eine Einkommensteuerentlastung gewährt werden, wenn er – wie im Streitfall – aufgrund von Beteiligungen an anderen Personengesellschaften gewerbliche Einkünfte erzielt. Durch gewerbliche Beteiligungen erzielt der Steuerpflichtige Einkünfte, die im Ergebnis sowohl mit Gewerbesteuer als auch mit Einkommensteuer belastet sind. Diese Doppelbesteuerung bei gewerblichen Einkünften soll durch die Gewährung eines typisierenden Steuerermäßigungsbetrags gemäß § 35 EStG gemindert werden. Ziel ist es, die Ertragsteuerbelastung eines solchen Gesellschafters der eines nicht gewerblichen Unternehmers anzugleichen.
 
Die gesetzlich vorgesehene Gewerbesteuer-Entlastung beträgt im Entscheidungsfall das 3,8-fache des jeweils festgesetzten, anteiligen Gewerbesteuermessbetrags auf Ebene der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft. Der zu ermittelnde Ermäßigungshöchstbetrag ist jedoch gesetzlich auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer der jeweiligen Personengesellschaft (hier: Kommanditgesellschaft) beschränkt. In Abhängigkeit der Berechnung sowohl des Entlastungsbetrags als auch des Höchstbetrags der Gewerbesteueranrechnung (tatsächliche Gewerbesteuer) können sich unterschiedlich hohe Vergünstigungen für den Steuerpflichtigen ergeben. Während bei der „unternehmerbezogenen” Betrachtungsweise die Summe der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuerbeträge aller Einkunftsquellen (das heißt, es werden die Steuerbeträge aus sämtlichen Beteiligungen berücksichtigt), wird bei der sogenannten „betriebsbezogenen” Auslegung die Begrenzung jeder einzelnen Beteiligung gesondert ermittelt.
 
Im Schrifttum werden diese beiden unterschiedlichen Ansätze ebenfalls kontrovers beurteilt. Das Finanzgericht Münster spricht sich eindeutig für eine betriebsbezogene Betrachtungsweise aus, sodass die Ermäßigung für jede einzelne Beteiligung zu ermitteln ist. Dies entspräche auch dem Objektcharakter der Gewerbesteuer, der insoweit Einfluss auf die einkommensteuerrechtliche Tarifvorschrift in § 35 EStG nimmt.
 
Da die Frage, ob die Begrenzung der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuer betriebsbezogen oder unternehmensbezogen zu berechnen ist, bisher nicht durch den Bundesfinanzhof geklärt und auch in der Praxis von Bedeutung ist, wurde die Revision zugelassen.
 
Da auch Fondsanleger Beteiligungen an verschiedenen inländischen gewerblichen Beteiligungsfonds halten können (zum Beispiel Flugzeugfonds, Windparkfonds, Vermietungsfonds, etc.), die jeweils einer unterschiedlich hohen Gewerbesteuerbelastung unterliegen, hat die Entscheidung des Finanzgerichts Münsters für die Höhe seines ansetzbaren Steuerermäßigungsbetrags gemäß § 35 EStG praktische Relevanz und sollte daher berücksichtigt werden.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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