Haftung von „beauftragten” Gründungs- und Treuhandkommanditisten

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Wenn ein Fonds schlecht läuft, durchsuchen Anteilszeichner und spezialisierte Anlegeranwälte zumeist die Prospekte und sonstige Zeichnungsunterlagen nach Fehlern, um sich von der Kapitalanlage wieder trennen zu können. Bislang waren es die Initiatoren, die Vermittler und sogenannte Sachwalter, die von solchen Klagen bedroht wurden, aber durch zwei in jüngerer Zeit ergangene Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) wurde der Kreis der haftenden Personen erweitert.
 
Gründungskommanditisten (Urteil vom 14. Mai 2012, Az. II ZR 69/12) und Treuhandkommanditisten (Urteil vom 9. Juli 2013, Az. II ZR 193/11) sollen eigene Aufklärungspflichten gegenüber den Kapitalanlegern haben und außerdem soll ihnen der Vertrieb sowie dessen Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB zugerechnet werden. Das birgt gerade für Dienstleister, die solche Aufgaben in einem Fondsmodell übernehmen, das Risiko in sich, dass sie gegenüber Anlegern nicht nur für die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer laufenden Aufgaben sondern auch aufgrund vorvertraglicher Pflichten für die Vollständigkeit und Richtigkeit der vor der Zeichnung erlangten Informationen einstehen müssen, diesen also auf Rückabwicklung der Kapitalanlage haften.
 
Diese Urteile haben zu Recht in der Branche Unruhe und Sorgen ausgelöst, aber wie meistens lohnt es sich, genauer hinzuschauen und im jeweiligen Einzelfall das vermeintliche „Gottesurteil” des BGH in Frage zu stellen – oder besser: Mit geeigneter Differenzierung auf die Fälle zu begrenzen, die der BGH damit wirklich erfassen wollte. So ist es uns gelungen, für eine Gründungs- und Treuhandkommanditistin die Klage eines Anlegers abzuwehren – und dies immerhin vor einer Spezialkammer für Kapitalanlagesachen des Landgerichts Berlin (Urteil vom 11. November 2014, Az. 4 O 443/13). Der Fall war durch folgendes charakterisiert:
 
Der KG-Fonds war von einer großen Bank konzipiert und auch vertrieben worden. Diese Initiatorin erstellte auch den Zeichnungsprospekt, ließ diesen durch einen Dritten prüfen und etliches mehr, sie übernahm aber nicht selbst (bzw. durch eine mit ihr verbundene Gesellschaft) die Funktion der Gründungskommanditistin, sondern schloss dazu einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit einer eigenständigen, von Steuerberatern geführten GmbH ab, die die Fondsgesellschaft mit einem KG-Vertrag gründete. Die gleiche GmbH übernahm auch im Auftrag der Bank die Aufgabe der Treuhandkommanditistin, die in der Folge mit den einzelnen Kapitalanlegern Treuhandverträge abschloss, durch die diese sich mittelbar als (Treugeber-)Kommanditisten an der Fonds-KG beteiligten. Ein Anleger wollte sich wie eingangs beschrieben vom Fonds lösen und verklagte neben der Bank die GmbH. Er beanstandete neben angeblichen Prospektmängeln vor allem, durch die Bank nicht darüber aufgeklärt worden zu sein, dass die Beteiligung für ihn in seinem hohen Alter nicht geeignet gewesen sei.
 
Die Klage wurde gegen beide Beklagte abgewiesen, weil die Vorwürfe des Klägers nicht einmal gegenüber der Bank berechtigt waren. Das Landgericht Berlin hat es sich aber nicht nehmen lassen, die Klageabweisung gegenüber der Gründungs- und Treuhandkommanditistin auch deshalb abzuweisen, weil es die Bank nicht als deren Erfüllungsgehilfin einstufte. Die GmbH habe sich im konkreten Fall nicht der Bank bedient und diese zu Verhandlungen mit Anlegern ermächtigt:
 
Zwar ist die Beklagte zu 2) Gründungsgesellschafterin. Allerdings wurde der Fonds vorliegend unstreitig nicht von der Beklagten zu 2) sondern von der Beklagten zu 1) aufgelegt, die dann die Beklagte zu 2) mit verschiedenen Aufgaben, insbesondere als Treuhandkommanditistin, betraute. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Beklagte zu 2) Geschäftsherrin der Beklagten zu 1) gewesen sei, vielmehr war das Verhältnis der beiden umgekehrt.
 
Diese Entscheidung ist sehr zu begrüßen und vor allem vor dem Hintergrund auch dogmatisch gerechtfertigt, wie die Prospekthaftung in den 1970er Jahren entstanden ist. Das dafür grundlegende BGH-Urteil vom 14. April 1975 (Az. II ZR 147/73) ist tatsächlich gegenüber einem Gründungsgesellschafter ergangen – aber mit der Begründung, dass er der Initiator der Beteiligungsgesellschaft war und Anleger gerade diesen gegenüber typischerweise das für den Beitritt entscheidende Vertrauen haben (sogenanntes typisiertes Vertrauen). Im Gegensatz zu einem solchen Gründungskommanditisten sollten alle anderen beim Beitritt des Anlegers schon vorhandenen Mitgesellschafter dem neu Eintretenden gegenüber gerade nicht haften, obwohl sie beim Abschluss seines Beitrittsvertrags seine Vertragspartner wurden und ihm vom Grundsatz her als solche auch zu einer vorvertraglichen Aufklärung verpflichtet wären. Ihre Haftung hat der BGH mit der Begründung verneint, dass der neue Gesellschafter der „anonymen Masse” von Mitgesellschaftern kein Vertrauen entgegenbringe, sondern eben „typischerweise” nur dem durch seine Initiatorenrolle geprägten Gründungsgesellschafter.
 
Die so entstandene bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung ist als sogenannte Prospekthaftung im engeren Sinne von der mittlerweile entstandenen spezialgesetzlichen Prospekthaftung ihren eigentlichen Anwendungsbereich praktisch verdrängt worden (vergleiche dazu Schmitt, DStR 2013, 1688). Da das Gesetz kurze Verjährungsfristen und verschärfte Haftungsanforderungen mit sich gebracht hat, suchen immer mehr Kläger ihr Heil in der sogenannten Prospekthaftung im weiteren Sinne, was nichts anderes ist als die immer im Vertragsrecht geltende culpa in contrahendo (§§ 280 I, 282, 241 II, 311 II BGB). Man sucht sich diejenigen als Haftende heraus, mit denen ein Vertrag geschlossen wurde oder diejenigen, die sich persönlich an Vertragsverhandlungen beteiligt und dabei um ihr persönliches (nicht typisiertes!) Vertrauen geworben haben.
 
Um persönliches Vertrauen geht es bei den „beauftragten” Gründungs- und Treuhandkommanditisten zweifellos nicht. Bleibt die Frage, ob sie allein deshalb haften sollen, weil sie bei der Konstruktion des Fonds als mittelbare Beteiligung als Gründungs- oder Treuhandkommanditisten mit dem Anleger in eine direkte vertragliche Beziehung geraten sind. Dies hat in der Entscheidung vom 14. April 1975 hinsichtlich der (anonymen) Mitgesellschafter nicht genügt und es ist bei dem Wertegefüge der Haftung bei Kapitalanlagen nur schwer zu rechtfertigen, die mit einer rein formellen Funktion befassten „beauftragten” Gründungs- und Treuhandkommanditisten mit einer Haftung zu belasten, die sogar über diejenige eines nicht am Vertragsabschluss beteiligen Initiators hinausgeht, der „nur” nach der spezialgesetzlichen Prospekthaftung, also wesentlich milder haftet, als wenn ihn die Haftung aus § 311 BGB trifft.
 
Der Gründungs- und Treuhandkommanditist wurde vom Gesetzgeber nicht einmal zum haftenden Personenkreis bei der spezialgesetzlichen Prospekthaftung erkoren und diese Wertung haben auch die Gerichte zu berücksichtigen, wie es das Landgericht Berlin getan hat. Ein Widerspruch zu den beiden genannten BGH-Urteilen ist dadurch nicht entstanden, denn dort wurden besondere Einzelfälle entschieden. Der am 9. Juli 2013 entschiedene Fall war zum Beispiel dadurch geprägt, dass der dortige Treuhandkommanditist selbst eigene KG-Anteile und nicht nur Anteile für Treugeber hielt. Der BGH hat ausdrücklich offen gelassen, wie der Fall ausschließlicher Treuhandtätigkeit zu bewerten wäre. Außerdem wurde auf den dort gegebenen Umstand abgestellt, dass der Treuhänder nicht von jedem Einfluss auf die Vertragsgestaltung und die Einwerbung von neuen Gesellschaftern ausgeschlossen war.
 
Neben all dem dürfte für den BGH der konkrete Aufklärungsmangel entscheidend gewesen sein. Den Anlegern war vorenthalten worden, dass der Initiator und Geschäftsführer der Fondsgesellschaft mehrfach wegen Vermögensdelikten vorbestraft war. Ohne dass dies explizit aus dem Urteil hervorgeht, wird der sicher nicht ganz unberechtigte Vorwurf gegenüber dem Treuhänder eine Rolle gespielt haben, dass dieser seine Dienste solch einem unseriösen Vertragspartner zur Verfügung gestellt hat. Das ist gewiss kein branchentypischer Fall und deshalb sind in anderen Fällen durchaus Urteile gerechtfertigt, wie sie jetzt beispielsweise vom Landgericht Berlin gefällt wurden.

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Stephan Schmitt

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