ESMA veröffentlicht Stellungnahme und Hinweis zum Crowdfunding

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Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat am 18. Dezember 2014 eine Stellungnahme und einen Hinweis zum Thema Crowdfunding veröffentlicht. Crowdfunding (auch Schwarmfinanzierung) bietet Initiatoren von Projekten die Möglichkeit, zum Beispiel über Crowdfunding-Plattformen, im Internet an ein großes Publikum heranzutreten, neue Ideen vorzustellen und Kapital von typischerweise nicht professionellen Anlegern einzuwerben. Dabei unterscheidet man in der Praxis im Wesentlichen zwischen vier Modellen: Spendenbasiertes Crowdfunding, gegenleistungsbasiertes Crowdfunding, kreditbasiertes Crowdfunding (auch Crowdlending) und Crowdinvesting. Aufsichtsrechtlich sind insbesondere das sogenannte Crowdlending und das sogenannte Crowdinvesting von Relevanz. Der Schwerpunkt der Stellungnahme und des Hinweises der ESMA liegt allerdings auf dem sogenannten Crowdinvesting, bei welchem der Geldgeber eine Beteiligung am Gewinn des finanzierten Produkts bzw. sonstige Anteile oder Schuldinstrumente erwirbt.
 
An das Crowdfunding, als Möglichkeit der Einwerbung von Kapital, haben die EU sowie ihre Mitgliedstaaten bei der Schaffung ihrer aufsichtsrechtlichen Regelungen meist nicht gedacht, weshalb eine Einordnung in die bestehenden Strukturen oft schwer fällt. Um die Marktteilnehmer hierbei zu unterstützen und um einen regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Gleichlauf in den Mitgliedstaaten herbeizuführen, zeigt die ESMA in ihrer Stellungnahme an die nationalen Behörden sowie in ihrem Hinweis an die EU-Kommission auf, welche europarechtlichen Vorschriften derzeit für die Regulierung von Crowdfunding in Betracht kommen und welche Praxis sich in diesem Bereich in den verschiedenen Mitgliedstaaten entwickelt hat. Zu den potentiell anwendbaren europarechtlichen Vorschriften, auf die die ESMA in ihrer Stellungnahme näher eingeht, gehören insbesondere die Vorschriften der Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II), der Prospektrichtlinie (Prospectus Directive – PD), der Marktmissbrauchsrichtlinie, der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (Alternative Investment Fund Managers Directive – AIFMD) sowie der Verordnungen über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF-VO) und über Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA-VO).
 
Laut ESMA entstehen Investitionsrisiken beim Crowdinvesting hauptsächlich dadurch, dass es sich bei den Investitionsprojekten um kleinere Gesellschaften, unter anderem Start-up Unternehmen, mit einer hohen Misserfolgsquote und typischerweise nicht notierten Sicherheiten handelt. Gefahren und Risiken bergen aber ebenfalls bereits das Anbieten der Investitionsmöglichkeit über eine Internet-Plattform, zum Beispiel durch Funktionsstörungen oder die Möglichkeit schlichten Entfernens des Angebots. Anleger wünschen sich deshalb klarere Regelungen in diesem Bereich. Viele Crowdfunding-Plattformen strukturieren ihre Crowdfunding-Modelle jedoch derzeit so, dass aufsichtsrechtliche Regelungen auf sie keine Anwendung finden, um den daraus resultierenden regulatorischen Anforderungen nicht genügen zu müssen. Zumeist sind diese Anforderungen aber bei weitem nicht so umfangreich wie befürchtet. Dieses Missverständnis soll aufgeklärt werden. Auch soll eine Einhaltung regulatorischer Vorgaben attraktiver gestaltet werden. Ein Aspekt ist bereits, dass nur bei Anwendbarkeit der aufsichtsrechtlichen Regelungen von der Möglichkeit eines europaweiten und somit grenzüberschreitenden Crowdfundings profitiert werden kann.
 
Der deutsche Gesetzgeber hat die Notwendigkeit einer Sonderregelung für Crowdfunding-Modelle, insbesondere für das Crowdinvesting, erkannt und diese Erkenntnis in den Gesetzesentwurf zum Kleinanlegerschutzgesetz vom 12. November 2014 (siehe unser Beitrag im Fonds-Brief Dezember 2014) einfließen lassen. Der Entwurf enthält deshalb eine Ausnahme von der Prospektpflicht für Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen, wenn im Wege des Crowdfundings über eine Internet-Plattform nicht mehr als 1.000.000 Euro eingeworben werden und der einzelne Anleger maximal 1.000 Euro investieren kann. Legt der Anleger allerdings eine Selbstauskunft vor, in welcher er darlegt, dass er über ein frei verfügbares Vermögen von mindestens 100.000 Euro verfügt oder nicht mehr als den zweifachen Betrag seines durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens investiert, so kann er sogar bis zu 10.000 Euro anlegen, ohne dass eine Prospektpflicht besteht.
 
Es bleibt abzuwarten, wie sich die nationale und europäische Gesetzgebung in diesem Bereich entwickeln wird. Darüber halten wir Sie selbstverständlich auf dem Laufenden.

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