BFH: Abgeltungsteuer – kein Abzug der tatsächlichen Werbungskosten bei Günstigerprüfung

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In einem gestern veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 28. Januar 2015 (Az VIII R 13/13, Pressemitteilung Nr. 20 vom 11. März 2015) hatte der BFH darüber zu entscheiden, ob bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen im Rahmen der Besteuerung nach der sogenannten Günstigerprüfung der Abzug von tatsächlich entstandenen Werbungskosten zulässig ist.
 
Der Kläger war testamentarischer Alleinerbe der im Jahr 2010 verstorbenen A. Im Streitjahr 2009 war der Kläger aufgrund eines Treuhandvertrages unter anderem als Vermögensverwalter für die betagte A tätig. Für die Verwaltung des Vermögens zahlte A dem Kläger eine Vergütung in Höhe von etwa 7.100 Euro.
 
A hatte im Jahr 2009 neben Renteneinkünften Einnahmen aus Kapitalvermögen von über 30.000 Euro. In ihrer Einkommensteuererklärung 2009 beantragte A die sogenannte Günstigerprüfung und die Berücksichtigung der Vergütung des Klägers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
 
Nach § 32d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) beträgt der Steuersatz bei Einkünften aus Kapitalvermögen im Regelfall 25% (Abgeltungsteuer). Dabei ist allerdings der Abzug von tatsächlich entstandenen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen. Es kann lediglich ein Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 EUR für Einzelveranlagte geltend gemacht werden. Hat der Steuerpflichtige einen tariflichen Steuersatz von unter 25%, so kann der Steuerpflichtige gemäß § 32d Abs. 6 EStG die Besteuerung nach seinem tariflichen Steuersatz beantragen (Günstigerprüfung).
 
A beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung 2009 die Günstigerprüfung und die Berücksichtigung der tatsächlichen Werbungskosten. Das Finanzamt verweigerte in dem Bescheid für 2009 die Berücksichtigung der Werbungskosten.
 
Der Kläger, als Rechtsnachfolger der inzwischen verstorbenen A, legte daraufhin (Sprung-)Klage bei dem Finanzgericht Baden-Württemberg ohne einen vorherigen Einspruch ein. Das Finanzgericht folgte der Rechtsauffassung des Klägers (Urteil vom 17. Dezember 2012, Az. 9 K 1637/10). Nach Ansicht des Finanzgerichtes seien die tatsächlichen Werbungskosten bei der Günstigerprüfung anzusetzen, da § 32d Abs. 6 EStG dahingehend verfassungskonform auszulegen sei.
 
Bei der nun durch das Finanzamt eingereichten Revision vor dem BFH urteilte der zuständige Senat anders als das Finanzgericht. Nach dem BFH sei das Gesetz eindeutig. Nach dem Wortlaut des Gesetzes in § 32d Abs. 6 und § 20 Abs. 9 EStG soll auch bei der Günstigerprüfung die einschränkende Regelung zum Verbot des Abzugs der tatsächlich entstandenen Werbungskosten Anwendung finden.
 
Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung hat der BFH keine Bedenken. Das Gesetz müsse wortgetreu ausgelegt werden. Eine abweichende Auslegung sei nur möglich, wenn eine wortgetreue Auslegung zu einem sittenwidrigen Ergebnis führen würde.
 
Die Anwendung der Vorschriften § 32d Abs. 6 und § 20 Abs. 9 EStG führe jedoch nach Ansicht des Senats aus folgenden Gründen zu keinem sittenwidrigen Ergebnis. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung eine Vereinfachung erreichen und tat dies in der Gesetzesbegründung kund. Der Gesetzgeber hat bewusst den Abzug von Werbungskosten ausgeschlossen.
 
Andersherum würde die Berücksichtigung von tatsächlichen Werbungskosten bei der Günstigerprüfung gegen die verfassungsrechtlich gebotene Gleichheit der Belastung führen. Denn Steuerpflichtige mit einem persönlichen Steuersatz von über 25%, bei denen die Günstigerprüfung nicht anzuwenden sei, wären durch das für sie weiterhin bestehende Verbot des Abzugs von tatsächlichen Werbungskosten dann benachteiligt.
 
Die Günstigerprüfung sei vornehmlich als Billigkeitsmaßnahme zu verstehen, mit der Steuerpflichtige, deren Steuersatz niedriger als 25% ist, eine Begünstigung erfahren. Die Günstigerprüfung solle aber nicht dazu führen, dass die derart Begünstigten vollumfänglich aus dem System der Abgeltungsteuer ausscheiden.
 
Laut einer vom Bundesministerium für Finanzen, der dem Verfahren beigetreten ist, beauftragten Untersuchung seien bei fast allen Steuerpflichtigen die tatsächlichen Werbungskosten geringer als der Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro. Daher ist die Typisierung der Werbungskosten mit 801 Euro anzuerkennen.
 
Aus diesen Gründen hob der BFH das vorinstanzliche Urteil auf und versagte den vom Kläger begehrten Abzug der tatsächlichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
 
Damit sind die tatsächlich entstanden Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen weiterhin nicht zu berücksichtigen. Ausgenommen von diesem Abzugsverbot sind nur die gesetzlich in § 32d Abs. 2 EStG geregelten Ausnahmen, wie beispielsweise bei Darlehensverträge von nahen Angehörigen.

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