BGH: Zur Anlageberatung bei spekulativen Swap-Geschäften

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In seinem Urteil vom 20. Januar 2015 (Az. XI ZR 316/13) hat der Bundesgerichtshof (BGH) zu den Pflichten eines Anlageberaters bei spekulativen Swap-Geschäften entschieden. Dabei kommt das Gericht insbesondere zu der Auffassung, dass eine beratende Bank, die selbst nicht Vertragspartner des Swap-Vertrages ist, nicht über den negativen Marktwert des Swap aufklären muss. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde.
 
Anfang 2007 wandte sich der Kläger an die beklagte Bank, um einen Währungsswap-Vertrag abzuschließen. Dabei gab er das von ihm für den Swap-Vertrag gewünschte Währungspaar (Türkische Lira und Schweizer Franken) sowie eine Laufzeit für den Vertrag vor. Im Rahmen der abgefragten Kundendaten ordnete sich der Kläger als „spekulativ” ein. Der zuständige Kundenbetreuer stellte ihm daraufhin einen Vertrag mit einer Landesbank vor, der im Folgenden abgeschlossen wurde. Während der Vertragslaufzeit wertete die Türkische Lira gegenüber dem Schweizer Franken ab, so dass sich der Barwert des Swap-Vertrags zu Ungunsten des Klägers entwickelte. 2011 verwertete die Beklagte das mittlerweile an sie als Sicherheit für einen Kredit verpfändete Fremdwährungskonto des Klägers und belastete ein weiteres Konto des Klägers in Höhe des ihr gegenüber noch offenen Restbetrages. Die Klage auf Rückzahlung hatte keinen Erfolg.
Der BGH kommt zu der Auffassung, dass die Beklagte ihrer Pflicht zu einer anleger- und objektgerechten Beratung des Klägers nachgekommen ist. 
 
Gemäß der Rechtsprechung des BGH ist die beratende Bank verpflichtet, vor Abgabe ihrer Anlageempfehlung den Wissensstand, die Erfahrungen und die Anlageziele, zu denen der Anlagezweck und die Risikobereitschaft gehören, zu erfragen. Einer Ermittlung des Wissensstandes des Kunden und einer Erläuterung aller in Betracht zu ziehenden Anlagemöglichkeiten bedarf es jedoch dann nach Auffassung des Gerichts nicht, wenn der Kunde mit deutlichen Vorstellungen von dem gewünschten Anlagegeschäft an das Kreditinstitut herantritt. In einem solchen Fall darf die Bank davon ausgehen, dass der Kunde sich über das von ihm angestrebte Anlagegeschäft bereits informiert hat und er nur insoweit noch der Beratung bedarf, als er dies ausdrücklich verlangt oder als dies aus sonstigen Umständen für sie erkennbar wird. Hier genügt die Bank ihren Beratungspflichten, wenn sie den Kunden über die von ihm in Betracht gezogenen Anlagemöglichkeiten richtig und vollständig informiert und auf sich etwa daraus ergebende Gefahren und Risiken hinweist. Vorliegend bestanden zwischen Kläger und der beklagten Bank langjährige Geschäftsbeziehungen. Der Bank war daher bekannt, dass es sich beim Kläger um einen vermögenden Geschäftsmann mit Erfahrungen in Fremdwährungsdarlehen und einfachen Swap-Geschäften handelt. Aufgrund dessen durfte die Beklagte davon ausgehen, dass dem Kläger das mit dem empfohlenen Währungsswap-Vertrag verbundene Fremdwährungsrisiko und das Risiko von Kursschwankungen bewusst war und seiner Risikoneigung entsprach, zumal nicht nur die Initiative für das streitgegenständliche Geschäft vom Kläger ausgegangen war, sondern er auch das Währungspaar und den Einstiegskurs im Verhältnis der beiden Währungen vorgegeben hatte.
 
Auch die objektgerechte Beratung beanstandet der BGH nicht. Zwar seien die Anforderungen, die insoweit an die beratende Bank zu stellen sind, bei einem riskanten Produkt wie einem Währungsswap-Vertrag hoch. Sie hängen allerdings im Einzelfall von der Komplexität und Funktionsweise des konkret empfohlenen Anlageprodukts sowie den Kenntnissen des Kunden ab. Bei dem streitgegenständlichen Swap-Vertrag handelte es sich jedoch um einen einfachen Währungsswap, bei dem wegen der Vereinbarung fester Zinssätze im Hinblick auf die wechselseitig zu leistenden Zahlungen lediglich ein dem Kläger hinreichend erläutertes und ihm bekanntes Wechselkursrisiko bestand, dessen Auswirkungen auf die einzelnen Zahlungen er börsentäglich ohne weiteres selbst errechnen konnte. 
 
Nach Auffassung des BGH war die beklagte Bank auch nicht verpflichtet, den Kläger über den negativen Marktwert des empfohlenen Swap-Vertrages aufzuklären. Dieser spiegelt nämlich nicht den voraussichtlichen Erfolg und Misserfolg des Geschäftes wider, sondern den Marktwert bei Abschluss des Vertrages, der zu diesem Zeitpunkt durch Glattstellung des Vertrages realisierbar wäre. Für den Kunden bedeutet dies, dass er zunächst die einstrukturierten Kosten erwirtschaften muss, um seinerseits in die Gewinnzone zu gelangen. Zugleich muss er bei sofortiger Lösung vom Vertrag einen Verlust in Höhe des negativen Marktwerts tragen. Nach Auffassung des BGH stellt sich diese Situation damit mit Rücksicht auf das Verlustrisiko für den Kunden nicht anders als bei sonstigen Finanzprodukten dar. Die Empfehlung eines Swap-Vertrages kann daher trotz des anfänglich negativen Marktwerts objektgerecht sein, sofern die Gewinnchancen und damit die „Werthaltigkeit” des Swaps nicht nachhaltig durch übermäßige Kosten- und Gewinnbestandteile beeinträchtigt werden. 
 
Zudem war die beklagte Bank vorliegend auch nicht Vertragspartnerin des Swap-Vertrages. In einem vergleichbaren Fall hatte der BGH entschieden, dass eine Bank, die zugleich Vertragspartnerin des Swap-Vertrags ist, im Rahmen eines daneben bestehenden Beratungsvertrags einen anfänglichen negativen Marktwert zu offenbaren hat, weil darin ein schwerwiegender, für den Kunden nicht offensichtlicher Interessenkonflikt zum Ausdruck kommt, der geeignet ist, die Interessen des Anlegers zu gefährden. Dies hatte der BGH damit begründet, dass sich eine beratende Bank bei der Empfehlung eines solchen Vertrags, bei dem der Gewinn der einen Seite der spiegelbildliche Verlust der anderen Seite ist, in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt befindet. Als Partnerin der Zinswette übernimmt sie eine Rolle, die den Interessen des Kunden entgegengesetzt ist. Als Beraterin ihres Kunden ist sie hingegen verpflichtet, dessen Interessen zu wahren und muss auf einen möglichst hohen Gewinn des Kunden bedacht sein, was einen entsprechenden Verlust für sie selbst bedeutet. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Landesbank Vertragspartnerin des Klägers gewesen. Eine Gefahr, dass die Bank ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt, besteht mithin nicht.

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Meike Farhan

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