BFH: Ergänzungsbilanz bei Anteilserwerb

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner am 4. Februar 2015 veröffentlichten Entscheidung vom 20. November 2014 (Az. IV R 1/11) entschieden, dass, wenn für den Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft eine positive Ergänzungsbilanz aufgestellt wird, die darin erfassten Anschaffungskosten so fortzuführen sind, dass der Gesellschafter soweit wie möglich einem Einzelunternehmer, dem Anschaffungskosten für entsprechende Wirtschaftsgüter entstanden sind, gleichgesellt wird. Deshalb sind AfA auf die im Zeitpunkt des Anteilserwerbs geltende Restnutzungsdauer eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens vorzunehmen. Zugleich stehen dem Gesellschafter die Abschreibungswahlrechte zu, die auch ein Einzelunternehmer in Anspruch nehmen könnte, wenn er ein entsprechendes Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Anteilserwerbs angeschafft hätte.
 
Die Klägerin und die Revisionsbeklagte (Klägerin) war eine in Liquidation befindliche KG, die den Bau und den Betrieb eines Containerschiffs zum Unternehmensgegenstand hatte. An der Klägerin war eine Vielzahl von Kommanditisten beteiligt. Das Schiff wurde zunächst degressiv, ab dem Jahr 1993 linear abgeschrieben auf der Grundlage einer Restnutzungsdauer von viereinhalb Jahren. Im Jahr 1992 bis zum 1. Januar 1995 verkauften einige Kommanditisten ihre Kommanditanteile. Die Kaufpreise lagen jeweils über dem Buchwert der Kapitalkonten der ausscheidenden Gesellschafter, so dass die übersteigenden Beträge in einer positiven Ergänzungsbilanz aktiviert wurden. Die Mehrwerte wurden korrespondierend zu der Abschreibung des Schiffs in der Gesamthandsbilanz abgeschrieben.
 
Im Rahmen einer durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass zwar grundsätzlich für die in den Ergänzungsbilanzen aktivierten Mehrwerte die gleiche Abschreibungsmethode und die gleiche Restnutzungsdauer wie in der Gesamthandsbilanz zugrunde zu legen seien. Es seien hiervon jedoch dann Ausnahmen geboten, wenn die zu erwartende tatsächliche Restnutzungsdauer wesentlich länger sei als die Restnutzungsdauer in der Gesamthandsbilanz und der gezahlte Mehrbetrag erheblich sei. Entsprechend sei bei der Abschreibung der Mehrwerte jeweils die für ein gebraucht erworbenes Schiff geltende Restnutzungsdauer anzusetzen. Der Prüfer verteilte die vorhandenen Mehrwerte in den Ergänzungsbilanzen auf eine Restnutzungsdauer von sechs bzw. fünf Jahren mit der Folge der Minderung der Abschreibungsbeträge.
 
Das Finanzamt folgte dieser Auffassung und änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheide entsprechend. Der von der Klägerin eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht gab der daraufhin von der Klägerin eingereichten Klage auf Berücksichtigung der ursprünglich angesetzten Restnutzungsdauer statt.
 
Die Revision ist begründet und führt zu der Aufhebung des vom Finanzamt angefochtenen Finanzgerichts-Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht.
 
Der BFH kommt in seiner Urteilsbegründung zu dem Ergebnis, dass das Finanzgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die in den Ergänzungsbilanzen aktivierten Mehrwerte des abnutzbaren Wirtschaftsgutes „Containerschiff” entsprechend der in der Gesamthandsbilanz der Klägerin zugrunde gelegten (Rest-)Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode abzuschreiben waren. Die Ergänzungsbilanzen waren vielmehr auf der Grundlage der Restnutzungsdauer im Zeitpunkt des Anteilserwerbs abzuschreiben. Es stand außerdem jedem Anteilserwerber das Recht zur Wahl der Abschreibungsmethode zu. Der entgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung nicht als Erwerb des Gesellschaftsanteils als Wirtschaftsgut, sondern als Anschaffung von Anteilen an den einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern zu werten.
 
Der entgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils ist laut der Urteilsbegründung im Einkommensteuerrecht grundsätzlich nicht anders zu behandeln als der Erwerb eines Einzelunternehmens. Dies hat zur Folge, dass der Kaufpreis für den Mitunternehmeranteil der Ausgangspunkt für den vom Gesellschafter erzielten Gewinn ist. Da aber bei dem Erwerb eines Mitunternehmeranteils die bestehenden Vermögensrechte aus der Beteiligung und damit auch das Kapitalkonto des Vorgängers übernommen wird, kann der Anschaffungspreis des Erwerbers für seinen Anteil am Reinvermögen der Personengesellschaft nur dargestellt werden, indem in einer für ihn aufgestellten Ergänzungsbilanz das Kapitalkonto des Veräußerers in der Gesellschaftsbilanz auf den Anschaffungspreis berichtigt wird. Somit führen die Ergebnisse aus der Ergänzungsbilanz zu einer Korrektur des Gewinnanteils, der sich aus der Gesellschaftsbilanz ergibt. Da die in der Ergänzungsbilanz erfassten Anschaffungskosten des Anteilserwerbers so fortzuführen sind, dass der Gesellschafter so weit wie möglich einem Einzelunternehmer, dem Anschaffungskosten für entsprechende Wirtschaftsgüter entstanden sind, gleichgestellt wird, kann die Auflösung der in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Anschaffungskosten nicht von der Handhabung in der Gesamthandsbilanz abhängig sein. Es sind die steuerlichen Verhältnisse in der Person des Mitunternehmers zu berücksichtigen.
 
Die AfA ist auf die neu zu schätzende Restnutzungsdauer des Schiffs vorzunehmen („Erwerb eines gebrauchten Seeschiffs”).
 
Da der Mitunternehmer dem Einzelunternehmer möglichst gleichgestellt werden soll, stehen ihm die gleichen Abschreibungswahlrechte zu.
 
Der Fall wurde an das Finanzgericht zur Neuschätzung der Restnutzungsdauer zurückverwiesen.
 
Für die steuerliche Beratungspraxis hat das Urteil zur Folge, dass bereits im Rahmen der Steuerdeklaration eine Schätzung der Restnutzungsdauer erfolgen muss. Hierbei sollte nicht zuletzt im Hinblick auf die steuerliche Außenprüfung auf eine ausreichende Dokumentation geachtet werden. Auch die Möglichkeit einer tatsächlichen Verständigung wäre zu prüfen (AEAO, Nr. 1 zu § 88 AO). Diese kann nach ständiger BFH-Rechtsprechung in jedem Stadium des Veranlagungsverfahrens getroffen werden.

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Meike Munderloh

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