Bildung einer Rückstellung und die Konsequenzen bei Wechsel der Gewinnermitt-lungsart

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16. Dezember 2014 (Az. VIII R 45/12), welches mit Datum vom 17. Juni 2015 veröffentlicht wurde, entschieden, dass bei der Bildung einer Rückstellung die objektiven Verhältnisse am Bilanzstichtag entscheidend sind und bestimmte Gründe, die gegen eine Rückstellungsbildung sprechen, von Bedeutung sind, wenn sie werterhellend sind. Darüber hinaus hat der BFH bekräftigt, dass für das Ermessen bei der Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten die (objektiven) Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen seien.
 
Die Entscheidung fiel zugunsten der Klägerin aus, welche gegen eine im Rahmen einer Betriebsprüfung geänderte Rückstellungsbildung in den Jahren 2003 und 2004 geklagt hatte.
 
Bei der Betriebsprüfung für das Jahr 2003 hatte der Betriebsprüfer die Bildung einer Rückstellung in Höhe von 467.065 Euro gefordert, dieser Betrag sei für ein bestehendes Prozessrisiko gewinnmindernd in der Bilanz zu erfassen. Die betroffene Gesellschaft (eine Kapitalgesellschaft (AG)) hatte seit Mai bzw. September 2003 aufgrund einer Klage ein offenes Verfahren vor dem Landgericht, hatte sich aber gegen die Bildung einer Rückstellung entschieden, da nach einem vorliegenden Gutachten einer Rechtsanwaltsgesellschaft keine überwiegende Wahrscheinlichkeit bestand, dass der Prozess zuungunsten der Gesellschaft entschieden werde.
 
Der Prüfer vertrat dennoch die Auffassung, dass die Rückstellung im Jahr 2003 zu bilden sei. Für die AG ergab sich im Jahr 2003 keine steuerliche Auswirkung, da die Gesellschaft ohnehin einen Verlust ausgewiesen hatte, so dass sich der Verlustvortrag erhöhte und die Körperschaftsteuer weiterhin mit Null festgesetzt wurde.
 
Vor dem Landgericht wurde im Mai 2004 ein Vergleich geschlossen, wonach sich die AG verpflichtete, einen Betrag in Höhe von 50 Prozent des strittigen Betrages, also 234.000 Euro, zu bezahlen. Der Betriebsprüfer veranlasste daher für das Jahr 2004 eine erfolgswirksame Auflösung der Rückstellung im Jahr 2004 und erhöhte den Gewinn in diesem Jahr um den Betrag von 467.065 Euro. Einspruch und Klage gegen die Steuerbescheide blieben erfolglos.
 
Im August 2004 wurde die bilanzierende AG im Rahmen einer Verschmelzung im Wege der Neugründung durch eine Partnerschaftsgesellschaft erworben, welche ihren Gewinn mit Hilfe des Betriebsvermögensvergleichs ermittelte, so dass die erfolgswirksame Auflösung der Rückstellung im Jahr 2004 nicht mehr die Sphäre der verlustbehafteten AG betraf, sondern im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Partnerschaftsgesellschaft (Personengesellschaft) auf Ebene der Gesellschafter die Einkommensteuerzahlung erhöhte. Die Partnerschaftsgesellschaft hatte die Buchwerte der AG bei der Verschmelzung übernommen und den ermittelten Überleitungsverlust in der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Jahres 2004 erklärt.
 
Folglich hatte die Bildung der Rückstellung durch die Betriebsprüfung in 2003 und die Auflösung in 2004 eine steuerschädliche Auswirkung, weshalb die Partnerschaftsgesellschaft Klage beim BFH einreichte.
 
In seinem Urteil bestätigte der BFH die Auffassung der Kläger, dass für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zwischen der Wahrscheinlichkeit des Bestehens der Verbindlichkeit und der Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme zu unterscheiden sei und die sich aus diesen Voraussetzungen ergebenden Risiken unterschiedlich und getrennt voneinander zu bewerten seien. Die für die Bildung der Rückstellung erforderliche Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme müsse einzelfallbezogen und anhand der erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden, aus Sicht des Bilanzstichtages müssen mehr Gründe für als gegen die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme sprechen.
 
Darüber hinaus sei in der Prognoseentscheidung zum Bilanzstichtag alles zu berücksichtigen, was als werterhellende Tatsache gelte. So müsse sich der Steuerpflichtige im Einzelfall auf ein Gutachten verlassen können, aus dem hervorgehe, dass das Unterliegen im Prozess eher unwahrscheinlich sei, wenn dieses im Werterhellungszeitraum bis zur Bilanzerstellung vorgelegen habe und zu dem Ergebnis komme, dass die Inanspruchnahme der Gesellschaft eher unwahrscheinlich sei.
 
Nicht zu berücksichtigen sei hingegen der im Mai 2004 vor dem Landgericht geschlossene Vergleich, da dieser als Ereignis nach dem Bilanzstichtag und damit als wertbegründende Tatsache nicht in die Prognoseentscheidung einfließen dürfe. Somit habe die Gesellschaft richtigerweise keine Rückstellung in der Bilanz zum 31. Dezember 2003 gebildet.
 
Abschließend kam der BFH zum Ergebnis, dass die Anpassung bei der Gewinnermittlungsart im Hinblick auf den Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit gebiete, dass eine Personengesellschaft, die aufgrund einer Verschmelzung an einen unzutreffenden Bilanzansatz in einer steuerlichen Schlussbilanz einer Kapitalgesellschaft gebunden sei, diesen Bilanzierungsfehler beim Wechsel der Gewinnermittlungsart erfolgsneutral korrigieren könne, wenn er sich steuerlich bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausgewirkt habe. Die durch die Betriebsprüfung vorgenommene Korrektur der Bilanz dürfe demnach nicht bei der übernehmenden Rechtsträgerin zu einem gewinnerhöhenden Korrekturposten führen.

Fonds-Brief direkt 18. Juni 2015

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Meike Munderloh

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