Aktuelle Entwicklungen beim Informationsaustausch – BMF-Entwurf eines FATCA-Anwendungsschreibens

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Die Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland haben am 31. Mai 2013 ein Abkommen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung bei internationalen Sachverhalten abgeschlossen. Der Auslöser für diesen automatischen Informationsaustausch ist in dem im Jahr 2010 erlassenen „Foreign Account Tax Compliance Act” (FATCA) des US-Gesetzgebers begründet, mit dem die USA die Steuerflucht von US-Personen ins Ausland verhindern möchte. Mit der Unterzeichnung des FATCA-Abkommens aus dem Jahre 2013 wird der automatische gegenseitige Datenaustausch steuerrelevanter Informationen zwischen den beiden Vertragsstaaten geregelt.
 
In Deutschland ansässige Finanzinstitute sind nunmehr verpflichtet, bestimmten Informations- und Meldepflichten im Hinblick auf spezifizierte Personen der USA als Kontoinhaber nachzukommen. Sofern solche meldepflichtigen Kontendaten vorliegen, muss das Finanzinstitut diese jährlich an das zuständige deutsche Bundeszentralamt für Steuern melden. Diese wird im Anschluss die erhaltenen Informationen an die US-amerikanische Finanzbehörde (IRS) weiterleiten. Im Gegenzug erhält die deutsche Finanzverwaltung annähernd vergleichbare Informationen über deutsche Kontoinhaber in den USA. Damit die deutschen Finanzinstitute die im Abkommen festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf die Beschaffung und den Austausch der festgelegten Informationen über bestimmte US-Kontoinhaber erfüllen können, wurde das FATCA-Abkommen notwendigerweise durch die sogenannte FATCA-USA-Umsetzungsverordnung vom 23. Juli 2014 in das deutsche Recht implementiert.
 
Die deutschen Finanzinstitute haben mittlerweile die notwendigen Kunden-Identifizierungsprozesse sowie System- und Prozessanpassungen durchgeführt, die Grundlage für eine umfangreiche FATCA-Compliance sind. Dennoch bestehen derzeit noch zahlreiche praktische Zweifelsfragen bei der Anwendung der einzelnen FATCA-Regelungen im Abkommen oder in der Umsetzungsverordnung, die bisher unbeantwortet geblieben sind. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) wollte sich zu diesen Zweifelsfragen eigentlich noch während der FATCA-Umsetzungsphase 2014 frühzeitig verbindlich äußern, jedoch liegt bis heute noch kein finales Anwendungsschreiben vor. Der erste BMF-Entwurf wurde am 18. Dezember 2014 den einzelnen Fachverbänden mit der Bitte um Stellungnahme zugeleitet, der jüngst zur weiteren Diskussion gestellte überarbeitete Entwurf vom Ende Juni 2015 befindet sich erst jetzt in der weiteren inhaltlichen Überarbeitung.
 
Mit dem aktuellen Entwurf präzisiert das BMF nun wichtige praktische Begriffsdefinitionen sowie Meldevereinfachungen zur Vermeidung von Doppel- oder Mehrfachmeldungen bei der Anwendung des Abkommens. Hervorzuheben ist unseres Erachtens, dass ein „Einlageninstitut” im Sinne des FATCA-Abkommens auch ohne eine Erlaubnis nach der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach Maßgabe des Kreditwesengesetzes (KWG) als meldepflichtiges Finanzinstitut qualifiziert werden kann. Im Bereich der geschlossenen und offenen Fonds wird klargestellt, dass unter dem Begriff „Investmentunternehmen” vor allem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) zu verstehen sind. Somit beschränkt sich das FATCA-Abkommen nicht nur auf die teilweise explizit erwähnten OGAW-Vehikel (Organismen für die gemeinsame Anlage von Wertpapieren), sondern vor allem auch auf die Alternativen Investmentfonds (AIF) im Sinne des § 1 KAGB. Nach der Vorstellung des BMF sollen neben den einzelnen Fondsvehikeln zugleich auch beispielsweise die externen Kapitalverwaltungsgesellschaften im Rahmen ihrer kollektiven Vermögensverwaltung zwingend ihre Meldepflichten beachten. Darüber hinaus werden noch Finanzdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1a KWG einbezogen und – eher im Rahmen einer weichen Auffangregelung – jedes andere Unternehmen, das für Dritte mit Geldmarktinstrumenten handelt, Vermögen verwaltet oder Kapital anlegt.
 
Zu einer wesentlichen Erleichterung dürfte in der Praxis die Aufzählung nachstehender Unternehmen führen, die aufgrund einer Verständigungsvereinbarung als nicht meldende Finanzinstitute angesehen werden sollen: Dabei handelt es sich unter anderem um Leasing- und Factoringgesellschaften, Förderbanken, Bausparkassen, gemeinnützige und steuerbefreite Stiftungen sowie um „Geschlossene Fonds”. Im Hinblick auf „Geschlossene Fonds” beschränkt sich diese Erleichterung nur auf solche Fondsvehikel, die gemäß ihrer Satzung eine Beteiligung von US-Steuerpflichtigen als Gesellschafter ausdrücklich ausschließen. Für diese Gruppe von Finanzinstituten ist eine Informations- und Meldepflicht im Sinne des FATCA-Abkommens ausgenommen.
 
Es bleibt zu hoffen, dass das BMF von dieser Ausnahmeregelung nicht noch bis zur Veröffentlichung des finalen Schreibens abrückt. Leider ist noch unklar, ob die Finanzverwaltung mit dieser Begünstigung für „Geschlossene Fonds” ausschließlich auf sogenannte „Altfonds” abstellen wollte, die noch vor dem Inkrafttreten des KAGB aufgelegt wurden, oder ob diese Verständigung auch sämtliche „Neufonds”, die im Einklang mit dem neuen KAGB umgesetzt sind, umfassen soll. Da auch unter den neuen aufsichtsrechtlichen Regelungen im KAGB zahlreiche Fondsgesellschaften weiterhin regelmäßig ein Beitrittsverbot von US-Steuerpflichtigen vorsehen, würde eine Ausweitung der Nichtmeldung auch auf Neufonds zielführend sein sowie weitere administrative Erleichterungen für die Fondsverwaltung bedeuten Es wäre begrüßenswert, wenn das finale BMF-Schreiben eine umfassende Erleichterung für sämtliche Geschlossene Fonds, egal ob Alt- oder Neufonds, vorsehen würde.
 
Ein für die Praxis wichtiger Punkt sind die bisherigen Regelungen im FATCA-Abkommen zur Vermeidung von Mehrfachmeldungen durch die verschiedenen beteiligten Finanzinstitute bei geschlossenen oder offenen Fondsvehikel. Da sowohl der einzelne Fonds als solcher, aber auch die Kapitalverwaltungsgesellschaft und gegebenenfalls die Treuhandgesellschaft sowie das Verwahrinstitut grundsätzlich als meldende Finanzinstitute qualifizieren, muss ein BMF-Zweifelsfragenschreiben eine klare Regelung enthalten, dass nur ein Finanzinstitut verbindlich die Meldepflichten für sämtliche Beteiligungen an dem Investmentvermögen zu erfüllen hat. Die anderen Finanzinstitute müssen als nicht meldende, FATCA-konforme Institute angesehen werden.
 
Leider sind die vorliegenden Vereinfachungsregelungen im jüngsten Entwurf-Schreiben für geschlossene Fonds noch nicht befriedigend umgesetzt. Die Rolle von Treuhandgesellschaften und sogenannten „AIF-Verwahrstellen” bleibt noch unklar. Es sollte zum Beispiel festgelegt werden, dass lediglich die Kapitalverwaltungsgesellschaft den Meldepflichten für sein verwaltetes Investmentvermögen nachkommen muss. Dieses wäre insofern konsequent, als dass auch nach Ansicht der BaFin die Anlage- und Fondsverwaltung bei der KVG anzusiedeln ist. Folglich müssten sich die anderen Beteiligten (Fondsgesellschaft, Treuhand- und/oder Verwahrgesellschaft) nicht länger in den Vereinigten Staaten und in Deutschland registrieren lassen, sofern es um dieselbe Beteiligung an dem Investmentvermögen handelt.
 
Darüber hinaus geht der aktuelle BMF-Entwurf noch auf verschiedene andere praxisrelevante Aspekte ein, wie zum Beispiel die Frage, welche verschiedenen Kontendaten abzufragen sind, wie eine EDV-gestützte Überprüfung bzw. Identifizierung von meldepflichtigen Kontodaten für spezifizierte US-Personen aussehen muss oder zu welchem Stichtag die jeweiligen Umrechnungen der Kontenstände in Fremdwährung vorzunehmen sind. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass derzeit auch die Frage diskutiert wird, welche Kontostände und –bewegungen bei Eigenkapital- oder Fremdkapitalkonten den Behörden mitzuteilen sind (zum Beispiel investmentrechtliche Rechnungslegung versus Handelsrecht).
 
Die Verschiebung des erstmaligen Meldezeitpunkts der Finanzinstitute über die US-Kontoinhaber und deren Kontostände für 2014 um einen Monat auf den 31. Juli 2015 zeigt, dass die FATCA-Compliance der Finanzinstitute eine längere Vorlaufzeit benötigt als ursprünglich gedacht. Derzeit noch bestehende Zweifelsfragen sind für diesen Prozess nicht hilfreich. Daher sollte das finale BMF-Schreiben nicht mehr lange auf sich warten lassen und die vorstehend angerissenen Themen abschließend regeln. Es ist unseres Erachtens erkennbar, dass das BMF regulatorischen Besonderheiten bei den geschlossenen Fonds Rechnung tragen möchte, was zu begrüßen ist.
 
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Diskussionen zum Thema des automatischen Informationsaustausches in Steuersachen nicht mit der Umsetzung der Anforderungen nach dem FATCA-Abkommen beendet sein werden. Deutschland hat bereits am 29. Oktober 2014 mit 50 Staaten eine multilaterale Vereinbarung zum automatischen Steueraustausch über Finanzkonten unterzeichnet, der ab 2017 erfolgen wird. Einen ersten Überblick über diese neuen Herausforderungen stellen wir Ihnen in einem gesonderten Beitrag in diesem Fondsbrief vor. Somit ist FATCA nur ein erster Schritt hin zu einen umfassenden grenzüberschreiten elektronischen Informationsaustausch über Steuerdaten aller Kontoinhaber. Hinsichtlich der weiteren Entwicklungen werden wir Sie auf dem Laufenden halten.

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Frank Dißmann

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