Ersatzbemessungsgrundlage für die Grunderwerbssteuer verfassungswidrig

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BVerfG, Beschluss vom 23.06.2015 – Az.: 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11

Werden Grundstücke nicht im Wege eines Asset Deal, sondern mittelbar bewegt (z.B. bei Umstrukturierungen oder Beteiligungskäufen) existiert kein unmittelbarer Kaufpreis für die Immobilie. Mangels Gegenleistung muss die Grunderwerbsteuer auf Basis einer sogenannten „Ersatzbemessungsgrundlage” ermittelt werden. Karlsruhe hat jetzt entschieden, dass die derzeitigen Modalitäten der Ersatzbemessungsgrundlage verfassungswidrig sind.
 
Der BFH hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein US-Unternehmen eine deutsche GmbH übernommen hatte, welche über Grundbesitz verfügte. Nach aktuellem Gesetzeswortlaut ist die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage ersatzweise nach § 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. §§ 138 ff. BewG zu ermitteln. Die Anwendung letztgenannter Bewertungsvorschriften hatte das Verfassungsgericht bereits in 2006 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als verfassungswidrig erklärt, da sie häufig zu realitätsfremden weil zu niedrigen Werten führe. Der Gesetzgeber hatte darauf ein neues pauschalisiertes Bewertungsverfahren eingeführt, nicht aber für den Bereich der grunderwerbsteuerlichen Ersatzbemessungsgrundlage. Auf erneute Vorlage des BFH erklärte das Verfassungsgericht nunmehr die Regelung der § 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. mit §§ 138 ff. BewG für gleichheitswidrig. Hauptargument ist, dass eine Ersatzbemessungsgrundlage zu ähnlichen Ergebnissen führen müsse wie die Regelbemessungsgrundlage. Als letztere gelte aber die Gegenleistung und damit üblicherweise der Verkehrswert des Grundstücks. Gleichwohl ist die Regelung der § 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. mit §§ 138 ff. BewG nicht nichtig, sondern wird für Tatbestände bis einschließlich 2008 akzeptiert. Dem Gesetzgeber wird aufgegeben, bis Mitte 2016 eine neue Regelung rückwirkend zum 01.01.2009 zu beschließen.
 

Fazit:

Aktuell kann damit Grunderwerbsteuer nach der Ersatzbemessungsgrundlage nicht erhoben werden. Für noch nicht veranlagte Umstrukturierungen o.Ä. nach 2008 ist mit einer höheren Grunderwerbsteuer zu rechnen, da ein neues Verfahren zu verkehrswertnäheren Ergebnissen kommen muss. Bereits veranlagte Fälle sollten im Rahmen des § 176 AO Vertrauensschutz genießen. Tatbestände vor 2009 sind nicht mehr betroffen.

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