Wohnraumkündigung mittels Generalklausel auf dem Prüfstand

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​BGH, Urteil vom 10.05.2017, Az.: VIII ZR 292/15

Der BGH präzisiert die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung aufgrund der mietrechtlichen Generalklausel. Danach hängen die Voraussetzungen einer Wohnraumkündigung aufgrund der Generalklausel – also insbesondere das Vorliegen des erforderlichen „berechtigten Interesses” an der Kündigung – davon ab, ob das Interesse des Vermieters am Ende des Mietverhältnisses eher mit Eigenbedarf oder eher mit einer wirtschaftlichen Verwertung des Mietobjektes vergleichbar ist. Im letzteren Fall liegen die Hürden höher.
 

In dem zugrunde liegenden Fall verlangte der Vermieter – ein eingetragener Verein – die Räumung einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Der Vermieter ist an einer Gesellschaft beteiligt, die Trägerin vielfältiger Einrichtungen mit umfassender medizinischer, sozialer, pädagogischer und rehabilitativer Betreuung ist, und welche beabsichtigt, das Gebäude zusammen mit einer Scheune unter Nutzung von Fördermitteln zu sanieren und umzubauen. Der Vermieter begründete die Kündigung damit, dass andernfalls das geplante Arbeits- und Lebensprojekt nicht realisiert werden könne. Denn die Zahlung des Investitionszuschusses von 2,1 Mio. Euro sei unabdingbar mit der Schaffung der Wohnplätze auch im Wohngebäude verbunden.
 

Der BGH erteilte diesem Vorgehen eine Absage. Im vorliegenden Fall kam nur eine Kündigung aufgrund der Generalklausel des § 573 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht. Die – im vorliegenden Fall nicht einschlägigen – typisierten Kündigungsgründe des § 573 Abs. 2 BGB geben allerdings einen ersten Anhaltspunkt für die erforderliche Interessenabwägung. Weist das Interesse des Vermieters an einer Beendigung eine größere Nähe zum Eigenbedarf auf, reicht es regelmäßig, dass die Vorenthaltung der Mieträume für den Vermieter einen „beachtenswerten Nachteil” bedeutet. Für den Fall einer geplanten wirtschaftlichen Verwertung, muss der Fortbestand des Mietvertrages für den Vermieter dagegen einen „Nachteil von einigem Gewicht” darstellen. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Die Absicht, das Objekt den Bewohnern aus Gründen der Gemeinnützigkeit zukommen zu lassen, bleibt im vorliegenden Fall nach Ansicht des BGH jedoch deutlich hinter dem Interesse beim Eigenbedarf zurück. Hinzu kam, dass der Vermieter an einem möglichen Gewinn durchaus beteiligt war und eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte, so dass die Kündigung insgesamt unwirksam war.
 

Fazit:

Sicherlich hätte dieser Fall bei entsprechender Argumentation auch anders entschieden werden können. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die jedoch aufzeigt, wie genau gearbeitet werden muss, um hier Erfolg zu haben.

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