Vorkaufsrecht für Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bestätigt

PrintMailRate-it

​OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.10.2019, Az.: 10 B 9.18

Das Land Berlin hat sein Vorkaufsrecht beim Kauf eines Grundstücks, das sich im Gebiet einer Erhaltungssatzung befindet, rechtmäßig ausgeübt.

 
In der Entscheidung ging es um ein Grundstück, welches mit einem Wohngebäude mit 20 vermieteten Wohnungen bebaut ist und im Gebiet der Erhaltungssatzung „Chamissoplatz” in Friedrichshain-Kreuzberg liegt. Eine Immobiliengesellschaft hatte das oben bezeichnete Grundstück gekauft. Nach der Erhaltungssatzung hat die Stadt in solch einem Fall jedoch ein Vorkaufsrecht, um Mieterhöhungen zu vermeiden und das soziale Milieu im Viertel zu erhalten. Nachdem das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von seinem Vorkaufsrecht zu Gunsten einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft tatsächlich Gebrauch gemacht hatte, klagte die Immobiliengesellschaft gegen die Ausübung des Vorkaufrechts.

 
Das Verwaltungsgericht Berlin hat erstinstanzlich die Klage der Immobiliengesellschaft abgewiesen und entschieden, dass der Bezirk das Vorkaufsrecht ausüben darf, weil zu befürchten sei, dass die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung ohne die Ausübung des Vorkaufsrechts im konkreten Fall gefährdet sei. Es käme nicht darauf an, dass das Grundstück gegenwärtig den Zielen der Erhaltungsverordnung gemäß genutzt werde. Vielmehr sei maßgeblich, ob die zukünftige Entwicklung deren Zielen entspreche. Nach dem Verwaltungsgericht Berlin sei dies vorliegend nicht der Fall. Das Gebiet stehe unter starkem Investitionsdruck, die Mieten seien niedrig und die Umwandlung in Eigentumswohnungen sei zu befürchten.

 
Dieser Ansicht schließt sich nun auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg an. Dem Bezirk stehe mit dem Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich von Erhaltungssatzungen ein eigenständiges Instrument zur Sicherung der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu. Dabei handle es sich nicht um eine Enteignung. Vielmehr stelle es eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar. Die Ausübung des Vorkaufs-rechts für das Mietshaus in der Nähe des Chamissoplatzes werde vor allem durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Ohne dessen Ausübung seien erhaltungswidrige Entwicklungen nach Lage der Dinge vernünftigerweise zu befürchten, insbesondere die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und bauliche Maßnahmen, die geeignet seien, über Mieterhöhungen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu verändern. Auch greife kein gesetzlicher Ausschlussgrund für die Ausübung des Vorkaufsrechts ein.

 

Fazit:

Nach dieser Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg können die Länder den Kommunen ein Vorkaufsrecht für Wohnungen einräumen. Somit ist die mögliche Ausübung von Vorkaufsrechten bei Immobilienkäufen stets zu beachten, insbesondere wie hier aus Gründen der „Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung”, wenn dies durch ein Bauprojekt tangiert werden kann. Abzuwarten bleibt, ob das Bundesverwaltungsgericht Leipzig diese Entscheidung bestätigt.

 
Hierdurch wurde eine entsprechende Landesverordnung bestätigt. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht eine Revision an das Bundesverwaltungsgericht Leipzig zugelassen.

Kontakt

Contact Person Picture

Harald Reitze, LL.M.

Rechtsanwalt, Attorney at Law (New York)

Partner

+49 911 9193 1325

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Andreas Griebel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Partner

+49 911 9193 3579

Anfrage senden

Profil

 Wir beraten Sie gern!

Deutschland Weltweit Search Menu