Schadensersatz bei coronabedingtem Bauverzug

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veröffentlicht am  05.07.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

KG, Urteil vom 24. Mai 2022, Az.: 21 U 156/21

Ein Werkunternehmer hat einen Verzug nur bei unvorhersehbaren schwerwiegenden Umständen nicht zu vertreten. Ihn trifft eine Pflicht zur bauablaufbezogenen Darstellung.


Die Beklagte verpflichtete sich durch einen Bauträgervertrag, eine Wohneinheit in Berlin für die Kläger herzustellen und an sie zu übereignen. Nach vertraglicher Regelung sollte die Wohnfläche ca. 105 qm aufweisen, wofür ein Kaufpreis von EUR 505.000,00 zu entrichten war. Die Wohnung, die eigentlich bis zum 30. Juni 2018 bezugsfertig herzustellen war, übergab die Beklagte erst am 6. Juli 2020. Im Zeitraum zwischen Juli 2018 und Juni 2020 wohnten die Kläger daher in einer Mietswohnung. Nach der verspäteten Übergabe der gekauften Wohnung zogen sie nicht ein, sondern vermieteten die Wohnung weiter. Im Rahmen der Finanzierung des Erwerbs der Wohnung entstanden den Klägern durch die Verzögerungen zusätzliche Bereitstellungszinsen. Daneben wies die Wohnung auch nur eine Fläche von 98,60 qm auf. Die Kläger verlangen von der Beklagten Schadensersatz in Höhe der für die Mietswohnung anfallenden Überbrückungsmietkosten, der zusätzlichen Bereitstellungszinsen und Kaufpreisminderung angesichts der Abweichung von der Sollgröße. Die Beklagte entgegnet, dass sie die verspätete Fertigstellung zumindest teilweise nicht zu vertreten habe, nachdem es zu Corona-Pandemie bedingten Ausfällen von Arbeitern und Baumaterialien kam.


Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Kläger haben nach §§ 280, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte wegen verspäteter Übergabe der von ihnen gekauften Wohnung. Die Beklagte geriet nach Verstreichen des vertraglich bestimmten Übergabetermins der Wohnung in Verzug, der erst mit tatsächlich erfolgter Übergabe am 6. Juli 2020 endete. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Beklagte den Verzug den ganzen Zeitraum über zu vertreten hatte und begründet seine Entscheidung wie folgt: Zwar treffe es zu, dass ein Sachleistungsschuldner wie ein Bauunternehmer für seine verspätete Leistung ggf. nicht einzustehen hat, wenn sie auf einer schwerwiegenden und nicht vorhersehbaren Änderung der wirtschaftlichen, politischen oder sozialen Rahmenbedingungen – wie etwa coronabedingten Ausfällen von Arbeitskräften und Baumaterialien – beruht. Allerdings langt die abstrakte Möglichkeit solcher Erschwernisse nicht aus, um die gesetzliche Verschuldensvermutung nach § 286 Abs. 4 BGB zu entkräften. Vielmehr müsste der Schuldner hierfür konkret darlegen können, wie sich der erschwerende Umstand auf den Ablauf des Bauvorhabens ausgewirkt hat, d.h. wie lange die Störung andauerte, welcher Arbeitsablauf durch den Umstand gestört wurde und wie dies die Fertigstellung der Arbeiten konkret beeinflusst hat.


Das Vorbringen der Beklagten genügt diesen Anforderungen nicht. Die Entlastung vom coronabedingten Verzug soll für die Beklagte nicht deshalb entfallen, weil sie zu vertreten hat, dass es durch die vorherigen Verzögerungen überhaupt erst zu coronabedingtem weiteren Verzug kommen konnte. Denn der vorherige unentschuldigte Verzug ändert nichts daran, dass sich die Corona-Pandemie tatsächlich auf das Bauvorhaben ausgewirkt hat. Jedoch trifft die Beklagte auch diesbezüglich die konkrete bauablaufbezogene Darstellungslast, die nicht erfüllt wurde. Sie berief sich nur pauschal darauf, dass ausländische Arbeiter nicht einreisen und Baumaterialen nicht rechtzeitig geliefert werden konnten und legte nicht dar, wie genau es dadurch zur konkreten Beeinträchtigung für die Fertigstellung kam. Den Klägern steht daher ein Schadensersatz in Höhe der entgangenen Mieteinnahmen für die gekaufte Wohnung und der Bereitstellungszinsen zu. Der Kaufpreis ist aufgrund Abweichung von der Sollgröße zu mindern.

 

Fazit:

Schuldner können sich auf die Corona-Pandemie als unvorhersehbaren und schwerwiegenden Umstand berufen, um sich hinsichtlich dadurch bedingter Störungen zu entlasten. Jedoch bestehen hier durchaus gewisse Anforderungen an den Vortrag. Es müssen die Umstände substantiiert dargelegt werden, damit eine Entlastung auch gerechtfertigt ist.

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