Teilungserklärung: Kein Wohnen im Gewerbeteil!

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veröffentlicht am  13.9.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 15. Juli 2022, Az.: V ZR 127/21

Besteht eine Teilungserklärung, die die klare Trennung von Wohn- und Gewerbeteil einer Anlage vorsieht, ist das Wohnen im Gewerbeteil unzulässig.


Die streitenden Parteien sind Mitglieder einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und jeweils Eigentümer einer Teileinheit in zwei benachbarten Baukörpern. Die Gemeinschaftsordnung sieht vor, dass die Wohnungen, die jeweils in den Dachgeschossen angesiedelt sind, grundsätzlich nur zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Im Einzelfall ist eine gewerbliche Nutzung mit Zustimmung des Verwalters zulässig. Die Gewerbeteile, die sich im restlichen Teil der Anlage befinden, dürfen ausschließlich für gewerbliche Zwecke genutzt werden. Die Beklagten betrieben in ihrer, im Gewerbeteil befindlichen Teileigentumseinheit eine Zahnarztpraxis, die sie schließlich zu Wohnzwecken umbauten. Die Klägerin begehrte die Unterlassung der Wohnnutzung.


Nach Ansicht des BGH steht der Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung der Wohnnutzung zu. Die Wohnnutzung der Teileigentumseinheit ist mit der Zweckbestimmung in der Gemeinschaftsordnung unvereinbar. Grundsätzlich kann eine Nutzungsart, die dem vereinbarten Zweck widerspricht, dennoch zulässig sein, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört, als die vorgesehene Nutzung. Die Wohnnutzung einer für Gewerbezwecke bedachten Einheit führt dabei nicht zwingend zu einer größeren Störung. Vielmehr muss ein Vergleich der bestimmten und der tatsächlichen Nutzung mit den Störungen, die typischerweise mit der konkreten Anlage verbunden sind, gezogen werden. Darüber hinaus müssten die Parteien diesen regelungsbedürftigen Umstand nicht geregelt, bzw. bedacht haben.


Im vom BGH entschiedenen Fall erfolgte allerdings eine klare räumliche Trennung der Wohn- und Gewerbeeinheiten. Lediglich in den Dachgeschossen sollte gewohnt werden, während die restlichen Teile der gewerblichen Nutzung unterliegen sollten. Bei typisierender Betrachtung stört die Wohnnutzung mehr als die gewerbliche, zumal diese an Sonn- und Feiertagen zumeist entfällt. Zudem ergibt die Teilungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Anhaltspunkt für eine Lücke, die der ergänzenden Auslegung zugänglich war. Während die gewerbliche Nutzung von Wohneinheiten geregelt war, konnte sich eine entsprechende Vorschrift nicht für die Nutzung von Gewerbeeinheiten zu Wohnzwecken finden. Insofern kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Erklärenden den eingetretenen Fall nicht bedacht hatten. Das Gegenteil war der Fall und eine Wohnnutzung bewusst ausgeschlossen.

 

Fazit:

In Einzelfällen können von Teilungserklärungen von Wohnungseigentümergemeinschaften Ausnahmen gemacht werden, was die Nutzung einzelner Teile angeht. Dafür muss die Erklärung einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich sein. Bei klarer Trennung des Wohn- und Gewerbeteils ist eine entgegenstehende Nutzung oft unzulässig und Unterlassungsansprüchen zugänglich.

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