Wucherähnliches Geschäft bei sale and rent back

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veröffentlicht am  20.12.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil v. 16.11.2022, Az. VIII ZR 221/21, VIII ZR 288/21, VIII ZR 290/21 und VIII ZR 436/21

„Sale and rent back”- Geschäfte können ein wucherähnliches Rechtsgeschäft darstellen.


Die beklage Gesellschaft Pfando's cash & drive GmbH betreibt bundesweit ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus. Im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit kauft sie Kraftfahrzeuge an und vermietet diese unmittelbar an die Verkäufer zurück (”sale and rent back”). Am Ende eines für sechs Monate vereinbarten Mietverhältnisses gibt sie die Kraftfahrzeuge zur öffentlichen Versteigerung, an der die ehemaligen Eigentümer teilnehmen können. Der vertraglich vereinbarte Aufrufpreis setzt sich dabei aus dem Ankaufspreis zuzüglich verschiedener weiterer Positionen wie ausstehender Mieten, nicht ersetzter Schäden und den Kosten der Versteigerung zusammen. Ein in der Versteigerung erzielter Mehrerlös soll früheren Eigentümern nach dem Mietvertrag dann nicht zufließen, wenn sie das Kraftfahrzeug selbst erfolgreich im Wege der Versteigerung erwerben. In dem nun rechtskräftig entschiedenen Fall hatte der Kunde seinen BMW, der knapp EUR 14.000,00 wert war, für 5.000 Euro verkauft und anschließend für monatlich EUR 495,00 zurückgemietet. Nachdem der Kunde die Miete nicht mehr zahlen konnte, hatte Pfando den Vertrag gekündigt und den BMW versteigert. An der Versteigerung hatte das Unternehmen selbst teilgenommen, den Wagen (Wiederbeschaffungswert von EUR 16.000,00 Euro) erworben und im Anschluss weiterverkauft.


Der BGH hat entschieden, dass kein Verstoß gegen das in § 34 Abs. 4 GewO normierte Verbot des Rückkaufshandels vorliegt und die geschlossenen (Kauf- und Miet-)Verträge daher nicht gemäß § 134 BGB nichtig sind. Das von der Beklagten vorgegebene Vertragsmodell unterfalle nach dem BGH nicht dem gesetzlichen Verbot des Rückkaufshandels, denn den Klägern werde, anders als es die Vorschrift verlangt, kein Rückkaufsrecht eingeräumt. Um ein solches zu begründen, genüge nicht allein die Wahl einer Vertragsgestaltung, mit der Pfandleihvorschriften umgangen werden. Es bedürfe vielmehr der Vereinbarung eines Rechts des Verkäufers zum Rückerwerb der Sache. Ein solches Recht sei keinem der Kläger vorliegend eingeräumt worden. Sie hätten lediglich faktisch die Möglichkeit, das zuvor an die Beklagte veräußerte Fahrzeug im Wege der Teilnahme an der öffentlichen Versteigerung durch Zuschlag wieder zurück zu erwerben. Bei einer am Wortsinn der Vorschrift orientierten Auslegung, welche auch die sich aus der historischen Entwicklung der Norm ergebende Zielsetzung des Gesetzgebers berücksichtigt, liege in einem solchen Fall kein verbotener Rückkaufshandel vor.


Jedoch könne ein wucherähnliches Rechtsgeschäft i. S. d. § 138 Abs. 1 BGB mit der Folge der Nichtigkeit der Verträge vorliegen. Aufgrund des besonders groben Missverhältnisses zwischen dem gezahlten Kaufpreis und dem zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bestehenden Händlereinkaufswerts wird eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten vermutet. Eine Widerlegung dieser Vermutung ist möglich, die weitere vertraglichen Vereinbarung spricht jedoch im Gegenteil für eine Übervorteilung des Klägers. Dieser hat für die Nutzung seines ehemaliges Fahrzeugs eine monatliche Miete in Höhe von EUR 495,00 gezahlt und zusätzlich sämtliche Unterhaltungskosten tragen müssen.

 

Fazit:

Das von Pfando betriebene „Sale and rent back”- Geschäft stellt damit keinen Verstoß gegen § 34 Abs. 4 GewO dar. Im Einzelfall ist jedoch das Vorliegen eines wucherähnlichen Geschäfts und damit auch das Bestehen von Schadensersatzansprüchen jedenfalls nicht ausgeschlossen. 

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