Wirtschaftlichkeitsgebot gilt nicht für Verträge vor Mietbeginn

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veröffentlicht am  14.03.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 25. Januar 2023, Az.: VIII ZR 230/21

Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot kommt nur in Betracht, soweit der Vermieter im laufenden Mietverhältnis seine Pflicht zur Kostenkontrolle verletzt.


Im zu entscheidenden Fall begehrten die Kläger festzustellen, dass die Kosten für das Müllmanagement nicht als Betriebskosten im Rahmen der Mietverhältnisse auf sie umgelegt werden können. Ferner nahmen die Kläger die Beklagte auf Rückzahlung der abgerechneten Kosten für das Müllmanagement in Anspruch. Die Kläger sind bzw. waren Mieter von Wohnungen in einem Mehrparteienhaus der Beklagten. Die Beklagte beauftragte im Jahr 2010 eine externe Dienstleisterin mit der Erbringung von Leistungen im Rahmen eines sogenannten Müllmanagementsystems, das unter anderem die Nachsortierung des Abfalls und die Reinigung der Mülltonnenstandplätze umfasste. Die mit den Mietern nach Abschluss des Dienstleistungsvertrages geschlossenen Formularmietverträge regelten unter anderem, dass die Kosten für das Müllmanagement zusätzlich zu den reinen Abfuhr- und Entsorgungskosten auf die Kläger umgelegt werden sollen.


Der BGH hat das stattgebende Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Seine Entscheidung hat der BGH wie folgt begründet: Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angenommene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast und dessen Erwägungen zum Wirtschaftlichkeitsgebot sind rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht in der Entscheidung für das Müllmanagementsystems selbst liegt. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Mieter die Darlegungs- und Beweislast nur hinsichtlich der Kostenhöhe und nicht auch hinsichtlich des Kostengrundes trägt. Die Beklagte kann grundsätzlich nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen die im Streit stehenden Kosten für das Müllmanagement als Betriebskosten auf die Kläger umlegen. Diese muss aber als Vermieterin ihre vertragliche Nebenpflicht, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der von den Mietern zu tragenden Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen (Wirtschaftlichkeitsgebot), beachten. Zwar setze eine vertragliche Pflicht der Vermieterin zur Rücksichtnahme auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis das Bestehen eines Schuldverhältnisses voraus und könne daher erst mit Abschluss des Mietvertrages einsetzen. Wurde ein die Betriebskosten auslösender Dienstleistungsvertrag bereits vor Abschluss des Wohnraummietvertrages geschlossen, kommt eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots daher nur in Betracht, soweit der Vermieterin eine Korrektur der zu überhöhten Kosten führenden Maßnahmen während des Mietverhältnisses, beispielsweise durch Kündigung des Vertrages mit ungünstigen Bedingungen, möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre und sie diese Möglichkeit nicht ergriffen hat.


Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot kann zu einem Schadensersatzanspruch des Mieters führen, der auf die Rückzahlung der unnötigen Kosten gerichtet ist. Der Mieter, der wegen einer solchen Pflichtverletzung Ansprüche erhebt, trägt die Darlegungs- und Beweislast für ein pflichtwidriges Verhalten des Vermieters. Dieser Grundsatz gilt sowohl für die Kostenhöhe als auch für den Kostengrund.

 

Fazit:

Für die Beantwortung der Frage, welche Anforderungen an die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu stellen sind, ist zunächst zu prüfen, ob ein die Betriebskosten auslösender Vertrag vor oder nach Abschluss des Mietvertrages geschlossen wurde. Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist dann relevant, wenn die Umlage einer bestimmten Kostenposition vereinbart wurde – sowohl in der Wohnraum- als auch in der Geschäftsraummiete. Der Vermieter darf keine unangemessene Ausgaben auf Kosten des Mieters tätigen, ohne dabei zur günstigsten Maßnahme verpflichtet zu sein. Eine teurere Maßnahme kann etwa durch das Interesse an Schutz und Erhaltung des Gebäudes gerechtfertigt sein.

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