Verjährung bei Bauverbot: so schnell geht es nicht!

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veröffentlicht am  28.03.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 20. Januar 2023, Az.: V ZR 65/22

Ein durch Grunddienstbarkeit gesichertes Bauverbot erlischt im Wege der Verjährung nur dann in vollem Umfang, wenn dessen Ausübung gänzlich unmöglich ist.


Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, in dessen Grundbuch im Jahr 1889 ein Bauverbot in Form einer Grunddienstbarkeit zugunsten der jeweiligen (Wohnungs-)Eigentümer der Grundstücke der Beklagten eingetragen wurde. Die Klägerin ließ das auf ihrem Grundstück im Jahr 1963 errichtete, zweigeschossige Autohaus 2019 abreißen. Sie beabsichtigt nun auf ihrem Grundstück ein ca. 18,5 Meter hohes Wohnhaus mit Keller-, Erd- und fünf Obergeschossen zu errichten und verlangt hierfür von den Beklagten die Bewilligung der Löschung des Bauverbots. Hilfsweise soll das Erlöschen der Dienstbarkeit festgestellt werden. Weiter hilfsweise wird die Feststellung begehrt, dass die Beklagten von der Klägerin aufgrund des Bauverbots nicht das Unterlassen des Bauvorhabens verlangen können. Das Oberlandesgericht hat die Beklagten zunächst zur Bewilligung der Löschung der Grunddienstbarkeit verurteilt, da der aus der Grunddienstbarkeit resultierende Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen das Bauverbot insgesamt verjährt und die Dienstbarkeit damit erloschen sei.


Der BGH hob dieses Urteil auf. Er begründete dies wie folgt: Ein Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der gesamten Grunddienstbarkeit nach § 894 BGB besteht immer dann, wenn diese auch in vollem Umfang erloschen ist. Die Grunddienstbarkeit erlischt gem. § 1028 Abs. 1 S. 2 BGB wiederrum mit der Verjährung des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs aus §§ 1027, 1004 BGB wegen Beeinträchtigung des Bauverbots durch Errichtung des Autohauses. Allerdings erlischt die Grunddienstbarkeit mit der Verjährung nur in dem Umfang der Bebauung, deren Beseitigung vor der Verjährung verlangt werden konnte. Vor diesem Hintergrund ist laut BGH die Grunddienstbarkeit nicht insgesamt erloschen. Dies wäre nämlich nur dann der Fall, wenn ihre Ausübung durch Errichtung des Autohauses gänzlich unmöglich geworden ist. Sofern das Bauverbot allerdings nur teilweise beeinträchtigt wird, erlischt es nur hinsichtlich des beeinträchtigten Teils, d.h. – flächenmäßig betrachtet – im Umfang des Autohauses. Hierfür spricht sowohl der Gesetzeswortlaut des § 1028 Abs. 1 S. 2 BGB („soweit”) als auch Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach sich die tatsächliche Wirklichkeit nach gewisser Zeit gegen das faktisch inhaltslose Grundbuchrecht durchsetzen soll. Selbst ein generelles Bauverbot besteht nicht in jedem Fall für das gesamte Grundstück, sondern kann sich theoretisch auch nur auf abgrenzbare Teile beziehen. Deshalb erlischt es durch die Errichtung eines beeinträchtigenden Gebäudes auch nicht stets im vollen Umfang, sondern lediglich im Umfang des Gebäudes. Dies gilt sowohl für die flächenmäßige als auch höhenmäßige Bebauung, da die Rechte des Eigentümers an seinem Grundstück den Raum über der Oberfläche ebenso umfassen.


Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 1028 Abs. 1 S. 2 BGB ist für eine andere Beurteilung auf Grundlage von Art und Umfang der Grunddienstbarkeit bei einem Bauverbot entgegen der Ansicht des Oberlandesgericht kein Raum. Ansonsten würde man dem berechtigten Eigentümer den grundbuchrechtlichen Schutz insgesamt versagen und ihm der Gefahr neuer Beeinträchtigungen aussetzten, bei denen sich die Wirklichkeit gerade noch nicht gegen das Grundbuchrecht durchgesetzt hat. Nach alledem erlischt die Grunddienstbarkeit der Beklagten nur im Umfang des Autohauses und das flächen- und höhenmäßig darüberhinausgehende Bauvorhaben der Klägerin ist nicht möglich.

 

Fazit:

§ 1028 BGB dient der Vermeidung von Rechtsunsicherheiten. Mit Verjährung kann der Berechtigte den Anspruch auf Beseitigung einer sein Grundstück beeinträchtigenden Anlage nicht mehr durchsetzen und gleichzeitig seine fortbestehende Grunddienstbarkeit nicht mehr ausüben, weshalb § 1028 BGB ihr Erlöschen anordnet. Diese Wirkung ist allerdings nur in dem Umfang gerechtfertigt, in dem eine tatsächliche Beeinträchtigung bestand. Hinsichtlich des darüberhinausgehenden Umfangs ist der Berechtigte schutzwürdig und die Annahme eines vollständigen Erlöschens der Grunddienstbarkeit damit unbillig.

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