Beschlusszwang für bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums

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veröffentlicht am  11.4.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

BGH, Urteil vom 17.März 2023, Az.: V ZR 140/22

Für in der Gemeinschaftsordnung nicht vorgesehene bauliche Veränderung benötigt der Wohnungseigentümer nach WEMoG einen Gestattungsbeschluss.

  
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit zwei Doppelhaushälften auf einem im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstück. Die Gemeinschaftsordnung von 1971 sieht vor, dass sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach dem Gesetz bestimmt, wobei jedem Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht an dem an die jeweilige Haushälfte anschließenden Gartenteil zusteht. Weiter regelt die Gemeinschaftsordnung, dass die jeweiligen Sondernutzungsberechtigten für die Instandhaltung und Instandsetzung verantwortlich und kostenpflichtig sind. Die Beklagten begannen gegen den Willen der Klägerin mit dem Bau eines Swimmingpools in der von ihnen genutzten Hälfte des Gartens. Die Klägerin wendet sich gegen den Bau des Swimmingpools und erhob Unterlassungsklage. Der BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen und seine Entscheidung wie folgt begründet:

  
Die Klägerin hat mangels Gestattungsbeschluss einen Anspruch auf Unterlassung der beabsichtigten baulichen Veränderung. Das Wohnungseigentumsgesetz sieht vor, dass bauliche Veränderungen durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer gestattet werden müssen.
Zwar steht den Beklagten laut Gemeinschaftsordnung ein Sondernutzungsrecht an dem hälftigen Grundstück zu. Dieses Recht und die vorliegende Gemeinschaftsordnung gestatten jedoch keine über die Instandsetzung und Instandhaltung hinausgehende bauliche Veränderungen und damit keine grundlegenden Umgestaltungen der jeweiligen Sondernutzungsfläche. Bauliche Veränderungen, wie auch der Bau eines Swimmingpools, sind Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung und die übliche Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen.

  
Etwas anderes gilt nur, wenn die Wohnungseigentümer in der Gemeinschaftsordnung das Beschlusserfordernis abbedungen haben. Daran fehlt es hier. Dem Unterlassungsanspruch der Klägerin kann der bauwillige Wohnungseigentümer auch nicht seinen Gestattungsanspruch entgegenhalten. Denn seit Inkrafttreten des WEMoG muss die Gestattung für bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum durch Beschluss der Wohnungseigentümer erfolgen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums informiert werden.

 

Fazit:

Das Sondernutzungsrecht gibt einzelnen Wohnungseigentümern zwar das Recht, einzelne Bereiche allein zu nutzen. Diese Bereiche gehören jedoch zum Gemeinschaftseigentum, sodass für eine geplante bauliche Veränderung ein Gestattungsbeschluss unerlässlich ist. Ein derartiger Beschluss muss zwingend vor Baubeginn, notfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage herbeigeführt werden. Andernfalls kann dem Vorhaben des bauwilligen Wohnungseigentümers ein Unterlassungsanspruch entgegengehalten werden. Das gilt nur dann nicht, wenn das Beschlusserfordernis abbedungen wurde. Vor Baubeginn sollten Wohnungseigentümer daher einen Blick in die Gemeinschaftsordnung werfen, um zu prüfen, ob eine Beschlussfassung notwendig ist oder nicht.


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