Das Eigentümerwohnungsrecht in der Insolvenz

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veröffentlicht am  11.4.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

BGH, Beschluss vom 5. April 2023, Az.: V ZB 64/21

Das eigene Wohnungsrecht des Grundstückeigentümers ist stets pfändbar und kann im Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter gelöscht werden.

  
Als eingetragener Eigentümer eines Grundstücks bestellte sich der Beteiligte zu 1 ein auf das dort errichtete Gebäude bezogenes Wohnungsrecht. Dieses sollte verhindern, dass die Ausübung des Wohnungsrechts an Dritte überlassen wird. Das Grundstück wurde als Einlage in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eingebracht. Sodann erfolgte die Eintragung der GbR als Eigentümerin des Grundstücks inklusive Wohnungsrecht in das Grundbuch. Einige Monate später wurde ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beteiligten zu 1 eröffnet. Der hierzu bestellte Insolvenzverwalter beanspruchte mittels Insolvenzanfechtung Rückgewähr sowie Auflassung des Grundstücks an den Beteiligten zu 1. Auf seine Bewilligung und Antrag wurde das Wohnungsrecht gelöscht. Der Beteiligte zu 1 erstrebt mit einer Rechtsbeschwerde die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Löschung.

 
Der BGH hat nun seine Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Der Rechtsstreit basiert auf der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Wird nämlich ein Insolvenzverfahren eröffnet, geht die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse auf den Insolvenzverwalter über. Dies gilt auch für die Bewilligungsbefugnis mit Ausnahme des der Zwangsvollstreckung nicht unterfallenden Vermögens. Nach dem Gesetz ist das Wohnungsrecht als Sonderfall einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht übertragbar und damit auch nicht pfändbar. Mangels Pfändbarkeit fällt es daher grundsätzlich nicht unter die Insolvenzmasse und unterliegt dementsprechend nicht den Befugnissen des Insolvenzverwalters. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 857 Abs. 3 ZPO, nachdem die Ausübung des Wohnungsrechts hier nicht einem anderen gestattet wurde.

 
Allerdings gehöre das Wohnrecht im vorliegenden Fall dennoch zur Insolvenzmasse. Nach Ausführungen des Gerichts sei der Beteiligte zu 1 nach erfolgreicher Insolvenzanfechtung wieder Eigentümer des Grundstücks geworden. Hierdurch fände wiederum eine Umwandlung des Wohnungsrechts in ein Eigentümerwohnungsrecht statt. Die Pfändbarkeit ergäbe sich dabei – entsprechend der Entscheidung des BGH zu beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten – aus der Personenidentität von Eigentümer des Grundstücks und dem daraus Berechtigten.

  
Der Ausschluss der Pfändbarkeit dient dem Schutz des Eigentümers. Aufgrund des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien soll er keinem ungewollten Austausch des Berechtigten ausgeliefert sein. Dieses Schutzbedürfnis besteht also bei Fremdrechten. Hier handelt es sich aber um das eigene Wohnungsrecht des Grundstückeigentümers, weshalb eine teleologische Reduktion des Gesetzes, d.h. eine Nicht-Anwendung der Vorschrift in Anbetracht ihres Sinn und Zwecks geboten sei. Vor diesem Hintergrund komme es deshalb auch nicht darauf an, ob das Wohnungsrecht von Anfang an als Eigentümerwohnungsrecht bestellt wurde oder erst eine nachträgliche Umwandlung stattfand. Im Ergebnis ist der Insolvenzverwalter damit zur Bewilligung der Löschung befugt und hat dadurch etwa die Möglichkeit lastenfreies Eigentum zu veräußern.

 

Fazit:

Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit und damit auch das Wohnungsrecht begründen ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Berechtigten. Sie sind an eine bestimmte Person gebunden und können deshalb nicht übertragen und nicht gepfändet werden. Die Vorschriften dienen dem Schutz des Eigentümers, der gerade aus dem begründeten Vertrauensverhältnis resultiert. Auswirkungen dieser Wertungen zeigen sich bis hin zum Insolvenzfall. Eine andere Bewertung ist dann geboten, wenn Eigentümer und Berechtigter in derselben Person zusammentreffen. In diesem Fall erscheint die stringente Anwendung der Rechts unsinnig, weshalb die Rechtsprechung Instrumente wie die teleologische Reduktion vorsieht, um nicht-interessengerechte Ergebnisse zu vermeiden.

 

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