Unwahre Tatsachenbehauptung als Kündigungsgrund

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veröffentlicht am 2.1.2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 25. Oktober 2023, Az.: VIII ZR 147/22

Das vorsätzliche Aufstellen unwahrer Behauptungen durch den Mieter im Räumungsprozess berechtigt den Vermieter nicht ohne Weiteres zur Kündigung. 

Zwischen den streitenden Parteien besteht ein Mietverhältnis über Wohnraum. Aufgrund vertragswidriger Hundehaltung durch die Mieter kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis ordentlich und erhob anschließend Klage auf Räumung und Herausgabe der Mietsache. Vor dem erstinstanzlich zuständigen Amtsgericht führten die Mieter aus, dass es der Vermieterin in ihrer Kündigungserklärung nicht primär um den Vertragsbruch in Form der Tierhaltung gehe, sondern dass diese vielmehr die Räumung mit Hinblick auf eine in solchem Falle bessere Verkaufsmöglichkeit des Mietshauses anstrebe. Die ablehnende Haltung der Vermieterin gegenüber einem Verbleib in der Wohnung äußere sich nach Aussage der Mieter ferner dadurch, dass ihnen gegenüber regelmäßig beleidigende Äußerungen durch den Hausverwalter ausgesprochen würden. Die Vermieterin wies diese Äußerungen als unwahr und ehrverletzend zurück und erklärte auf Grundlage dieses – später im Prozess festgestellten – bewusst falschen Vortrages der Mieter erneut die Kündigung.

Nach Auffassung des achten Zivilsenats sei zwar nicht auszuschließen, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung der Vermieterin gestützt auf die vertragswidrige Hundehaltung bzw. die Äußerung unwahrer Behauptungen wirksam beendet wurde und damit ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe bestünde. Der Vermieter kann ein Mietverhältnis dann ordentlich kündigen, wenn er aufgrund einer nicht unerheblichen, schuldhaften Pflichtverletzung durch den Mieter ein „erhebliches Interesse“ daran hat.

Ein bewusst unrichtiges Vorbringen durch den Mieter kann im Grundsatz eine derartige Pflichtverletzung darstellen und damit ein zur Kündigung berechtigendes erhebliches Interesse des Vermieters vorbringen. Im Prozess darf dies allerdings nicht ohne Weiteres angenommen werden, sondern es müssen vielmehr bereits nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen sämtliche Umstände des Einzelfalles in ihrer Gesamtschau gewürdigt werden. Geprüft werden muss insbesondere, ob ein vorangegangenes vertragswidriges Verhalten des Vermieters vorliegt und ob dieses Verhalten die schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters in einem milderen Licht erscheinen lässt, weil es gerade den Vertragsbruch auf Mieterseite provoziert hat. Derartige Umstände hat das Berufungsgericht nach Auffassung der Richter am BGH unberücksichtigt gelassen. Im vorliegenden Fall standen nämlich beleidigende Äußerungen des Hausverwalters im Raum, die der Vermietersphäre zuzurechnen seien. Ferner sei auch nicht auszuschließen, dass die erste Kündigung, noch gestützt auf die vertragswidrige Hundehaltung, unwirksam war. Das Fehlverhalten der Mieter in Form der unwahren Tatsachenbehauptung könnte insofern auch der Abwehr einer unberechtigten Kündigung gedient haben, wodurch diesem wiederum ein geringeres Gewicht beizumessen wäre. 

FAZIT: 


Für die Frage, ob der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Kündigung eines Mietverhältnisses hat, muss geprüft werden, ob nach Würdigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte des Einzelfalles ein pflichtwidriges Verhalten des Mieters vorliegt. Dabei spielt auch das vorherige Verhalten des Vermieters eine Rolle. Wenn der Vermieter das nachfolgende vertragswidrige Verhalten des Mieters provoziert hat, muss dies mildernd berücksichtigt werden. Unter Umständen kann dies dazu führen, dass trotz der Pflichtverletzung ein berechtigtes Interesse des Vermieters entfällt und eine erklärte Kündigung unwirksam ist.



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