Beschlusskompetenz für Zweitbeschlüsse

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veröffentlicht am 22.10.2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 20.September 2024, Az.: V ZR 235/23 


Wohnungseigentümer sind grundsätzlich befugt, über bereits geregelte gemeinschaftliche Angelegenheiten erneut zu beschließen. 

Die Klägerin zu 1 ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Sie war zunächst Eigentümerin von 44 Tiefgaragenstellplätzen. Im Jahr 2021 veräußerte die Klägerin einen Tiefgaragenstellplatz an die Klägerin zu 2. Im Juni 2022 wurden Beschlüsse mit dem Inhalt gefasst, dass die Eigentümer die Vorschüsse auf die Kosten und die Rücklage auf Grund der vom Verwalter erstellten Wirtschaftspläne für die Jahre 2016, 2017 und 2018 mit Druckdatum vom 17.05.2022 genehmigen. In den Beschlüssen wurden die noch offenen Forderungen auf die beschlossenen Vorschüsse zur sofortigen Zahlung in voller Höhe fällig gestellt und bereits geleistete Zahlungen in voller Höhe auf die Vorschüsse für das Jahr 2016 verrechnet. Gleichlautende Beschlüsse wurden für das Jahr 2017 und das Jahr 2018 gefasst. Die Klägerinnen haben die Beschlüsse zunächst erfolgreich angefochten. Das Berufungsgericht meint dagegen, dass die Beschlüsse mangels Beschlusskompetenz nichtig seien. 

Der Bundesgerichtshof hält die Klage für begründet und begründet seine Entscheidung wie folgt: Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich befugt, über eine bereits geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen. Eine im Wohnungseigentumsgesetz bzw. in einer Vereinbarung vorgesehene Beschlusskompetenz umfasst nicht nur die erste Beschlussfassung, sondern auch eine erneute Beschlussfassung. Damit ist es auch nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs möglich, einen Zweitbeschluss über die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans zu fassen. Die hierfür erforderliche Beschlusskompetenz ergibt sich aus den gesetzlichen Vorschriften. Die Frage, ob die Wohnungseigentümer mehrfach über dieselbe Angelegenheit entscheiden dürfen, betrifft damit nicht die Beschlusskompetenz, sondern die ordnungsgemäße Verwaltung. Die erneute Beschlussfassung unterliegt jedoch Einschränkungen. Ein Wirtschaftsplan kann nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung in einem folgenden Wirtschaftsjahr durch einen Zweitbeschluss, der den Erstbeschluss bestätigt, ersetzt werden, wenn Zweifel an der Wirksamkeit des Erstbeschlusses bestehen, sog. bestätigender Zweitbeschluss. Ferner kann ein Beschluss, der wegen eines materiellen Beschlussmangels für ungültig erklärt wurde, inhaltsgleich nur dann erneut gefasst werden, wenn der im Vorprozess benannte Beschlussmangel entweder behoben worden ist oder sich die Umstände in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht geändert haben. Wie oben bereits ausgeführt, beziehen sich die Ausführungen nicht auf die Frage, ob eine Beschlusskompetenz vorliegt, sondern ob der Zweitbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Ein unzulässiger Zweitbeschluss ist daher auch nicht nichtig, sondern nur anfechtbar. Die Beschlusskompetenz entfällt auch nicht aufgrund eines zwischenzeitlichen Eigentumswechsels. 

Fazit:


Auch nach neuer Gesetzeslage (WEMoG) kann ein Zweitbeschluss über den Wirtschaftsplan in Betracht kommen. Da die erneute Beschlussfassung Einschränkungen unterliegt, sollte vorab die Sach- und Rechtslage ausreichend geprüft werden. Dadurch kann vermieden werden, dass ein Wohnungseigentümer den Zweitbeschluss erfolgreich anficht. 

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