Ausschreibung und Vergabe von Facility Services

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zuletzt aktualisiert am 11. Juni 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten



Outsourcing – ja oder nein?

Grundsätzlich können alle Facility Services (z.B. Reinigungsleistungen, Sicherheitsdienstleistungen, Catering, Grünanlagenpflege, Instandhaltung der technischen Anlagen, technische Betriebsführung, Abfallentsorgung), die ein Unternehmen für seine Immobilie und den Betrieb benötigt, fremd vergeben werden. Wesentliche Ziele der Fremdvergabe und des Outsourcings sind die Konzentration auf das Kerngeschäft und die wirtschaftliche Optimierung bzw. die Sicherstellung von qualitativ hochwertiger Leistung der sog. Sekundärprozesse.

Nicht nur in der freien Wirtschaft, sondern auch bei der öffentlichen Hand wird angesichts begrenzter Mittel bei gleichzeitig steigenden Ausgaben und Sensibilität für das Thema der Betreiberverantwortung die Frage von Outsourcing immer intensiver diskutiert.


Vor- und Nachteile abwägen

Die Einzelvergabe von Teilleistungen oder die Auslagerung von Leistungen von Facility Services bietet zunächst den Vorteil, dass eigene Personalkosten entfallen bzw. das Personal anders und fürs Kerngeschäft ggf. ziel­führender eingesetzt werden kann sowie gleichzeitig Kosten und Leistungen im Wettbewerb optimiert werden können. Deshalb prägen meist nicht nur Kostengründe die Outsourcing-Entscheidung. Für das auslagernde Unternehmen bedeutet das Vorteile bzw. Chancen für:

  • Die Konzentration auf das Kerngeschäft;
  • eine Verbesserung der Leistungsqualität;
  • den Einkauf von qualitativ hochwertigen Facility Services je nach eigenen Anforderungen und Bedarf;
  • eine optimale Risikoverteilung sowie eine Reduzierung eines eigenen Haftungsrisikos (Delegation von Betreiberpflichten);
  • die Flexibilität bei Änderung der Leistungsanforderungen.

 
Aber auch Nachteile können gegen ein (erneutes) Outsourcing sprechen wie:

  • der Know-how-Verlust der eigenen „Betriebsmannschaft”;
  • ein aufwendiger Ausschreibungsprozess und Steuerung der Fremdfirma;
  • eine fehlende Identifikation des eigenen Personals mit der Liegenschaft und dem eigenen Interesse an Werterhalt der Liegenschaft;
  • die Bindung und Abhängigkeit an einen externen Dienstleister;
  • gegebenenfalls ein (ungewollter) Betriebsübergang i.S.d. § 613 a BGB bei der Auslagerung von Facility Management (FM)-Leistungen.


Ein gut strukturierter Vergabeprozess ist essenziell

Vermehrt stellen wir auch fest, dass bei den Parteien unterschiedliche Vorstellungen zu den gegenseitigen Rechten und Pflichten bestehen und es so zu Konflikten kommt. Insofern ist es essenziell bei der Ausschrei­bung und Vergabe von Leistungen ein einvernehmliches (Werte-)Verständnis zu schaffen und die gegenseitigen Erwartungshaltungen nicht nur in den Vergabeunterlagen zu beschreiben und vertraglich zu regeln, sondern auch bei den Vergabe- bzw. Aufklärungsgesprächen rechtzeitig zu erörtern.
 
Die Vor- und Nachteile der Fremdvergabe von Facility Services sollten im Vorfeld einer Entscheidung intensiv diskutiert und im Einzelfall abgewogen werden. Dabei sollte sichergestellt sein, dass die Entscheider durch betriebswirtschaftliche „quick-wins” nicht mittel- bis langfristige Nachteile für das Unternehmen aus den Augen verlieren. Die rechtzeitige Einbeziehung von Kollegen des Betriebs und der Rechtsabteilung sind deshalb von enormer Bedeutung und entscheidet regelmäßig über Erfolg und Misserfolg einer Outsourcing-Maßnahme im FM.


Vertragsgestaltung durch den Auftraggeber

Der Ausfluss eines intensiven Abstimmungsprozesses im Vorfeld ist der vom Auftraggeber vorgegebene Vertrag nebst weiterer Ausschreibungsunterlagen mit dem FM-Dienstleister. Gerade bei kleineren Immobilienbe­ständen im Unternehmen legen jedoch häufig die Dienstleister mit dem Angebot einen Vertragsentwurf vor. Das sollte aus Sicht der Auftraggeber unbedingt vermieden werden, weil in den Verträgen die Weichen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gelegt werden. Darin überträgt der Auftraggeber je nach Umfang der Leistungs­vergabe regelmäßig das Betreiben, die Bestandspflege und die Bewirtschaftung einer Immobilie.
 
Häufig ist dabei die Instandhaltung der technischen Gebäudeausstattung, wie

  • Gebäudeleittechnik,
  • Aufzüge,
  • Heizung,
  • Sanitär etc.


ein Schwerpunkt des Vertragsinhalts. Daneben kommen weitere Leistungspakete, wie

  • Reinigung,
  • Außenanlagenpflege,
  • Sicherheits- und Empfangsdienste,
  • Mangelanspruchsmanagement,
  • Objekt- und Flächenmanagement sowie
  • Catering


in Betracht.

Der Auftragnehmer nimmt die Tätigkeiten i.d.R. selbstständig wahr. Soweit im Zusammenhang mit seiner Leistung ein „Erfolg”, also ein konkretes Ergebnis, zu verzeichnen ist, handelt es sich um ein werkvertragliches Element. Soweit ein Erfolg nicht geschuldet ist, sondern die Erbringung einer Leistung als solche im Mittelpunkt steht, handelt es sich um ein dienstvertragliches Element. Die zunächst formal wirkende Unterscheidung der Leistungen in den FM-Verträgen, hat erhebliche Konsequenzen für die Rechte des Auftraggebers im Fall einer Schlechtleistung und sollte deshalb immer intensiv betrachtet werden.


Nur ein individueller Vertrag ermöglicht eine lange partnerschaftliche und konfliktfreie Beziehung zwischen den Vertragsparteien

Bei der Vertragsgestaltung ist auf die Besonderheiten der Immobilien einzugehen. So sind in einem ersten Schritt die Ziele, Besonderheiten (Produktionsimmobilie, Bürokomplex, Immobilie mit Kundenzugang bzw. öffentlich zugängliche Immobilie, usw.) und die strategische Ausrichtung des Auftraggebers, dessen Bedürfnisse und ggf. Erfahrungen mit einem bereits eingesetzten FM-Dienstleister zu analysieren und als Leitlinien für die neue Ausschreibung aufzubereiten.
 
Entscheidend ist auch, ob der Auftraggeber Mieter oder Eigentümer der genutzten Immobilien ist und welche mietvertraglichen Verpflichtungen bestehen („klassisch” bis „triple-net”). Hier führen unterschiedliche Auffassungen zu Begriffen wie Instandhaltung, Instandsetzung, Wartung und Inspektion häufig zu großen Missverständnissen.
 
Oft besteht etwa der besondere Wunsch von Auftraggebern, möglichst viel Verantwortung auf den Dienstleister bei dessen maximaler Haftung und möglichst wenig „Controlling-Aufwand” zu übertragen. In den Fällen sollte auf eine Analyse der bestehenden Pflichten sowie Umfang und Sinnhaftigkeit der Delegation besonderes Augenmerk gelegt werden.


Bonus-Malus & Co. in der Vertragsgestaltung

Flankiert werden Regelungen in FM-Verträgen häufig mit einem ausgeklügelten Bonus-Malus System bzw. Service-Level Agreements (SLA), Punktesystemen o.ä. Ziel ist es dabei, regelmäßig bestimmte Qualitäten zu benennen und konkrete Rechtsfolgen bei einem Verstoß festzusetzen. Bei solchen Regelungen sollte neben der juristisch sauberen Gestaltung sorgfältig geprüft werden, in welchen Bereichen solche Qualitätssicherungs- und Steuerungsinstrumente sinnvoll eingesetzt und auch in der täglichen Arbeit möglichst problemlos überwacht und auch tatsächlich umgesetzt werden können.


Fazit

Der Wunsch von Auftraggebern nach einem „Rundum-sorglos-Paket” bei der Beauftragung eines FM-Unternehmens, ist aufgrund von praktischen Problemen, den vielschichtigen Betreiberpflichten, der sich stetig ändernden Rechtsprechung und immer wieder neuen Gesetzgebung häufig nur schwer zu erreichen.

Der Wunsch, mit möglichst geringem Aufwand Facility Services zu vergeben, führt in der Praxis häufig dazu, dass ungeeignete Vertragsvorlagen oder Leistungsbeschreibungen verwendet werden. Ein zunächst ersparter Zeit- und Kostenaufwand bei der Ausschreibung führt oft zu kostspieligen Nachträgen oder minderwertiger Leistung. Vermeiden Sie das so gut es geht durch einen gut organisierten Prozess von der Auslagerungsent­scheidung über eine strukturierte Ausschreibung bis zum Vertragsschluss und der nachgelagerten sachge­rechten Steuerung des Auftragnehmers.

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