Kündigung leitender Angestellter

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veröffentlicht am 9. August 2017

 

In diversen Konstellationen muss sich ein deutsches Unternehmen mit Fragen des indischen Arbeits­rechts bei der lokalen Tochter befassen. Insbesondere hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsver­hält­nisses mit leitenden Angestellten („Key Managerial Personnel”, „KMP”) sind spezielle Kündigungs­fristen, Zahlungspflichten etc. zu beachten. Die Personengruppe KMP umfasst
  • Geschäftsführer, CEOs und Manager bzw. einen in Vollzeit tätigen Direktor,
  • Company Secretary und
  • Chief Financial Officer.

 

Kündigung von KMPs

Die Kündigung von KMPs richtet sich nach dem jeweiligen Arbeitsvertrag und/oder dem Mitarbeiterhand­buch und den Firmenrichtlinien oder, wenn vorteilhafter, nach dem Verfahren, das der einschlägige landesspezifische Shops and Establishment Act (S&E Act) vorschreibt.  

  

Laut S&E Act beträgt die Kündigungsfrist bei schriftlicher Kündigung eines Arbeitnehmers (auch KMPs, sofern nicht ausdrücklich ausgeschlossen) 1 - 3 Monate. Stattdessen kann eine Auszahlung der ent­sprechenden Monatsgehälter die Einhaltung der Kündigungsfrist ersetzen. Wenn der Arbeitsvertrag eine längere Kündigungsfrist als die gesetzliche Bestimmung vorsieht, so erfolgt die Kündigung nach Maßgabe der im Arbeitsvertrag festgelegten Kündigungsfrist (auch hier ist ggf. stattdessen Auszahlung der Restlaufzeit möglich).

 

Auszahlungen zum Zeitpunkt des Ausscheidens

Folgende Zahlungen an KMPs können zum Zeitpunkt der Trennung vom Unternehmen fällig werden, im Einzelfall abhängig von Erfüllung der Anspruchskriterien und der geltenden Gesetze:

 

Vorsorgefonds für Arbeitnehmer (Employees' Provident Fund)

Durch den Employees' Provident Funds and Miscellaneous Provisions Act, 1952 erhält der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (sowohl bei Kündigung des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers) den akkumulierten Betrag aus dem Vorsorgefonds zusammen mit den angefallenen Zinsen. Alternativ hat der Arbeitnehmer das Recht, die Summe auf das Vorsorgefondskonto des neuen Arbeitgebers übertragen zu lassen. Allerdings ist die Einzahlung in den Vorsorgefonds für den Arbeitgeber nur verpflichtend, wenn das Unternehmen mind. 20 Personen beschäftigt und für Arbeitnehmer mit einer Grundvergütung von höchstens 15.000 Indische Rupien monatlich. Es gelten Sonderregegelungen für ausländische Arbeit­neh­mer. Unternehmen, die die oben genannten Kriterien nicht erfüllen, können freiwillig in den Fonds einzahlen, indem sie einen entsprechenden Antrag bei den zuständigen Behörden stellen.

 

Zahlung einer Gratifikation

Hierbei handelt es sich um eine abschließende Sonderzuwendung für die Dienstzeit des Arbeitnehmers. Das Recht, eine Gratifikation zu erhalten und die Pflicht sie zu zahlen, ist ein bedingtes Recht bzw. eine bedingte Verpflichtung.

  

Gemäß dem Gratuity Act, 1972 ist dem Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Gratifikation zu zahlen, wenn er mind. 5 Jahre lang eine kontinuierliche Betriebszugehörigkeit aufweist. Darüber hinaus ist ein Unternehmen nur dann zur Zahlung der Gratifikation verpflichtet, wenn dort mind. 10 Personen beschäftigt werden.

  

Die Höhe der Gratifikation beläuft sich auf ein halbes Monatsgehalt pro abgeschlossenem Jahr der Betriebszugehörigkeit (oder mind. 6 Monate betragende Teile hiervon). Grundlage ist hierbei das zuletzt an den Arbeitnehmer gezahlte Gehalt. Die Höchstgrenze für die Gratifikationszahlung an Mitarbeiter liegt derzeit bei 1 Mio. Indische Rupien.

 

Ausgleichszahlungen für Urlaubsanspruch

Im Rahmen des S&E Acts und je nach Berechtigung des Arbeitnehmers muss das Unternehmen gesetzliche Ansprüche, wie z. B. ausstehenden Jahresurlaub, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer auszahlen.

 

Weitere Zahlungen

Abgesehen von den vorgenannten gesetzlichen Ansprüchen sind die KMPs auch berechtigt, entsprechend der Betriebsordnung des Unternehmens etwaige Leistungen wie Bonus, Renten- und Abfindungszahlungen zu erhalten, sofern sie bezugsberechtigt sind.

 

Entschädigung für den Verlust der Position

Laut den Regelungen des indischen Gesellschaftsgesetzes (Companies Act, 2013) muss das Unternehmen einem geschäftsführenden KMP, dem es gekündigt hat, ggf. eine Entschädigung für den Verlust seiner Position im Unternehmen zahlen. Da jedoch die Bestimmungen des vorgenannten Acts über die Entschädi­gung für den Verlust der Position vorwiegend deklaratorisch sind und lediglich die Höchstgrenze einer eventuell zu zahlenden Entschädigung vorschreiben, ist festzustellen, dass der Companies Act keine Abfindungszahlung oder Entschädigungsvergütung für die Kündigung eines KMP regelt.

  

Dementsprechend finden im Ergebnis die Regelungen zur Vertragsbeendigung und Entschädigung im Arbeitsvertrag des KMP Anwendung, wobei die jeweiligen im S&A Act vorgeschriebenen Mindest- und Höchstgrenzen zu berücksichtigen sind.

 

Kündigung aus wichtigem Grund

Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Fehlverhaltens, kann die Entlassung der KMP ohne Kündigungsfrist und ohne Auszahlung der Vergütung entsprechend der Kündigungsfrist erfolgen. Allerdings muss einer Entlassung aufgrund Fehlverhaltens, außer in Verstößen gegen die Sittlichkeit und bei Straftaten, eine interne Untersuchung vorausgehen. Bei der Untersuchung legt der Arbeitsgeber die Kündigungsgründe dar und der Arbeitnehmer wird angehört. Des Weiteren  muss die fristlose Kündigung in schriftlicher Form vorgelegt werden. Eine Entlassung ohne vorherige interne Untersuchung wird von indischen Gerichten häufig als rechtswidrige Kündigung angesehen.

  

Der Arbeitgeber kann eine Person aus disziplinarischen Gründen entlassen. Einige Fälle von Fehlverhalten, die die Entlassung nach Durchführung einer internen Untersuchung rechtfertigen können, sind bspw. vorsätzliche Insubordination oder Ungehorsam, Diebstahl, Betrug oder Unehrlichkeit, vorsätzlicher Schaden an oder Verlust von Eigentum des Arbeitgebers, Bestechung, nachhaltige Verspätung des Arbeitsantritts oder unentschuldigte Abwesenheit und Teilnahme an illegalem Streik.

 

Compliances nach dem Companies Act, 2013

Darüber hinaus muss das Unternehmen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einem KMP in Übereinstimmung mit dem Companies Act, 2013 und der Gesellschaftssatzung die erforderlichen administrativen Schritte einleiten, wie etwa die Einberufung der Hauptversammlung, entsprechende Beschlussfassung, die Einreichung der Änderungen zum Handelsregister.

  

Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dem KMP gemäß der Kündigungsklausel im Arbeitsvertrag gekündigt werden kann, sofern die festgelegte Kündigungsfrist befolgt wird oder stattdessen eine die Frist ersetzende Abfindungszahlung erfolgt. Voraussetzung dabei ist, dass die gesetzlichen Mindestanforde­rungen entsprechend des einschlägigen S&E Acts zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses befolgt werden, sofern kein spezieller Ausnahmetatbestand eingreift.

  

Des Weiteren haben die KMP zum Zeitpunkt der Kündigung Anspruch auf bestimmte gesetzliche Leistungen wie Vorsorgefonds, Gratifikation, Ausgleichszahlungen für Urlaubsansprüche usw., vorbehaltlich der Berechtigungskriterien und der einschlägigen Gesetze.

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