Gefahr der Grunderwerbsteuer durch Abschluss von Treuhandverhältnissen

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In der Beratungspraxis ist bei der Strukturierung von geschlossenen Immobilienfonds (Rechtsform einer Personengesellschaft) mit inländischem Grundbesitz zu beachten, dass die Fondsgesellschaft mehrmals Grunderwerbsteuer auslösen kann: Zunächst beim Grundstücksankauf und darüber hinaus eventuell ein weiteres Mal in der sogenannten Eigenkapitalplatzierungsphase. Die Beteiligung von zukünftigen Anlegern an einem Immobilienfonds unterliegt ein weiteres Mal der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 2a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), wenn innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterstand der Fondsgesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergeht.  

Da geschlossene Immobilienfonds üblicherweise ihre potenziellen Anlegern die Möglichkeit einräumen, sich anstatt als Direktkommanditist im Rahmen eines abzuschließenden Treuhandvertrages lediglich mittelbar an der Fondgesellschaft beteiligen zu können, stellt sich die Frage, in wie weit die Vereinbarung von Treuhandverhältnissen ebenfalls den Tatbestand einer steuerschädlichen, mittelbaren Änderung des Gesellschaftsbestandes erfüllt. Diese Frage ist insofern von Relevanz, als dass die meisten Privatanleger von geschlossenen Publikumsfonds üblicherweise eine mittelbare Beteiligung an der Fondsgesellschaft bevorzugen. Die zutreffende grunderwerbsteuerliche Beurteilung von Treuhandverträgen ist derzeit noch nicht höchstrichterlich entschieden worden. Das Finanzgericht München hat jedoch in diesem Zusammenhang in seiner Entscheidung vom 12. Februar 2014 (Az. 4 K 1537/11) eine für den Steuerpflichtigen vorteilhafte Auffassung vertreten. Die Begründung von Treuhandverhältnissen führt weder zu einer unmittelbaren noch zu einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes, sodass bei entsprechender Fondsstrukturierung ein weiterer Anfall der Grunderwerbsteuer im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG vermieden werden kann.  

Das Finanzgericht hat dem Bundesfinanzhof (BFH) aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung von Treuhandverhältnissen die Möglichkeit gegeben, sich mit der Thematik im Rahmen der Revision auseinanderzusetzen. Allerdings teilt der BFH in seiner erst jüngst veröffentlichten Entscheidung vom 25. November 2015 (Az. II R 18/14) nicht die Auffassung des Finanzgerichtes München. Vielmehr kommt er zu dem Schluss, dass die Vereinbarung von Treuhandverhältnissen bei Immobilienfonds zu einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes der Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG führen kann, die der Grunderwerbsteuer unterliegt. 

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin ist ein inländischer geschlossener Immobilien-Publikumsfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. An dem Publikumsfonds waren zwei Gründungskommanditisten mit einer Einlage von jeweils 100 Euro (jeweils insgesamt 2 Prozent) sowie die T-GmbH mit einer Kommanditeinlage von 4.800 Euro (96 Prozent) als Treuhandkommanditistin beteiligt. Die T-GmbH war nach dem Gesellschaftervertrag berechtigt, ihre Kommanditeinlage gemäß dem Umfang der mit Dritten als Person als Treugebern (Anlegern) geschlossenen Treuhandverträge um insgesamt 72.500.000 Euro zu erhöhen. Im Innenverhältnis sollten die Treugeber (Anleger) wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten behandelt werden. Der Publikumsfonds erwarb am 9. Juli 2013 ein Grundstück, das er nach der Bebauung vermietete. Für Grunderwerbsteuerzwecke zeigte die Fondsgesellschaft beim zuständigen Finanzamt an, dass sich ihr Gesellschafterbestand zum 31. Dezember 2004 durch den Beitritt von Treugebern (Anlegern) um mehr als 95 Prozent geändert haben könnte. Daraufhin stellte das Finanzamt mit Bescheid vom 7. Juni 2006 fest, dass eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes des Publikumsfonds im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG erfolgte, sodass der Tatbestand der Grunderwerbsteuer erfüllt wurde. Das Finanzgericht München hat der von der Klägerin eingereichten Klage stattgegeben und entscheiden, dass die Aufnahme von Treugebern zu keiner Grunderwerbsteuer führt. 

Wie bereits vorstehend ausgeführt, teilt der BFH nicht die Beurteilung des Finanzgerichts. Vielmehr sind die getroffenen Vereinbarungen von Treuhandverhältnissen zwischen der T-GmbH als Treuhänderin und dritten Personen (Anlegern) als Treugeber grunderwerbsteuerlich zu beachten. 

Die „mittelbare” Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist - im Gegensatz zum Tatbestand einer unmittelbaren Änderung - ausschließlich nach wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen. Eine Anknüpfung an das Zivilrecht scheidet aus, da es zivilrechtlich keine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes gibt und somit zivilrechtlich kein Anteil an dem Publikumsfonds auf einen neuen Gesellschafter übergehen kann. In diesem Zusammenhang führt der BFH aus, dass sich eine solche mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes der Fondsgesellschaft auch aus rein schuldrechtlichen Bindungen der an dem Publikumsfonds unmittelbar beteiligten Gesellschaft (hier: T-GmbH als Treuhandkommanditistin) ergeben kann. Schuldrechtliche Bindungen können es nach den § 1 Abs. 2a GrEStG zu Grunde liegenden Wertungen rechtfertigen, den Anteil am Gesellschaftsvermögen einem Dritten zuzurechnen und diesen wie einen neuen Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft (hier: Publikumsfonds) zu behandeln. Für die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmende Zurechnungsentscheidung kann unter Beachtung grunderwerbsteuerrechtlicher Besonderheiten auf die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zurückgegriffen werden.  

Folglich kann auch der Abschluss eines Treuhandverhältnisses (Vereinbarungstreuhand) zu einer Grunderwerbsteuerschädlichkeit führen, wenn sich ein Gesellschafter (T-GmbH) einer grundbesitzenden Personengesellschaft (Publikumsfonds) nach der Gründung gegenüber einem Dritten (Anleger) verpflichtet, den Gesellschaftsanteil als Treuhänder für den Dritten als Treugeber zu halten. Voraussetzung ist bei Treuhandverhältnissen jedoch, dass es steuerlich anerkannt wird, mithin der zivilrechtliche Gesellschaftsanteil nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO dem Anleger als Treugeber zugerechnet werden kann. Da diese Voraussetzung in der Praxis stets bei geschlossenen Immobilienfonds vorliegt, kann der Abschluss von Treuhandverhältnissen im Rahmen der Platzierungsphase ein weiteres Mal Grunderwerbsteuer auslösen, wenn der Gesellschaftsanteil treuhänderisch für den Treugeber gehalten wird und die Treuhandvereinbarungen im maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum dazu führen, dass den Treugebern mindestens 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen des Publikumsfonds als neuen Gesellschaftern zuzurechnen sind. Aus grunderwerbsteuerlicher Sicht liegt ein wirtschaftlicher Übergang von Anteilen am Gesellschaftsvermögen vom Treugeber auf den Treuhänder vor.  

Es ist zu begrüßen, dass die Frage, inwieweit die Begründung von Treuhandverhältnissen zu einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG führen kann, nunmehr höchstrichterlich entschieden wurde. Die vorteilhafte und Hoffnungen weckende Entscheidung des Finanzgerichtes München wurde aufgehoben, sodass die neue Rechtslage bei der Strukturierung zukünftiger geschlossener Immobilienfonds beachtet werden muss. Hervorzuheben ist unseres Erachtens, dass der BFH die Gelegenheit genutzt hat, seine Entscheidungsbegründung nicht lediglich auf die Rechtslage im Streitjahr (2004) zu stützen, sondern trotz der Einführung der neuen Sätze zwei bis fünf des § 1 Abs. 2 GrEStG gemäß Steueränderungsgesetz 2015 vom 2. November 2015 offensichtlich weiterhin unverändert an der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zur Beurteilung einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes festhalten will. Dies widerspricht der Gesetzesbegründung, nach der die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Grunderwerbsteuer abgeschafft wurde. Vor diesem Hintergrund ist auch nach der Neuregelung in § 1 Abs. 2a GrEStG die wirtschaftliche Betrachtungsweise unverändert gerade bei Treuhandverhältnissen zu berücksichtigen.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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