Gewerblicher Grundstückshandel durch in Veräußerungsabsicht errichteten Erweiterungsbau

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinen Urteilen vom 15. Januar 2020 (Az. X R 18/18, X R 19/18) dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen auch langjährig im Rahmen privater Vermögensverwaltung genutzte Grundstücke im Hinblick auf durchgeführte Baumaßnahmen Gegenstand eines gewerblichen Grundstückshandels werden können.

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige zu Beginn der 1980er Jahre Betriebsgrundstücke in sein Privatvermögen überführt. Auf einem Grundstück (Grundstück A) wurde nach Umgestaltung und Erweiterung der vorhandenen Gebäudesubstanz eine Senioren- und Pflegeresidenz errichtet, die an eine GmbH vermietet wurde.

Mit Bauantrag vom Oktober 1999 und endgültiger Genehmigung im Oktober 2001 wurde im Jahr 2004 ein Erweiterungsbau fertiggestellt, wodurch sich die Anzahl der Heim- und Pflegeplätze verdoppelte.

Zwischenzeitlich hatte der Steuerpflichtige im Dezember 2000 eine KG (X-KG) gegründet, deren einziger Gesellschafter er war. Der Gesellschaftszweck der KG bestand in der Fortsetzung der Vermietung der Seniorenresidenz. Hierzu wurde das Grundstück A zum 1.7.2005 in die KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten sowie die Übernahme von in Zusammenhang mit dem Grundstück stehenden Verbindlichkeiten zum Teilwert eingebracht.

Ebenfalls im Jahr 2005 gründete der Steuerpflichtige zusammen mit seiner Ehefrau eine weitere KG (Y-KG), an der die Eheleute jeweils zu 50% beteiligt waren. Im September 2006 wurde als Pflichteinlage ein unbebautes Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Y-KG von den Eheleuten eingebracht. Des Weiteren hatte die Y-KG im Jahr 2006 ein benachbartes Grundstück erworben. Beginnend ab dem Jahr 2007 wurden die Grundstücke parzelliert und verkauft. Ende 2007 waren bereits 11 Baugrundstücke veräußert.

Für das Streitjahr 2005 erklärten die Eheleute für den Ehemann anteilig bis zum 30.6.2005 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem in die X-KG eingebrachten Grundstück. Ein etwaiger Gewinn aus der Einbringung des Grundstücks A wurde nicht erklärt. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß zur Einkommensteuer.

Eine später durchgeführte Außenprüfung vertrat die Ansicht, dass der Steuerpflichtige ein gewerblicher Grundstückshändler sei, zu dessen Betriebsvermögen zumindest teilweise das Grundstück A gehört habe. Dies resultiere bereits daraus, dass die Y-KG einen gewerblichen Grundstückhandel betrieben habe, der dem Steuerpflichtigen als deren Gesellschafter zuzurechnen sei. Das in die X-KG eingebrachte Grundstück ist als Zählobjekt beim Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Auch sei dieses Grundstück für sich genommen bereits einem gewerblichen Grundstückshandel, beginnend ab 1999, zuzuordnen, da mit der Errichtung des Erweiterungsbaus eine Bauträgertätigkeit ausgeübt wurde. Der Erweiterungsbau nebst anteiligem Grund und Boden gehörten zum gewerblichen Grundstückshandel.

Im Ergebnis der Außenprüfung wurde ein geänderter Einkommensteuerbescheid erlassen, der erstmals einen gewerblichen Veräußerungsgewinn aus der Einbringung des Grundstücks A und laufende gewerbliche Einkünfte aus dem gewerblichen Grundstückhandel auswies. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des eingebrachten Grundstücks wurden vermindert berücksichtigt. Des Weiteren wurde gegenüber dem Steuerpflichtigen ein Gewerbesteuermessbescheid erlassen.

Im Rahmen der gegen die Bescheide eingelegten Einsprüche half das Finanzamt insoweit ab, als es in der für die Gewährung von Gesellschaftsrechten liegenden Gegenleistung der X-KG von einer Buchwertfortführung ausging. Der gewerbliche Veräußerungsgewinn wurde vermindert berücksichtigt. Im Übrigen wies das Finanzamt die Einsprüche zurück. Die Klagen hiergegen hatten keinen Erfolg, sodass die Kläger in Revision gingen.

Der BFH sah die Revisionen als begründet an und hob die angefochten Urteile auf. Aufgrund nicht ausreichender Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz konnte der BFH jedoch nicht abschließend entscheiden und verwies die Klagen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Im zweiten Rechtsgang sei insbesondere festzustellen, ob der Steuerpflichtige im Streitjahr in eigener Person einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat. Wenn dem nicht so sei, führten weder die ihm bis zum 30.06.2005 zuzurechnenden Vermietungserträge noch ein etwaiger Einbringungsgewinn zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Ebenso würde ein Gewerbebetrieb nicht vorliegen.

Unabhängig von der nicht vorliegenden Entscheidungsreife grenzte der BFH ab, wann bei der Errichtung eines Erweiterungsbaus mit Veräußerungsabsicht ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt und wann nicht.

Dies sei grundsätzlich zu bejahen, wenn die im Hinblick auf eine Veräußerung ergriffenen Baumaßnahmen so umfassend sind, dass dadurch das bestehende Gebäude nicht nur erweitert oder über seinen ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessert wird, sondern ein neues Wirtschaftsgut „Gebäude” hergestellt wird. Unbeachtlich ist hierbei, ob durch die Maßnahmen eine eigenständiges, neben den Bestandsbau tretendes, neues Gebäude, ein selbständiger Gebäudeteil oder ein einheitliches neues Gebäude entsteht. Nicht erforderlich ist, dass durch die Erweiterung eine andere Marktgängigkeit erreicht wird.

Aufgrund der langjährigen privaten Vermietungstätigkeit scheidet ein gewerblicher Grundstückshandel zudem von vornherein aus, wenn kein neues Wirtschaftsgut entsteht, sondern es sich lediglich um eine Erweiterung nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB oder aber um eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentlichen Verbesserung handelt. Hiervon ist auszugehen, wenn der Erweiterungsbau nach bautechnischer Betrachtung lediglich mit dem Bestandsbau verschachtelt wäre, somit keine eigene statische Standfestigkeit besäße und die Neubauteile dem Gesamtgebäude nicht das Gepräge gäben. Nicht ausgeschlossen ist ein gewerblicher Grundstückshandel jedoch, wenn ein neues selbständiges Gebäude durch die Baumaßmaßnahmen entsteht, dieses also eine eigene statische Standfestigkeit besitzt. Der Erweiterungsbau mit dem anteiligen Grund und Boden wären dann Gegenstand eines gewerblichen Grundstückshandels.

Gleiches gilt, allerdings für das Gesamtgebäude, für den Fall, dass dem Erweiterungsbau zwar die eigene Standfestigkeit fehlt, er aber so mit der Altsubstanz verschachtelt ist, dass hierdurch ein neues Gebäude entstanden ist. Dies aber nur dann, wenn die Neubauteile im Hinblick auf die Größen- und Wertverhältnisse dem Gesamtgebäude das Gepräge verleihen. Der BFH hält hier eine Flächenvergrößerung von gut 150% für ausreichend.

Die aktuellen Urteile legen anschaulich dar, ab wann der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung verlassen wird. Bei der Durchführung von Tätigkeiten zur Erweiterung von Bestandsbauten empfiehlt es sich diese zu beachten, um die Gewerblichkeit zu vermeiden.

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Martin Widder

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