Schädliche Gewinne – Kehrwende für die öffentliche Hand und die Wohlfahrtsverbände

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​veröffentlicht am 25. Februar 2016

 

Mit Urteil vom 27. November 2013 hatte der BFH über die steuerliche Gemeinnützigkeit einer GmbH zu entscheiden, die im Auftrag ihres alleinigen Gesellschafters – eines Landkreises – dessen Pflichtaufgabe „Rettungsdienst” erfüllte. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat nun mit einer Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung die Entscheidung des BFH aufgegriffen und in diesem Zuge etliche Neuerungen eingeführt, die die nachgeordneten Finanzbehörden und auch die gemeinnützigen Körperschaften noch einige Zeit beschäftigen werden. Die Steuerpflichtigen werden sich aufgrund dieser Neuerungen nunmehr darauf einstellen müssen, dass die Erzielung von Gewinnen im Bereich der steuerlichen Gemeinnützigkeit zu Problemen führen wird.

 

​Über das Urteil hatten wir in unserer Ausgabe 06/2014 ausführlich berichtet.

 

Einrichtung der Wohlfahrtspflege

Die umfangreichsten Änderungen betreffen die sog. Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, bei denen § 66 AO es ausreichen lässt, dass 2/3 der Leistungen bestimmten hilfsbedürftigen Personen zugute kommen. Nicht betroffen sind die „Katalogzweckbetriebe der § 67 und § 68 AO.
Das Gesetz geht hier davon aus, dass diese Tätigkeiten nicht „des Erwerbs wegens” ausgeübt werden dürfen. Mit diesem Merkmal hatte der BFH sich bereits mehrfach auseinandergesetzt. Das BMF folgt hier jetzt dem BFH. Soweit die gemeinnützigen Körperschaften in diesem Bereich Gewinne erzielen, besteht nunmehr verstärkt die Gefahr, dass die Gemeinnützigkeit insoweit verloren geht – mit allen Folgen nicht zuletzt auch für den Einsatz von Spendenmitteln oder den Einsatz von Ehrenamtlichen unter Anwendung des Übungsleiterfreibetrages.
   
Selbstverständlich sind Gewinne nicht schlechthin verboten. Das BMF meint hier, die Gewinne dürften den „konkreten Finanzierungsbedarf” nicht übersteigen. Ein Inflationsausgleich oder die Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen soll aber unschädlich sein. Der Gedanke, mit den Gewinnen nur andere ideelle oder steuerbegünstigte Tätigkeiten finanzieren zu wollen, soll nicht helfen.
  
Eine gewisse Erleichterung dürfte hingegen Folgendes sein: Das BMF folgt dem BFH darin, dass es unerheblich sei, mit wem die Leistungen vertraglich vereinbart werden. Entscheidend sei, dass man zumindest faktisch unmittelbar gegenüber den begünstigten Personen tätig werde. Damit dürften Modelle weniger Probleme aufwerfen, in denen z.B. Pflegepersonal an ein Krankenhaus gestellt wird oder Betreuungsleistungen im Rahmen des sog. Betreuten Wohnens gegenüber dem Vermieter versprochen werden. Einen Vorbehalt gibt es allerdings: die Tätigkeit darf, wie eben berichtet, keinen – oder jedenfalls nicht „zuviel” – Gewinn abwerfen.
  
Eine Hoffnung, die sich aus der 2/3 – Grenze ergibt, sollte man allerdings begraben: das verbleibende 1/3 ist kein Freibrief, um beliebige andere Leistungen „in die Steuerfreiheit zu ziehen.” Nach der Neufassung des Anwendungserlasses sind Leistungen, soweit sie nicht zur Organisation des eigentlichen Zweckbetriebes gehören, nicht dem Zweckbetrieb nach § 66 AO zuzurechnen.
 

Rettungsdienst, Speisenversorgung, Personalgestellung

Der Anwendungserlass zu § 66 AO beschäftigt sich mit einigen Leistungsspektren ausdrücklich:
  • Rettungsdienst: Die bisherige generelle Einordnung des Rettungsdienstes durch die Wohlfahrtsverbände unter den § 66 AO ist gestrichen worden. Die Finanzverwaltung wird den Rettungsdienst also an den vorgenannten Kriterien messen. Damit kann es problematisch werden, wenn (zuviel) Gewinn erwirtschaftet wird.
      
  • Belieferung mit Speisen und Getränken: Ähnlich den Grundsätzen für Studentenwerke kann der Betrieb einer Cafeteria für Studierende auf dem Campus einen Zweckbetrieb darstellen. Ausdrücklich genannt ist die Grundversorgung mit Speisen und Getränken von Schülerinnen und Schülern an Schulen bzw. Kindern in einer Kindertagesstätte.
      
  • Gestellung von Mitgliedern: Die Gestellung von Personal an Krankenhäuser und Pflegeeinrichtung hat in der Vergangenheit Probleme aufgeworfen. Dies dürfte nunmehr weitgehend unter Anwendung der neuen Grundsätze unproblematisch sein.

     

„Gemeinnützige” Eigengesellschaft der öffentlichen Hand

Das BMF erkennt nunmehr an, dass auch Eigengesellschaften der öffentlichen Hand im steuerlichen Sinne gemeinnützige Tätigkeiten entfalten können. Dies war in der Rechtspraxis weithin bereits anerkannt, jedoch nicht unumstritten.
  

Die vom BFH aufgeworfene Frage, welche Entgelte ein „ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter” in solchen Konstellationen mit seinem Gesellschafter vereinbaren würde, beantwortet das BMF so: Die Leistungen der Eigengesellschaft müssten „angemessen vergütet” werden, dazu müsse „das Entgelt regelmäßig die Kosten ausgleichen und einen marktüblichen Gewinnaufschlag beinhalten. Bei steuerbegünstigten Einrichtungen ist aufgrund der fehlenden Gewinnorientierung die Erhebung eines Gewinnaufschlags in der Regel nicht marktüblich.”
  

Wir verstehen dies so, dass es bei einer im steuerlichen Sinne gemeinnützigen Eigengesellschaft keines Gewinnaufschlages bedarf. Leider nicht angesprochen wurde, ob dies generell in Unternehmensverbünden gemeinnütziger Körperschaften gilt, also z.B. auch bei Dienstleistungen im Verwaltungsbereich.
  

„Gemeinnützige Hilfsperson”

Das BMF führt Neuerungen für die Zusammenarbeit gemeinnütziger Körperschaften ein, die wir eher als Erleichterung werten möchten.

 

Es spielt in diesen Fällen eine große Rolle, wem eine (dem Grunde nach gemeinnützige) Tätigkeit zuzurechnen ist. Es ist ja so, dass nur derjenige, der selbst unmittelbar tätig ist, auch als gemeinnützig anerkannt werden kann. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel.
 
So hat die Gemeinnützigkeit der Körperschaft, die im Auftrag einer anderen gemeinnützigen Körperschaft tätig ist, schon seit jeher Probleme bereitet. Die Finanzverwaltung ging früher davon aus, dass eine Hilfsperson, die im Auftrag eines anderen tätig wird, nicht selbst gemeinnützig sein könne. Hiervon ist sie nach und nach abgerückt.


Nach der neuesten Fassung des AEAO soll die Steuerbegünstigung einer Hilfsperson nicht ausgeschlossen sein (man beachte die indirekte Formulierung!), „wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfspersonentätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungszwecke verfolgt und” – dies ist jetzt neu – „ihren Beitrag im Außenverhältnis selbstständig und eigenverantwortlich erbringt.”
  
Wir werten dies als Erleichterung für die Zusammenarbeit von gemeinnützigen Körperschaften.
  
Allerdings ist die Neuerung nicht ganz widerspruchslos. Der Widerspruch besteht darin, dass die Hilfsperson ja (zudem) auch ihrem Auftraggeber die Gemeinnützigkeit vermitteln soll, was wiederrum voraussetzt, dass dieser „den Inhalt und den Umfang der Tätigkeit der Hilfsperson im Innenverhältnis bestimmen kann.”
  

Sonstige Änderungen

  • Mittelweitergabe an die öffentliche Hand:

    Im Bereich der Mittelweitergabe beschäftigt sich das BMF mit der Weiterleitung von durch die Gemeinnützigkeit gebundenen Mitteln an Körperschaften des öffentlichen Rechts. Hier wird zugestanden, dass Mittel dem Gesamthaushalt zugute kommen können, wenn die Mittel nachweislich für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden.
       
  • Zahngold:

    In diesem Bereich wird erläutert, unter welchen Voraussetzungen bei der Sammlung und Verwertung von Zahngold von einer Steuerpflicht auszugehen ist.

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