Neues zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft

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veröffentlicht am 25. Februar 2016​

 

Der BFH hat in drei aktuellen Urteilen die Voraussetzungen für die Begründung einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft weiter konkretisiert und ausgedehnt. So ist es nunmehr möglich, dass auch eine Personengesellschaft Organgesellschaft einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ist. Eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen Schwestergesellschaften bzw. mit einem Nichtunternehmer als Organträger sind jedoch auch weiterhin – zumindest nach aktueller Auffassung des BFH – nicht möglich.

 

Nach dem der EuGH sich in seiner Entscheidung „Larentia+Minerva”, Az. C-108/14, dafür ausgesprochen hat, dass auch eine Personengesellschaft Organgesellschaft einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein kann, bekam nunmehr der BFH Gelegenheit seine Sichtweise hierzu darzulegen.
  
Allerdings ist es nicht der elfte Senat des BFH, der das Vorlageverfahren „Larentia+Minerva” anstrengte, sondern der fünfte Senat, der nunmehr versucht die Vorgaben des EuGH in vier Urteilen in nationales Recht umzusetzen. Nachfolgend wollen wir die drei – aus unserer Sicht – relevantesten Urteile kurz beleuchten.
 

Organschaft mit einer Personengesellschaft, V R 25/13

Bis zur Entscheidung des EuGH „Larentia+Minerva” waren nur vereinzelt in der Literatur aufgetaucht, die der Meinung waren, dass eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft auch dann gegeben sein müsste, wenn die Organgesellschaft nicht eine Kapitalgesellschaft ist, sondern eine Personengesellschaft.
  
Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG setzt die Organschaft die Eingliederung einer juristischen Person voraus und schließt damit die Personengesellschaft aus dem Kreis der eingliederbaren Rechtsträger aus. Da der Gesetzgeber bewusst auf eine eigenständige Definition der juristischen Person im umsatzsteuerlichen Sinne verzichtet hat, ist die Definition des Gesellschaftsrechts maßgeblich. Demnach ist eine juristische Person eine Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, wie etwa eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft. Nicht zu den juristischen Personen gehören Personenhandelsgesellschaften wie die OHG oder die KG. Diese können zwar unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Sie begründen diese aber nicht aufgrund einer eigenen Rechtspersönlichkeit.
  
Nachdem der EuGH jedoch in seiner vorgenannten Entscheidung bereits unter Hinweis auf Art. 11 MwStSystRL deutlich gemacht hat, dass es keinen Grund gebe, Personengesellschaften von der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft auszuschließen, folgte nunmehr auch der BFH dieser Ansicht. Der BFH wendet dabei weder Art. 11 MwStSystRL unmittelbar an, noch legt er § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG europarechtskonform aus. Der BFH geht hierbei rechtsdogmatisch einen Sonderweg und kommt auf der Grundlage einer „teleologischen Erweiterung” des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu dem Schluss, dass auch Personengesellschaften Organgesellschaft einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft sein können.
 

Organschaft mit einem Nichtunternehmer, V R 67/14

Der BFH hatte sich in diesem Verfahren mit der Frage zu befassen, ob auch ein Nichtunternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts ein tauglicher Organträger einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft sein kann.
  
Der BFH hat hierzu nochmals bestätigt, dass auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts Organträger einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein kann. Die Unternehmereigenschaft des Organträgers gehört danach zu den Voraussetzungen, nicht aber zu den Rechtsfolgen der Organschaft. Mithin muss der Organträger einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft zumindest nach aktuellem nationalem Recht zwingend Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sein.
  
An dieser Sichtweise ändert auch die Regelung des Art. 11 MwStSystRL nichts. Zwar besteht danach die Möglichkeit, dass jeder Mitgliedstaat die in seinem Gebiet ansässigen Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln kann. Jedoch kann dies aus Gründen der Vermeidung von Steuermissbräuchen auch anders ausgelegt werden.
   
Der BFH sieht in dem Fall, dass ein umsatzsteuerrechtlicher Nichtunternehmer Organträger einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft sein könnte, die Gefahr des Steuermissbrauchs als gegeben an. Daher verbleibt es – trotz der Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2013 – dabei, dass der Organträger einer umsatzsteuerlichen Organschaft auch weiterhin ein umsatzsteuerlicher Unternehmer sein muss. Es bleibt damit abzuwarten, ob auch andere Senate des BFH dies so sehen oder ob sie aufgrund der weiteren vom EuGH angedeuteten Sichtweisen zu einer anderen Auffassung kommen.
 

Organschaft zwischen Schwestergesellschaften, V R 15/14

Laut nationalem Recht muss eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein (Organschaft). Zwischen Schwestergesellschaften, die nur mittelbar über den selben Gesellschafter miteinander verbunden sind, ist insbesondere die Frage der finanziellen Eingliederung problematisch. Eine finanzielle Eingliederung setzt grundsätzlich eine eigene Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der juristischen Person voraus (BFH, Urteil vom 22. November 2001 - V R 50/00). Diese Mehrheitsbeteiligung kann dabei sowohl mittelbar als auch unmittelbar vorliegen. Schwestergesellschaften sind allerdings nicht aneinander beteiligt.
  
Ohne das Vorliegen einer eigenen Mehrheitsposition könne – so der BFH – jedoch die Person des Organträgers nicht eindeutig bestimmt werden. Der EuGH hat in seiner Entscheidung Larentia+Minerva ausgeführt, dass das Unionsrecht die Regelungen der umsatzsteuerlichen Organschaft nicht allein den Personen vorbehält, die sich in einem Unterordnungsverhältnis zum Organträger befinden. Auf eine Unterordnung darf nach Ansicht des EuGH nur ausnahmsweise abgestellt werden, wenn dies für die Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen erforderlich und geeignet ist. Zwar stellt der BFH zutreffend fest, dass die aktuellen nationalen Regelungen über das, was die MwStSystRL fordert hinausgeht und damit grundsätzlich nicht europarechtskonform wäre. Jedoch sieht der BFH in der nationalen Ausgestaltung ein Mittel zur Vermeidung von Steuermissbräuchen. In der Entscheidung „Larentia+Minerva” hat der EuGH wiederholt verdeutlicht, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, in Fällen der Gefahr des Steuermissbrauchs auch über die Grenzen der MwStSystRL hinauszugehen.
  
Daher verbleibt es aktuell dabei, dass zwischen Schwestergesellschaften aufgrund der fehlenden Bestimmbarkeit des Organträgers keine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestehen kann. Inwieweit eine satzungsmäßige Stimmrechtsbindung zu einem anderen Ergebnis führen kann, hat der BFH leider offengelassen. Es besteht jedoch die Hoffnung, dass der fünfte Senat des BFH in seiner Entscheidung die Anmerkungen des EuGH aus der Entscheidung Larentia+Minerva, aufgreift und fortentwickelt. Sofern die Leistungsbeziehungen zwischen den Schwestergesellschaften zu erheblichen positiven Effekten im Falle einer umsatzsteuerlichen Organschaft führen würden, so sollte über eine Umstrukturierung der bestehenden Beteiligung ernsthaft nachgedacht werden.
 

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Marcel Reinke

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