Wettbewerb im Lichte des § 2b UStG – Die Bedeutung von Theorie und Praxis bei der Frage des potenziellen Wettbewerbes! – BFH 10. Februar 2016

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​veröffentlicht am 30. Mai 2016

 

Für die Anwendung des neuen § 2b UStG auf die Umsatzbesteuerung öffentlich-rechtlicher Träger spielt die Frage der Abgrenzung des öffentlich-rechtlichen zum privatrechtlichen Vertrag sowie das Vorliegen von Wettbewerbsverzerrungen eine bedeutende Rolle. In einem Fall, in dem es um die Anwendung des alten Rechts ging, äußerte sich nun der BFH zu diesen Punkten.

 

​Der neue § 2b Abs. 1 Satz 1 UStG knüpft tatbestandlich an die Ausübung „öffentlicher Gewalt” an, ohne diesen Begriff näher zu definieren. Aus den Begründungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens geht hervor, dass der Begriff der „öffentlichen Gewalt” i.S.d. BFH-Rechtsprechung (Vgl. insbesondere BFH Urt. v. 15. April 2010 - V R 10/09, UR 2010,646; Urt. v. 10. November 2011 - V R 41/10, UR 2012,272) auszulegen ist. Eine jPdöR agiert hiernach nur im Rahmen der öffentlichen Gewalt, wenn sie auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung (z. B. öffentlich-rechtlicher Vertrag, öffentlich-rechtliche Vereinbarung, Verwaltungsakt o.a.) tätig wird. Darüber hinaus darf es dann nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen kommen. Letztere sind ebenso nicht definiert und daher von vornherein streitanfällig.
 
Nun hat der BFH in seiner Entscheidung vom 10. Februar 2016 (XI R 26/13) für eine Ärztekammer als jPdöR Stellung bezogen. Entscheidend sei, ob die jPdöR im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung oder unter den gleichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer tätig ist. Für die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag kommt es auf dessen Gegenstand und Zweck an.
  

Im entschiedenen Fall wurde der Landesärztekammer NRW als jPdöR im Rahmen der externen Qualitätssicherung durch den BFH attestiert, dass vertragliche Vereinbarungen einer sog. Projektgeschäftsstelle bei einer Ärztekammer, deren Aufgaben 
  • die Annahme von Datensätzen zur Qualitätssicherung von Krankenhäusern und deren Weiterleitung,
  • die Prüfung der Vollständigkeit und Plausibilität der Daten,
  • die Zurverfügungstellung einer Informations- und Beratungsplattform für die Krankenhäuser und die Vertragspartner,
  • die Durchführung von Auswertungen,
  • die Entwicklung von Qualitätsindikatoren und Qualitätszielen,
  • die Entwicklung von Bewertungsrelationen der Qualitätsindikatoren innerhalb der Module,
  • die jährliche Berichterstattung über die Ergebnisse der Maßnahmen an die Vertragspartner und die Mitglieder des Ausschusses,

 
sind, eine öffentlich-rechtliche Grundlage darstellen.
 
Es ist hierbei nicht entscheidend, ob mit einem Umsetzungsvertrag die Befugnisse eingeräumt werden, Verwaltungsakte zu erlassen. Ebenso war es ohne Belang, ob ein privates Unternehmen mit der Aufbereitung von Daten beauftragt worden sei. Die o.g. Aufgaben der jPdöR gingen weit über die reine Datenaufbereitung hinaus und schlossen auch das Führen eines strukturierten Dialoges mit ein. Die Finanzierung erfolgte durch Zuschläge (Entgelte) der Krankenhäuser.
 
Zur Frage des Wettbewerbes kommt es nicht auf die Verhältnisse im jeweiligen lokalen Markt an. Wettbewerbsverzerrungen beurteilen sich in Bezug auf die fragliche Tätigkeit. „Jedoch kann die rein theoretische, durch keine Tatsache, kein objektives Indiz und keine Marktanalyse untermauerte Möglichkeit für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer, in den relevanten Markt einzutreten, nicht mit dem Vorliegen eines potentiellen Wettbewerbes gleichgesetzt werden” – so der BFH. Es kommt daher auch auf die Art und den Umfang des Leistungsangebotes an. Einem privaten Dritten gegenüber wären die Ärzte, ohne die Qualitätssicherungsmaßnahmen nicht durchführbar sind, nicht verpflichtet und auch insbesondere nicht berechtigt, erforderliche geschützte Daten mitzuteilen und weitere Auskünfte dazu zu geben. Im Urteilsfall war die einem privaten Unternehmer übertragene Aufgabe nur eine Vorstufe für die umfassenden Leistungen, die nicht nur technischer Natur waren.
 
Unter diesen Aspekten sollte sich der Frage des Wettbewerbes im Sinne des § 2b UStG genährt werden können.

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