Vorzunehmende Änderungen in GuV und Bilanz mit konkreten Beispielen

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​​Autoren: Tino Schwabe und Heike Böhm

veröffentlicht am 5. Oktober 2016

 

Die Änderung der Definition der handelsrechtlichen Umsatzerlöse gemäß § 277 Abs. 1 HGB und die anstehenden Änderungen bzw. Harmonisierungen der Rechnungslegungsvorschriften der KHBV stellen die wesentlichsten Neuerungen des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG) dar. Die vorzunehmenden Anpassungen betreffen nicht nur die Umsatzerlöse, sondern haben auch weitreichende Auswirkungen auf andere Positionen, insbesondere im Ausweis bzw. der Zuordnung in der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung.

 

Durch die geplante Anpassung der Gliederungs-/ Rechnungslegungsvorschriften der KHBV an die des HGB (siehe auch „Allgemeine gesetzliche Lage zur KHBV und PBV”) werden weitreichende Änderungen in der Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz auf die Krankenhäuser aller Rechtsformen zukommen. Den größten Einschnitt wird die neue Umsatzerlösdefinition gemäß § 277 HGB bringen. Nach der bisherigen Regelung waren Erlöse aus der typischen gewöhnlichen Geschäftstätigkeit unter den ersten vier Positionen der GuV entsprechend der KHBV auszuweisen. Der neuen Regelung folgend sind künftig sämtliche Erlöse aus Produkten und Dienstleistungen als Umsatzerlöse zu erfassen. Das führt dazu, dass ein Großteil der bisherigen sonstigen betrieblichen Erträge jetzt als Umsatzerlöse zu deklarieren und unter der dafür neu geschaffenen GuV-Position 4a „Umsatzerlöse eines Krankenhauses nach § 277 des Handelsgesetzbuchs, soweit nicht in den Ertragsposten Nummer 1 bis 4 enthalten” auszuweisen sind. Dem folgend müssen auch korrespondierende Positionen in der Bilanz angepasst werden.

 

Änderungen in den Ertragspositionen

Trotz Neudefinition der Umsatzerlöse kann sich eine klare Abgrenzung der Umsatzerlöse und der sonstigen betrieblichen Erträgen in der Praxis weiterhin als schwierig erweisen. Anhaltspunkte bieten hier die Kommentierungen zum HGB und der Kontenrahmen der KHBV. Eine Einzelfallbetrachtung ist daher in jedem Fall erforderlich. Umsatzerlöse liegen vor, wenn sie im Zusammenhang eines Leistungsaustausches erbracht werden, typischerweise im laufenden Geschäftsverkehr anfallen und diese sowohl planmäßig als auch regelmäßig/wiederkehrend sind und dem Geschäftsmodell bzw. der Geschäftstätigkeit unterliegen. Der Gesetzgeber hat u.E. dieses jedoch in der KHBV nicht 1:1 umgesetzt und die Kontengruppen nicht differenziert betrachtet. So wurden alle Kontengruppen bzw. Kontenuntergruppen, die im HGB als sonstige betriebliche Erträge genannt werden, in dieser Position belassen. Die restlichen Sachverhalte wurden der neuen Umsatzerlösposition 4a zugeordnet, obwohl die Neustrukturierung selektiver hätte vorgenommen werden müssen. Dies spiegelt sich insbesondere in der Kontengruppe 57 wider, die eine Sammelposition darstellt.

 

Nach der Neudefinition der Umsatzerlöse würden demnach folgende Erlöse unter die Umsatzerlöse fallen:

  • Erträge aus innerkonzernlichen Beziehungen, denen eine Verrechnung eines  Leistungsaustauschs zugrunde liegt
  • Überlassung von Mitarbeitern oder Geräte an Dritte
  • Erlöse aus Dienstleistungen und Veräußerungen von Produkten im Rahmen der typischen Geschäftstätigkeit an Mitarbeiter oder Dritte (bspw. Kantine, Apotheke)
  • Vermietung und Verpachtung
  • Periodenfremde Erträge im Rahmen der Umsatzerlösdefinition
  • Erträge aus Notarzteinsätzen und Rettungsdienst
  • Erlöse aus Gutachtertätigkeit
  • Erlöse für Leichenschaugebühr
  • Zuschüsse mit Leistungsaustausch bzw. Gegenleistungsverpflichtung (bspw. für Kooperationen)
  • Erträge aus Mahngebühren/Inkassogebühren soweit aus Dienstleistung entstanden, ansonsten handelt es sich um Zinserträge
  • Erhalt der MDK-Aufwandspauschale
  • DRG Systemzuschlag

 

Als sonstige betriebliche Erträge sind dagegen weiterhin auszuweisen:

  • Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen
  • Erträge aus Anlagenverkäufen
  • Spenden
  • Erträge aus Wertpapierverkäufen
  • Auflösung von Wertberichtigungen auf Forderungen

 

Die Kontengruppe 57, die alle Erträge beinhaltet, die keiner anderen Gruppe zuordenbar sind, wird vollständig in die neu geschaffene Position 4a umgegliedert. Dies kann nicht im Sinne der Neudefinition der Umsatzerlöse nach HGB sein. Denn bei den in der Kontengruppe 57 aufgeführten Erträgen liegt nicht immer ein Leistungsaustausch vor.

 

Bei Konzernumlagen liegt bspw. dann kein Leistungsaustausch vor, wenn ausschließlich nur reine Verrechnung von Umlagen (z.B. Versicherungskosten) erfolgen. Diese Erlöse sollten bei den sonstigen betrieblichen Erträgen verbleiben, was aber wiederum die Kontengruppenstruktur der KHBV nicht vorsieht.

 

Der Verkauf von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens gehört nicht zu den typischen, geschäftsmodellbedingten Umsatzerlösen von Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, so dass diese Erträge zutreffend weiterhin als sonstige betriebliche Erträge auszuweisen sind. Jedoch ist die Umgliederung der Erlöse aus Versicherungsentschädigungen oder der MDK-Pauschale in die Umsatzerlösposition 4a das beste Beispiel, dass eine differenzierte Vorgehensweise vorgenommen hätte werden müssen, da hier der klassische Leistungsaustausch fehlt.

 

Mit dem Wegfall des außerordentlichen Ergebnisses im HGB n.F. und dem § 277 Abs. 4 HGB sind die periodenfremden Erträge und Aufwendungen in der GuV grundsätzlich unter dem sachlich zutreffenden Posten auszuweisen. Dies würde beispielhaft bedeuten, dass sämtliche Rechnungsstornierungen (Aufwand) und Rechnungsneuschreibungen (Ertrag) durch MDK Korrekturen im DRG Bereich ab dem Geschäftsjahr 2016 unter der Position „Erträge aus Krankenhausleistungen” zu führen sind. Der Gesetzgeber hat jedoch alle periodenfremden Erträge (KUGr. 591) in die Umsatzerlösposition 4a zugeordnet. Der wirtschaftliche Zusammenhang sollte jedoch hier eher im Fokus stehen, so dass u.E. die periodenfremden Erträge und Aufwendungen den sachlich zutreffenden Positionen zugeordnet werden sollten.

 

Änderungen in den Aufwandspositionen

Mit der Klarstellung in § 255 HGB, dass zurechenbare Anschaffungspreisminderungen von den Anschaffungskosten zum Abzug gebracht werden müssen, ergeben sich auch hier Auswirkungen auf die sonstigen betrieblichen Erträge durch Bonusgutschriften und Skontoerträge. Bei einer einzelnen Zurechenbarkeit oder einer nachvollziehbaren Schlüsselung der Bonusgutschriften sind diese anschaffungspreismindernd bei den Vermögensgegenständen, die zum Bilanzstichtag noch vorhanden sind, zu berücksichtigen. Demzufolge ist der Bonusanteil auf bereits verbrauchte Vorräte, die im laufenden Geschäftsjahr angeschafft wurden, als periodengerechte Kürzung des Materialaufwandes zu erfassen. Die Bonusgutschriften auf Vermögensgegenstände, die in der Vorperiode verbraucht wurden, sind als periodenfremde Erträge unter den sonstigen betrieblichen Erträgen auszuweisen. Da alle Boni-Erträge (sowohl für das laufende Geschäftsjahr als auch für Vorjahre) unter die KUGr. 571 der KHBV fallen, müssten sie der Umsatzerlösposition 4a zugeordnet werden. Diese Darstellung ist u.E. nicht sachgerecht und spiegelt den wirtschaftlichen Zusammenhang nicht zutreffend wieder. Wir empfehlen daher der handelsrechtlichen Abbildung zu folgen.

 

Bei den sonstigen betrieblichen Aufwendungen ergeben sich nur bedingt Änderungen. Eine Anpassung des Kontenrahmens ist unterblieben. Es ist aus unserer Sicht jedoch zu empfehlen, die sonstigen betrieblichen Aufwendungen zu überprüfen, ob bestimmte Aufwendungen als bezogene Leistung definiert werden können, um die wahre Größenordnung der Materialaufwandsquote realistischer abbilden zu können.

 

Handelsrechtlich sind Umgliederungen für Aufwendungen vorzunehmen, die im direkten Zusammenhang zu den Umsatzerlösen stehen. Typische Fälle könnten bezogene Vorleistungen wie z.B. Miet-/Leasingaufwendungen oder bezogene Dienstleistungen sein, die im Zusammenhang mit Umsätzen stehen, welche jetzt unter der GuV-Position 4a auszuweisen sind. Solche Aufwendungen sind künftig unter den bezogenen Leistungen im Materialaufwand auszuweisen.

 

Änderungen in der Bilanz

Die Neudefinition der Umsatzerlöse strahlt auch auf die Bilanzpositionen „Forderungen aus Lieferungen und Leistungen” und „sonstige Vermögensgegenstände” aus. So sind die Ansprüche gegenüber Dritten, welche unter die Neudefinition der Umsatzerlöse fallen und nicht konzernintern sind, im Geschäftsjahr 2016 unter den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auszuweisen. Sofern Forderungen aufgrund von hinterlegten Debitoren-Stammdaten bislang als sonstige Forderungen ausgewiesen werden, sind ggf. auch entsprechende technische Anpassungen erforderlich. Einige ERP-Systeme lassen nur eine Änderung bei einem Nullsaldo des hinterlegten Bestandskontos im Stammdatenblatt zu.

 

Keine Änderungen treten beim Ausweis der debitorischen Kreditoren und den kreditorischen Debitoren auf. Diese sind weiterhin unter den sonstigen Vermögensgegenständen bzw. sonstigen Verbindlichkeiten auszuweisen.

 

Die Ausweisänderungen haben auch weitreichende Anhangangaben zur Folge. (siehe auch „Die wesentlichen Änderungen von Anhang und Lagebericht in Folge des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG)”) Dabei müssen Erläuterungen im Anhang zum Vorjahresvergleich oder zu den Anpassungen des Vorjahres aufgenommen werden.

 

Fazit

Eine Angleichung der KHBV an das HGB hat nur zum Teil stattgefunden. Durch die Bildung der Umsatzerlösposition 4a nähert man sich einerseits zwar der neuen Umsatzerlösdefinition des HGB an. Andererseits verfehlt man jedoch das Ziel durch eine zu pauschale Zuordnung von Kontengruppen zu der neuen Umsatzerlösposition 4a. Insbesondere zu nennen ist hier die Kontengruppe 57, welche aus rein handelsrechtlicher Sicht Ertragsarten beinhaltet, die sowohl den Umsatzerlösen als auch weiterhin den sonstigen betrieblichen Erträgen zuzuordnen sind. Des Weiteren wurde eine Anpassung des Kontenrahmens bei den – zu der Umsatzerlösposition 4a – korrespondierenden Aufwendungen nicht vorgenommen.

 

Grundsätzlich sind die Krankenhäuser an den Kontenrahmen gebunden (§ 3 Satz 2 KHBV). Trotzdem sollte im Rahmen der Kontenum- und -neugliederung mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl vorgegangen und die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht aus den Augen verloren werden.

 

Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber diese Lücken erkennt und die KHBV grundlegend neu strukturiert.

Kontakt

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Tino Schwabe

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Associate Partner

+49 911 9193 3651

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