Zweckbetriebe bei Wohlfahrtseinrichtungen – in Zukunft nur dann steuerfrei, wenn Prognosen und Kalkulationen vorgelegt werden

PrintMailRate-it

​​​​veröffentlicht am 19. Dezember 2016

 

Zu Beginn dieses Jahres wurden in einer Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung eine Reihe von Neuregelungen für Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO) eingeführt (wir berichteten ausführlich in unserer Ausgabe 02/2016). Welche Auswirkungen diese Änderungen in der Praxis haben, war bisher noch völlig im Unklaren. Es steht im Raum, dass Wohlfahrtsverbände bei erfolgreichem Wirtschaften die Gemeinnützigkeit verlieren.

 

Zumindest für die Vergangenheit (Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2015) scheint aufgrund eines kürzlich verfassten Schreibens des Bundesfinanzministeriums (BMF) nun „Ruhe einzukehren”. Für die Zukunft sind Wohlfahrtseinrichtungen jedoch dringend zum Handeln aufgefordert, wenn sie ihre bisher geltende Steuerbefreiung weiter aufrecht erhalten wollen.

 

​Hintergrund

Wohlfahrtseinrichtungen sind mit ihren Tätigkeiten im Rahmen ihrer Zweckbetriebe in der Ertragsteuer (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) steuerbefreit. Während diese Steuerbefreiung in der Vergangenheit in der Regel so gesehen wurde, dass Gewinne der Zweckbetriebe nicht zu  versteuern waren, legt der neue Anwendungserlass zu § 66 AO Abs. 2 fest, dass die Steuerbefreiung nur dann greift, wenn die Wohlfahrtspflege „nicht des Erwerbs wegen” ausgeführt wird. Eine Ausführung „des Erwerbs wegen” wird durch die Finanzverwaltung allerdings nach dem neuen Anwendungserlass schon dann unterstellt, wenn „damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen”.  Was genau mit „dem jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb” gemeint ist, ist nicht genauer definiert.

 

Ein Handeln des Erwerbs wegen liegt laut Finanzverwaltung allerdings auch dann vor, wenn durch die Gewinne einer Einrichtung andere Zweckbetriebe nach §§ 65, 67, 67a und 68 AO bzw. die übrigen ideellen Tätigkeiten finanziert werden. Die Mitfinanzierung eines anderen Zweckbetriebes nach § 66 AO ist unschädlich.

 

Problem

Wohl kaum eine Wohlfahrtseinrichtung hat in der Vergangenheit ihre Zweckbetriebseinnahmen dahingehend getrennt bzw. buchhalterisch erfasst, dass eine Zuordnung zu den verschiedenen in der AO definierten Zweckbetrieben (§§ 65, 66, 67, 67a, 68 AO) möglich wäre, geschweige denn erfolgte eine Trennung in verschiedene Zweckbetriebe nach § 66 AO. Ein Nachweis, dass ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege keine Gewinne erzielt hat (die in anderen Zweckbetrieben oder dem ideellen Bereich eingesetzt wurden) ist daher nicht (ohne weiteres) möglich, was auch rückwirkend zur Steuerpflicht führen könnte.

 

Lösung

„Kurzfristig” – was die abgelaufenen Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2015 betrifft – schafft ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums, auszugsweise veröffentlicht als Kurzinformation des Finanzministeriums Schleswig-Holstein am 06.10.2016 – Abhilfe. Soweit die Finanzämter bisher (auf den jeweils bezogenen Steuerpflichtigen) akzeptiert haben, dass die tatsächlich erzielten Gewinne eines Zweckbetriebs der Wohlfahrtspflege um die für andere Zweckbetriebe und an andere Gemeinnützige weitergeleitete Mittel gemindert wurden, bleibt diese Praxis bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2015 unbeanstandet.

 

Mittelfristig soll diese Übergangsregelung allerdings nur sicher stellen, dass die betroffenen Wohlfahrtsorganisationen Gelegenheit haben, ihr innerbetriebliches Rechnungswesen auf Vordermann zu bringen. Zum einen bedeutet dies, dass Wohlfahrtseinrichtungen zwingend eine Planung vorlegen müssen, welche Gewinne (bzw. Ergebnisse) sie in den einzelnen Zweckbetrieben erzielen wollen. Geplante Gewinne dürfen nur im jeweiligen Zweckbetrieb selbst eingesetzt werden. Lediglich nicht geplante, also mehr oder weniger „zufällig” im Zweckbetrieb entstandene Gewinne dürfen auch in einem anderen Zweckbetrieb zugunsten der Wohlfahrtspflege werden.

 

Aufgabe für alle Wohlfahrtseinrichtungen:

  • Bestandsaufnahme und steuerliche Einordnung der vorhandenen Zweckbetriebe
  • Planungen, Prognosen und Kalkulationen für künftige Jahre, insbesondere auch (noch) für 2016


Autorin: Anka Neudert

Kontakt

Contact Person Picture

Ronny Oechsner

Steuerberater

Associate Partner

+49 221 949909 439

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu