Betreutes Wohnen: Umsatzsteuerbefreiung für Wohlfahrtsverbände auf dem Prüfstand

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BFH, 19.03.2013
 
Die Klägerin betrieb ein als gemeinnützige Körperschaft anerkanntes Altenwohnheim. Sie überließ dem jeweiligen Bewohner auf der Grundlage eines Heimvertrages eine abgeschlossene unmöblierte Wohnung mit eingebauten Küchenelementen, die über eine eigene Klingel, ein Namensschild, eigenen Telefonanschluss, Briefkasten und Kelleranteil verfügte. Zu den ferner von der Klägerin erbrachten
sog. Grundleistungen gehörte die Überlassung eines Telefons, eine Notruf- und Pflegebereitschaft rund um die Uhr, die regelmäßige Grundreinigung der Wohnung, die Vorhaltung der Gemeinschaftsräume und -anlagen (Bibliothek, Gymnastikraum, Kapelle, Seelsorge, Hallenbad), ein tägliches Mittagessen im Speisesaal einschließlich Bedienung sowie die Betreuung und Pflege im Krankheits- und Pflegefall bis zu einer Gesamtdauer von 14 Tagen im Jahr. Für darüber hinaus in Anspruch genommene Pflegeleistungen war ein gesondertes Entgelt zu entrichten. Die Klägerin rechnete gegenüber der Pflegekasse ab, soweit von dieser Leistungen gewährt wurden, und im Übrigen direkt mit den Bewohnern.
 
FA und FG behandelten die Pflegeerlöse einschließlich Verpflegung und diverser Nebenumsätze für das Jahr 2001 als steuerpflichtig mit dem ermäßigten Steuersatz. Sie waren der Ansicht, dass die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht geeignet seien, die Voraussetzungen des damals geltenden Umsatzsteuergesetzes (§ 4 Nr. 16 lit. d UStG a.F.) nachzuweisen. Der BFH entschied aber, dass eine (einfache) Pflegebedürftigkeit ausreiche und gab den Streitfall an das FG zur weiteren Prüfung zurück. Zwar betrifft die Entscheidung des BFH die alte Gesetzesfassung, während aktuell z.B. Altenwohnheime von der Befreiung nicht mehr erfasst sind und anders als früher auch ausdrücklich auf die Vergütung der Leistungen durch die Sozialleistungsträger abgestellt wird (§ 4 Nr. 16 lit. k UStG). Allerdings war in dem Urteilsfall unstreitig, dass die Umsätze der Klägerin in den Folgejahren aufgrund des Beitritts zu einem Wohlfahrtsverband nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei waren, obwohl sich an den erbrachten Leistungen der Art nach nichts geändert hatte. In diesem Zusammenhang weist der BFH (erneut) deutlich darauf hin, dass Unternehmer, die nicht auf die Befreiung für Wohlfahrtsverbände zurückgreifen können, sich möglicherweise unmittelbar auf EU-Recht berufen können. Der BFH gibt dem FG hierzu einen ausführlichen Prüfkatalog mit auf den Weg, der zu prüfen sei, wenn die Befreiung für Pflegeleistungen nicht greift. Anzumerken bleibt, dass in 2012 kurzfristig eine vollständige Änderung des § 4 Nr. 18 UStG geplant war, die dann aber fallen gelassen wurde.
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