Ein Zuschuss hindert den vollständigen Vorsteuerabzug nicht! (EuGH, 22. Oktober 2015)

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​veröffentlicht am 15. Dezember 2015

 

Der EuGH sieht in der Gewährung von Zuschüssen keinen für das Recht auf Vorsteuerabzug schädlichen Vorgang. Vielmehr genügt es für die Gewährung des vollständigen Vorsteuerabzugs nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtsache „Sveda”, wenn zwischen dem Eingangs- und dem Ausgangsumsatz nur ein mittelbarer Zusammenhang besteht. Diese neue Sichtweise gibt vielen zuschussfinanzierten Unternehmen die Chance trotz eines Zuschusses in den Genuss des vollständigen Vorsteuerabzugs zu gelangen.

 

Ein Unternehmer ist gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG berechtigt von der von ihm geschuldeten Mehrwertsteuer die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden, soweit diese Gegenstände  und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. Die Regelungen des § 15 UStG beruhen dabei auf Art. 168  der Richtlinie 77/388/EWG (nachfolgend auch „MwStSystRL” genannt) und sind daher entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen.
  
Der EuGH hat in der Rechtsache „Midland Bank” (Az. C-98/98) entschieden, dass nach der MwStSystRL ein Vorsteuerabzug grundsätzlich nur dann zu gewähren ist, wenn ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem Eingangsumsatz und einem Ausgangsumsatz besteht, der das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnet. Unklar war bisher die Frage, wie sich eine kostenfreie Nutzung des Wirtschaftsgutes für die Öffentlichkeit auf den Vorsteuerabzug auswirkt. Vielfach stellt sich in solchen Konstellationen auch die Frage, inwieweit vom Unternehmer vereinnahmte Zuschüsse sich auf den Vorsteuerabzug auswirken.
 
Ausgehend von den bisherigen Grundsätzen ist man vielfach davon ausgegangen, dass eine – wie die vorgenannte Fallkonstellation – den Vorsteuerabzug ausschließt, da es an einem unmittelbaren und direkten Zusammenhang mit einem Ausgangsumsatz fehlt. Dies sah der EuGH jedoch in der Rechtsache „Sveda” (Az. C-126/14) anders.
 
Der EuGH führt in der Rechtsache „Sveda” aus, dass das Merkmal des unmittelbaren Zusammenhangs weit zu verstehen ist und daher auch rein verkaufsfördernde Maßnahmen – wie eine kostenfreie Nutzung von Wirtschaftsgütern – als unmittelbarer Zusammenhang angesehen werden können. Aus Sicht des EuGH ist das entscheidende Kriterium in solchen Fallkonstellationen, dass der steuerpflichtige Unternehmer später beabsichtigt auch tatsächlich steuerpflichtige Umsätze zu erbringen. Der steuerpflichtige Unternehmer muss hierbei jedoch keine steuerpflichtigen Umsätze mit dem betroffenen Wirtschaftsgut selbst erzielen wollen. Ausreichend soll vielmehr sein, dass dieses Wirtschaftsgut verkaufsfördernd wirkt. Es genügt daher, auch wenn der EuGH dies konkret so nicht sagt, ein mittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz.
  
Durch diese Sichtweise des EuGH dürfte auch die Rechtsprechung des BFH und die Sichtweise der Finanzverwaltung bezüglich des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs aus der Errichtung oder der Erhaltung eines Wanderweges, welcher kraft Widmung die Eigenschaft als „öffentliche Straße” erhalten hat, mangels fehlender Zuordnung zum „Kurbetrieb” überholt sein.
 
Neben dieser Ausweitung der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs hat der EuGH zumindest inzident auch eine Aussage zur Frage der Auswirkungen von erhaltenen Zuschüssen in Bezug auf den Vorsteuerabzug gemacht. Nach aktuell geltendem nationalen Verständnis führten erhaltene Zuschüsse regelmäßig zu einem teilweisen Ausschluss des Vorsteuerabzugs oder stellten gar ein Entgelt von dritter Seite dar und waren daher umsatzsteuerpflichtig. In dem der EuGH, trotz Kenntnis der Zuschussgewährung, diesem Umstand in seiner Entscheidung an keiner Stelle eine Bedeutung bemisst, kann nach unserer Lesart nur so verstanden werden, dass die Gewährung eines Zuschusses und auch dessen Erhalt keine schädlichen Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug haben.
 
Der EuGH hat die Rechtsache „Sveda” zudem auch nochmals dafür genutzt, um die Finanzverwaltung und die nationalen Gerichte daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Finanzverwaltungen und die nationalen Gerichte im Rahmen der ihnen obliegenden Anwendung des Kriteriums des unmittelbaren Zusammenhangs alle Umstände zu berücksichtigen haben, unter denen die betreffenden Umsätze ausgeführt wurden und nur die Umsätze heranzuziehen haben, die objektiv im Zusammenhang mit der der Steuer unterliegenden Tätigkeit des Steuerpflichtigen stehen. Aufgrund dieser Mahnung sehen wir derzeit gute Chancen sowohl den vollständigen Vorsteuerabzug für Eingangsumsätze bewilligt zu bekommen, die nur einen mittelbaren Zusammenhang zum steuerpflichtigen Ausgangsumsatz ausweisen, als auch viele umsatzsteuerliche Probleme im Zusammenhang mit der Gewährung und dem Erhalt von Zuschüssen einer Lösung im Sinne der betreffenden Einrichtungen zu zuführen.

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Marcel Reinke

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