Zytostatika aus der Krankenhausapotheke an ambulant behandelte Patienten nun doch umsatzsteuerfrei

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BFH-Urteil vom 24.09.2014

 

 

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Mit dem lang erwarteten Urteil vom 24. September 2014 entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass die Verabreichung von Zytostatika im Rahmen einer ambulant im Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz umsatzsteuerfrei ist.

Dies gelte sowohl für die ambulante Krankenhausbehandlung durch das Krankenhaus selbst im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 116a SGB V oder der ambulanten Behandlungen gemäß § 116b SGB V als auch im Falle der ambulanten Krankenhausbehandlung durch gemäß § 116 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Krankenhausärzte.


In seiner Urteilsbegründung führt der BFH aus, dass ein mit der Krankenhaus- oder Heilbehandlung eng verbundener Umsatz danach zu definieren sei, ob dieser zur Erreichung eines damit verfolgten therapeutischen Ziels unentbehrlich ist. Diese Tatsache sah der BFH im Streitfall als erfüllt an. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sei nicht zwischen stationär und ambulant im Krankenhaus behandelten Patienten zu unterscheiden. Auch die Vereinbarung keines einheitlichen Entgeltes oder denkbare alternative Methoden zur Arzneimittelbeschaffung aus anderen Apotheken führten nicht zur Versagung der Umsatzsteuerbefreiung. Maßgeblich sei aber die Unentbehrlichkeit mit Blick auf die konkrete therapeutische Zielsetzung.


Aus Sicht der Richter ist ein Umsatz auch dann noch mit der Krankenhaus- oder Heilbehandlung eng verbunden, wenn die Leistung durch zwei unterschiedliche Unternehmer erbracht würde. Allein die Identität des Leistungsempfängers sei maßgebend. Es stehe der Steuerfreiheit auch nicht entgegen, dass die Zytostatika nicht nur zur ambulanten Krankenhausbehandlung durch das Krankenhaus selbst im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 116a SGB V oder zu ambulanten Behandlungen gemäß § 116b SGB V verwendet wurden, sondern auch der ambulanten Krankenhausbehandlung durch gemäß § 116 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Krankenhausärzte dienten.


Zwar könnten Mitgliedsstaaten auf Grundlage der Richtlinie 77/388/EWG die Steuerbefreiung bei Leistungen privater Krankenhäuser davon abhängig machen, dass die Steuerfreiheit „nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen führt”. Da der nationale Gesetzgeber diese Ermächtigung nicht ausgeübt habe, komme es hierauf jedoch nicht an.


Des Weiteren diene die Verabreichung der Medikamente unmittelbar der Krankenhaus- und Heilbehandlungstätigkeit und führe nicht zu zusätzlichen Einnahmen, welche nicht dem Kernbereich der von der Steuerfreiheit erfassten Tätigkeit zuzurechnen sind.


Unerwartet ist, dass sich der BFH gegen den EuGH wendet. Der EuGH hatte angenommen, eine Lieferung von zytostatischen Medikamenten, die von innerhalb eines Krankenhauses selbständig tätigen Ärzten im Rahmen einer ambulanten Krebsbehandlung verschrieben worden sind, sei nicht steuerfrei, es sei denn, diese Lieferung sei in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht von der Hauptleistung der ärztlichen Heilbehandlung untrennbar. Das vom EuGH aufgestellte Erfordernis eines „Kontinuums” sei – so der BFH – bereits deshalb gewahrt, da die Abgabe der Zytostatika unentbehrlich für die Verwirklichung der therapeutischen Zielsetzung gewesen sei. Dies genüge für die vom EuGH „in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht” geforderte Untrennbarkeit. Es liege insoweit nicht nur ein „therapeutisches Kontinuum”, sondern eine therapeutische Erforderlichkeit vor, so dass die Lieferung „im Zeitpunkt einer humanmedizinischen Heilbehandlung strikt notwendig ist”.


So erfreulich dieses Urteil für die Krankenhäuser ist, die bisher ihre Leistungen steuerfrei abgerechnet haben, so viele Probleme wirft es für die Häuser auf, die – teilweise im Anschluss an eine Betriebsprüfung – umsatzsteuerpflichtig abgerechnet hatten. Diese laufen nun Gefahr, die Umsatzsteuer vom Fiskus nicht behalten, sondern an die Kostenträger herausgeben zu müssen. Offen ist dann, ob sie auf der wegfallenden Vorsteuer sitzen bleiben.


Nur nachrichtlich sei erwähnt, dass der BFH mit Urteil vom 31. Juli 2013 bereits entschieden hatte, dass die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke an ambulant behandelte Patienten des Krankenhauses zur unmittelbaren Verabreichung im Krankenhaus dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuzurechnen und damit in der Ertragsteuer ebenfalls steuerfrei ist. Hierzu wird ein BMF-Schreiben erwartet, so dass im Moment noch unklar ist, ob und in welchem Umfang die Finanzverwaltung diese Urteile allgemein anwenden wird.

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